Er hat genug vom Dortmunder Freibad-Chaos Bei Hitze wird es für Anwohner Arthur Janitzek zur Hölle

Chaos am Freibad Hardenberg: Anwohner wehrt sich und rüstet auf
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Seit fünf Jahren wohnt Arthur Janitzek nun im Stiegenweg, direkt hinter dem Freibad Hardenberg, und mittlerweile weiß er genau, wann es knallt. Wichtigster Anhaltspunkt, sagt der 37-Jährige: die Temperatur. Während andere Familienväter zum Wochenende den Wetterbericht checken, um zu entscheiden, ob sich ein Ausflug lohnt, schaut der Deusener bang auf die Vorhersage, um abschätzen zu können: Wird das Wetter so gut, dass wir zu Hause bleiben müssen?

Denn: „Wenn es enorm heiß ist, wir Wochenende haben und auch noch Sommerferien, dann weiß ich, es passiert“, sagt er. Dann breche das bekannte Chaos rund ums Freibad Hardenberg aus. Und das bedeute für ihn: „Ich muss Polizei und Ordnungsamt in einem spielen.“ An heißen Sonntagen verlasse er mit seiner Familie das Zuhause nicht. Denn die Situation einfach so laufen lassen, das könne er nicht. Es sei paradox: „Wenn andere ihren Spaß haben, wird der Tag für uns und die Nachbarn zur Hölle.“

Am Sonntag (25.6.) war wieder so ein Höllen-Tag. Die Temperaturen lagen jenseits der 30 Grad und die seit Jahren bekannten Probleme nahmen ihren gewohnten Lauf, erzählt der Deusener: Um 11 Uhr öffnet das Freibad, zunächst stellen die Besucher ihr Auto auf dem Parkplatz ab; ist der voll, werden erst Badweg, dann der Garben- und Fruchtweg zugeparkt, bis die Auto-Flut schließlich zwischen 13 und 14 Uhr bei Janitzek ankommt, ganz am Ende des Stiegenwegs, der dort zur Sackgasse wird.

Parken darf man dort nur auf der Seite, auf der die Häuser stehen, auf der anderen ist zwischen 8 und 20 Uhr jeden Tag durchgehendes Parkverbot. Entsprechende Schilder sind aufgestellt. Doch das interessiere niemanden, wie Janitzek immer wieder beobachtet: „Einer fängt an, dann folgen sofort weitere und ruckzuck ist der komplette Gehweg zugeparkt.“ Und nicht nur das: Es gibt auch Freibad-Besucher, die mit ihren Wagen die Einfahrten der Anwohner zustellen. Janitzek: „Selbst in der Einfahrt standen schon Autos.“ Oder die Einfahrten würden zu waghalsigen Wendemanövern genutzt.

Zugeparkter Stiegenweg in Deusen am Sonntag (25.6.) Die Autos auf der rechten Seite stehen alle im Halteverbot.
Am Sonntag (25.6.) war es wieder soweit: Die Straßenseite gegenüber von Arthur Janitzeks Haus war komplett zugeparkt. Dabei darf dort nicht gestanden werden. © privat

Deusener wird beschimpft

Der Deusener wird nicht müde, die Falschparker anzusprechen, sagt er. Meistens werde er überhaupt nicht ernst genommen, mitunter auch beschimpft. Aussagen wie „Verpiss dich“, habe er schon gehört. Aber am häufigsten begegne ihm Ignoranz und Desinteresse. Seine Hinweise werden abgetan: Es sei Wochenende, da könne man ruhig dort parken. Und dass das Ordnungsamt am Sonntag eh nicht kontrollieren komme, höre er auch oft.

Am Sonntag nun hatte er wieder eine Auseinandersetzung mit Falschparkern. Es sei ein wenig hin und her gegangen. „Schließlich hieß es: Ich sei selbst schuld an meiner Situation und überhaupt ein Spaßverderber.“

Er hat sicher schon Schlimmeres gehört in diesen fünf Jahren, aber rückblickend war das der berühmte Tropfen, der sein inneres Wut-Fass zum Überlaufen gebracht hat, sagt Janitzek. Noch am Abend hat er eine Beschwerde-Mail verfasst und direkt ans Büro des Oberbürgermeisters Thomas Westphal (SPD) geschickt. Er müsse sich an ihn wenden, schreibt er gleich zu Beginn, da leider „trotz vieler Bemühungen der Stadt Dortmund keine ausreichende Lösung für das allgemeine Problem der anreisenden Badegäste und des damit verbundenen Verkehrschaos geboten“ werde.

Höflich, aber bestimmt erklärt er dem Stadtoberhaupt ausführlich, was alles schiefläuft an diesen heißen Sommertagen, worunter die Anwohner leiden: Neben Auseinandersetzungen und Beschimpfungen müsse man auch stets Angst vor Sachbeschädigungen haben. Selbst mit dem Auto wegfahren, könne man nicht, da man bei der Rückkehr keinen Parkplatz finde. Das Chaos sei zudem so groß und die Autos führen so wild, dass viele Familien sich nicht mehr trauten, ihre Kinder alleine durch die Straßen der eigentlich ruhigen Siedlung laufen zu lassen.

Arthur Janitzek, Anwohner des Stiegenwegs in Deusen, vor einem Halteverbotsschild, das immer wieder missachtet wird.
Sie sollen den Ärger vor der eigenen Haustür wenigstens etwas lindern: Arthur Janitzek wird an seiner Einfahrt vier dieser Absperr-Riegel anbringen, damit dort niemand unerlaubt parkt oder wendet. © Natascha Jaschinski

Kinder dürfen nicht alleine laufen

Im Gespräch mit uns konkretisiert Janitzek, dass das auch für seine Tochter (9) und seinen Sohn (7) gelte. An normalen Tagen dürfe der Sohn allein zu seinem Freund um die Ecke gehen, aber an Hitze-Tagen ginge alles nur mit Elternbegleitung. „Wer weiß, was im schlimmsten Fall passiert?“, fragt der Familienvater.

Auch diese weitreichenderen Folgen des Park-Chaos‘ spricht Janitzek in seiner Mail an: Die Straßen seien derart zugeparkt, dass Rettungsdienst und Feuerwehr mitunter gar nicht bis zu einem Notfall durchkämen. „Ich hoffe, dass man das Ganze ernst nimmt und im Vorfeld etwas dagegen unternimmt, bevor etwas Schlimmes passiert und am Ende ein Anwohner oder gar ein Kind zu Schaden kommt“, schreibt Janitzek.

Es sei ihm besonders wichtig, Herrn Westphal auf mögliche Lebensgefahr hingewiesen zu haben, sagt er. Damit die Dimension der Probleme klar sei und auch, um welche Verantwortung es gehe. Bisher fühlten er und viele weitere Anwohner sich „mit der Situation vonseiten der Stadt Dortmund alleine und im Stich gelassen“, wirft er dem OB vor.

Dabei habe es Vorschläge des Siedlerbundes Deusen und der Lokalpolitiker in Huckarde gegeben, wie das Chaos abzumildern oder zu vermeiden sei. Einlasskontrollen für Autos gehörten dazu, der Bau neuer Parkplätze. Umgesetzt worden ist bisher nichts. Janitzek: „Das Problem ist nicht gelöst, das muss es aber.“

Rettungswagen im Stiegenweg in Deusen.
Als wir Arthur Janitzek besuchen, fährt zufällig zu einem der Nachbarhäuser ein Rettungswagen. Jetzt ist Platz, ist die Straße rechts zugeparkt, könnte es schwierig werden, dort durchzukommen. © Natascha Jaschinski

Polizei und Ordnungsamt hätten bisher auch nicht nachhaltig helfen können: Im vergangenen Jahr habe es einmal einen Großeinsatz und eine riesige Abschlepp-Aktion gegeben. Doch das sei nur in dem Moment wirksam gewesen. „Auf lange Sicht hält das nicht vor“, sagt Janitzek. Er rufe immer die Polizei, wenn es wieder zu chaotisch geparkt werde. Das Problem: Für ruhenden Verkehr sei die Polizei nicht zuständig, wie man ihm erklärt habe. Und beim Ordnungsamt sei am Sonntag niemand im Dienst gewesen, habe es geheißen.

Viele Sieder seien zwar wütend, aber mittlerweile auch ratlos und würden aufgeben, schreibt Janitzek in seinem Brand-Brief. Nicht so er. „Ich stehe auch nicht gerne in der Öffentlichkeit, aber die Situation erfordert es.“

Im Kleinen, für sich und seine Familie, hat der 37-Jährige nun schon begonnen, „sich zu wehren“: Er hat an seinem Haus Schilder angebracht, die deutlich machen, dass in seiner Einfahrt nicht geparkt werden darf. Mit Kameras überwacht er den Bereich vor seiner Tür. Und wenn die Einfahrt, die er gerade neu pflastert, fertig ist, werden dort vier gelbe Absperrbügel angebracht, die Parken und Wenden bei ihm unmöglich machen. Sie liegen schon in seiner Garage. Kosten: 1000 Euro insgesamt.

Arthur Janitzek vor den Parkverbotsschildern, die er an seinem Haus im Stiegenweg in Deusen angebracht hat.
Selbsthilfe-Maßnahme: Arthur Janitzek hat Parkverbotsschilder und Kameras an seinem Haus angebracht. © Natascha Jaschinski

Janitzek hat Lösungsvorschläge

Bei all der Hochrüstung, ist Janitzek wichtig: „Ich will niemandem das Freibad kaputt machen, ich freue mich, dass es dieses Bad gibt.“ Er sei selbst als Kind mit seinem Vater dort baden gegangen. Daher halte er auch nichts von dem Vorschlag der Bezirksvertretung, der mittlerweile durchgefallen ist: ein Besucherlimit fürs Freibad einzuführen.

„Das ist überhaupt nicht wirtschaftlich, das Bad muss seine Einnahmen machen“, weiß der Anwohner. Aber diese Höllen-Tage müssten ein Ende haben. Einige Lösungsvorschläge hat er auch: Bodenwellen, damit nicht gerast werden kann. Pöller dort aufstellen, wo nicht geparkt werden darf. Und den Siedlern die Möglichkeit geben, Falschparker beim Ordnungsamt zu melden. Parken müssten die Freibadbesucher weiter weg und einen längeren Fußweg in Kauf nehmen.

Blick aus der Luft auf das Freibad Hardenberg
Das Freibad Hardenberg liegt idyllisch am Dortmund-Ems-Kanal. Die ruhige Lage am Rande einer reinen Wohnsiedlung sorgt aber im Sommer regelmäßig für großes Park-Chaos. © Kevin Kisker

Janitzek lädt den OB ein, sich vor Ort ein Bild zu machen. Bisher hat der Deusener auf seine Mail hin nur eine Eingangsbestätigung bekommen, verbunden mit dem Hinweis, dass man sich kümmern werde. Das hoffe er, sagt Janitzek. Denn: „Ich kann hier nicht permanent Wache schieben.“

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