Die Schutzgemeinschaft Fluglärm ist gegen den Flughafen in Dortmund

© (A) Schaper

Flughafen Dortmund hat Positiv-Studie selbst bezahlt – Gegner machen mobil

rnDortmund Airport

Kein gutes Haar lassen Flughafen-Gegner und Linke an einer Analyse, die dem Airport große wirtschaftliche Bedeutung attestiert. Die Wissenschaftler wehren sich.

Dortmund

, 10.09.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nachdem dem Aufsichtsrat der Flughafen GmbH am Freitag (4.9.) eine Studie zu den regionalwirtschaftlichen Effekten des Airports vorgestellt wurde, gehen jetzt die Flughafen-Gegner mit der wissenschaftlichen Untersuchung hart ins Gericht.

Während sowohl Flughafen-Geschäftsführer Udo Mager als auch die Industrie- und Handelskammer die dort nachgewiesenen Funktionen des Flughafens als Jobmaschine (6650 Erwerbstätige sollen vom Flughafen Dortmund abhängig sein) und Wertschöpfungsmotor (rund 500 Millionen Euro werden brutto erwirtschaftet) bereits betonten, sehen die Schutzgemeinschaft Fluglärm und auch die Dortmunder Linken diese Ergebnisse sehr kritisch.

„Erst durch Billig-Flugpreise wird Nachfrage geschaffen“

In einer Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Fluglärm zu der Studie, die vom verkehrswissenschaftlichen Institut der Universität Münster bereits im Februar dieses Jahres abgeschlossen, aber erst jetzt präsentiert wurde, heißt es:

„In der Studie wird ausgeführt, dass die durch zum Beispiel Geschäfts- und Urlaubsreisen entstehenden Kaufkraftabflüsse nicht zu Lasten der Wirtschaftsregion Dortmund gegengerechnet werden, weil diese auch ohne das entsprechende Flugangebot in Dortmund entstanden wären. Fakt ist jedoch, dass erst durch die Billig-Flugpreise von WizzAir und Co. eine Nachfrage hervorgerufen wird, die ansonsten gar nicht bestanden hätte.“

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Und dann stellt die Schutzgemeinschaft Fluglärm folgende Rechnung auf:

„Wird statt einer Geschäfts-Flugreise nach München (Flugpreis Eurowings: 99,98 € für Hin- und Rückflug ab Dortmund; ab Düsseldorf: 139,98 €) die Besprechung mittels Videokonferenz durchgeführt, dann entstehen keine Kaufkraftabflüsse. Werden die Kaufkraftabflüsse von 1 Mio. Urlaubsreisenden beispielsweise mit 500 € je Fluggast angesetzt, dann müssten 500 Mio. € von der erzielten Bruttowertschöpfung in Abzug gebracht werden.“

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„Zum Zweiten“ so heißt es weiter, „werden Größen aus der Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre vermischt und völlig abwegige Vergleiche gezogen. Im konkreten Fall wird das betriebswirtschaftliche Defizit den ‚Steuereffekten‘ gegenübergestellt und davon abgesehen ist es nicht die Aufgabe der Dortmunder Stadtwerke, Steuereffekte in der Region zu generieren.“ Die Dortmunder Stadtwerke sind Gesellschafter der Flughafen GmbH.

Flughafen Dortmund GmbH hat „nicht das Ergebnis bestimmt“

Weiter wird kritisiert, dass auch die Folgekosten für die auftretenden und die Umwelt zerstörenden Treibhausgase nicht gegengerechnet worden seien. Ebenso würde die Entwertung der Grundstücke der Anwohner nicht berücksichtigt.

Mario Krüger, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Fluglärm, sieht in der wissenschaftlichen Studie zum Airport Dortmund ein „Auftragsgutachten“ ohne Aussagekraft.

Mario Krüger, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Fluglärm, sieht in der wissenschaftlichen Studie zum Airport Dortmund ein „Auftragsgutachten“ ohne Aussagekraft. © (A) Udo Hennes

Zu guter Letzt verweist Mario Krüger, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Fluglärm, darauf, dass auf der Internetseite des Instituts in Münster der Flughafen Dortmund als Förderer der Studie aufgeführt sei.

Das ist tatsächlich so - und Mario Krüger sagt: „Das heißt, wir haben es hier mit einem klassischen Auftragsgutachten zu tun. Und wer die Kapelle bezahlt, der bestimmt auch die Musik, nach der getanzt werden darf.“

Hat die Flughafen GmbH als Förderer der Studie diese auch bezahlt? „Ja, der Flughafen hat die Studie im Rahmen der Drittmittelforschung komplett bezahlt“, bestätigte Prof. Gernot Sieg, der Leiter des verkehrswissenschaftlichen Instituts in Münster, auf Anfrage der Redaktion. „Das heißt aber nicht, dass die Flughafen GmbH das Ergebnis oder die Methode bestimmt hat“, ergänzte er und verwies auf die hohe Reputation des Instituts.

Utz Kowalewski aus Dortmund

Utz Kowalewski von den Linken äußert Zweifel an der Seriosität der wissenschaftlichen Studie aus Münster. © Klaus Hartmann

Zweifel an der Seriosität des Flughafen-Gutachtens äußert auch Utz Kowalewski, OB-Kandidat der Linken und Sprecher der Ratsfraktion von Linken und Piraten. „Immer dann, wenn man die Defizite bei öffentlichen Wirtschaftsunternehmen nicht mehr rechtfertigen kann, werden die sogenannten regionalwirtschaftlichen Effekte bemüht. Das neue Gutachten des Dortmunder Flughafens macht nichts anderes“, so Utz Kowalewski.

Linke: die externen Kosten werden ausgeblendet

Er hat die Studie Dieter Faulenbach da Costa, einem von ihm geschätzten Flughafenexperten, vorgelegt. Er zitiert dessen Einschätzung so: „Wissenschaftliche Studien, die nur die positiven Effekte eines Flughafens bewerten, haben keine Aussagekraft. Die vorliegende Studie der Uni Münster vernachlässigt vollständig die Kaufkraftabzugseffekte durch abfliegende Touristen am Flughafen Dortmund und negiert vollständig die externen Kosten – Lärm, Gesundheit, Sicherheit – des Flughafens. Den sehr weit gefassten positiven Effekten von 501 Mio. Euro stehen direkte standortbezogene Kaufkraft-Abzugseffekte in Höhe von mindestens 210. Mio. Euro durch Touristen gegenüber.“

Flughafen-Chef Udo Mager sieht hingegen die positiven Effekte des Airports durch die Studie bestätigt. „Es fließt in die öffentlichen Kassen wesentlich mehr Geld zurück als der Flughafen an Ausgleichszahlungen erhält“, sagte er gleich nach der Aufsichtsratssitzung am Freitag (4.9.). Er sagte auch, dass die wissenschaftlichen Belege nun die Flughafen-Kritiker verstummen lassen müssten. Dem ist offenbar nicht so.

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