Kinga Kozar hatte extra den Spiegel eingeklappt. Es ist ja schon recht eng hier auf den Straßen im Klinikviertel – das weiß die 38-Jährige, sie arbeitet ja hier und kommt täglich her.
Doch als Kozar am späten Donnerstagvormittag aus dem Johannes-Hospital zur Humboldtstraße kommt, muss sie feststellen: Der Spiegel ist zwar noch ganz, aber der Kotflügel hängt an der Stoßstange eines großen Feuerwehr-Fahrzeugs.

Feuerwehr hat zwei Probleme
Fast noch überraschender: Ringsherum stehen Kamerateams und Fotografen, zudem viele Mitarbeiter von Feuerwehr, EDG, Ordnungsamt und anderen städtischen Abteilungen. Denn eigentlich wollte man nur medienwirksam zeigen, wie gefährlich es ist, wenn hier Autofahrer falsch parken. Und das natürlich ohne jemanden zu rammen.
Jetzt ist es aber doch passiert – und Kazar zeigt Verständnis. Klar: Wenn die Feuerwehr komme, brauche sie Platz. „Wir haben immer zwei Probleme“, erklärt Sprecher André Lüddecke, „zum einen müssen wir durchkommen. Das ist schwierig, wenn die Leute hier falsch parken oder sich in Kurvenbereiche stellen, wo wir dann nicht rangieren können.“
3,05 Meter vorgeschrieben
Punkt zwei: Wenn man mit der Drehleiter komme, müsse man die auch in Stellung bringen. „Wenn Menschen im vierten Obergeschoss am Fenster stehen und gerettet werden wollen, müssen wir die Leiter ausfahren. Das geht nur mit einer Abstützung. Und wir müssen auch Geräte aus dem Fahrzeug entnehmen.“
3,05 Meter müssen frei sein auf der Straße zwischen den parkenden Autos links und rechts. So steht es in der Straßenverkehrsordnung. Durch diese Lücke kann die Feuerwehr zwar geradeausfahren. Doch allein schon für das Ausfahren der Stützen muss mehr Platz her. Das nächste Problem: Kurven und Kreuzungen.

EDG: Probleme in 450 Straßen
Fünf Meter Platz brauche man dort zum Rangieren, erklärt Michaela Voß von der EDG. Ein großer Müllwagen ist 2,55 Meter breit – ohne Spiegel. „Wir haben 450 Straßen in Dortmund, wo wir regelmäßig Probleme haben, durchzukommen.“ Die Fahrer seien zwar „Spezialisten und Jongleure“, wie sie mit den riesigen Fahrzeugen rangieren könnten, so Voß.
Dennoch setze man auf die Kommunikation mit den Anwohnern: Seit Frühjahr 2022 verteile man Anschreiben, manchmal klingele man auch. Und falls das alles nichts nutze, müssten die Tonnen eben voll bleiben. So ärgerlich das ist – bei einer Feuerwehr, die nicht durchkommt, können die Auswirkungen drastischer sein.

Es geht um Leben und Tod
„Wir retten Leben... wenn Sie uns lassen!“ So steht es auf einem Flyer, den die Feuerwehr verteilt. Mehrmals im Monat habe man Probleme mit parkenden Autos, meistens in den Innenstadt-Quartieren. Seien bei einem Notfall die Wege durch Falschparker versperrt, sei Versuch Nummer eins: umfahren.
Aus verschiedenen Richtungen werden dann Einsatzfahrzeuge zur gemeldeten Adresse gelenkt. Doch allein das koste Zeit. „Und das muss man in aller Deutlichkeit sagen: Zeit, die über Leben und Tod entscheiden kann“, heißt es offiziell dazu von Stadt und Feuerwehr.
Blechschaden oder Todesfall
„Im Zweifelsfall können wir keine Rücksicht nehmen, wenn es um Menschenleben geht“, verdeutlicht Sprecher Lüddecke. Lieber Blechschaden als Todesfall, lieber Beule im Auto als Vollbrand – so sei die Priorität.
Deshalb könne es auch kein Argument sein, dass man nur mal eben kurz zum Brötchenholen das Auto abstelle oder spätabends, wenn bestimmt doch eh keiner mehr komme. Man könne ja nie wissen, wann es wo brenne oder wann wo ein Rettungswagen zu einem Notfall müsse.
„Keiner zu Schaden gekommen“
Klar, ein bisschen ärgerlich sei das mit dem Unfall schon, sagt Kinga Kozar: Aufwand mit der Versicherung, einer Werkstatt, vielleicht einem Gutachter – das alles komme nun auf sie zu, nachdem die Feuerwehr ihren Kotflügel abgeknickt hat. Aber: „Es gibt andere Sachen, über die man sich aufregen könnte. Hier ist immerhin keiner zu Schaden gekommen.“
Dennoch: Hätte schräg gegenüber nicht ein Auto gestanden, das dort gar nicht parken durfte – der Feuerwehrmann hätte weiter ausholen können in der Kurve. Und Kozars Auto nicht beschädigt.
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