In ihrer Kolumne "Dinner for One" schreibt Charlotte Schuster über Themen, die Singles beschäftigen.

© Grafik: Klose

Fernbeziehungen: Ich fragte mich, warum ich ihn nicht vermisse

rnKolumne „Dinner for One“

Eine Fernbeziehung muss nicht zwingend nur aus Vermissen bestehen. Dennoch bringt sie einige Nachteile mit sich. Der nächste Teil unserer Single-Kolumne „Dinner for One“.

Dortmund

, 05.12.2021, 10:05 Uhr / Lesedauer: 3 min

Vor kurzem habe ich einen Typen kennengelernt, nennen wir ihn mal Robin. Erst lief alles ziemlich perfekt: Er hat ebenso, wie ich, Schallplatten gesammelt, liebte jegliche Art von Sushi und hat sich bestens mit meinem Hund Oskar verstanden. Doch wie sollte es anders sein, schon bald tauchte ein großes Problem auf: Irgendwann, so nach etwa fünf Dates, erzählte er mir, er müsse für acht Monate nach Argentinien.

Sein Chef wolle dort ein Pilotprojekt starten, an dem er nicht vorbeikommen würde. „Aber die Sache zwischen uns muss wegen der paar Monate ja nicht enden, oder?", fragte er mich. Ich erinnerte mich an meine beiden letzten Fernbeziehungen zurück und eine laute, eindringliche Stimme in mir schrie: „Beende es!".

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Meine ersten negativen Erfahrungen mit Fernbeziehungen

Ich habe bereits zwei Fernbeziehungen hinter mir - was übrigens nicht daran liegt, dass die Männer schnellstmöglich das Land verlassen wollten, nachdem sie mich kennengelernt haben. Während meiner ersten Fernbeziehung war ich diejenige, die verschwand. Mein Ex und ich waren gerade mal zwei Monate zusammen, als ich für ein Auslandsjahr nach Amerika reiste.

Kurz bevor ich in den Flieger stieg, waren wir uns noch sicher, dass unsere Beziehung trotz der weiten Entfernung halten wird. Spoiler: Wir lagen falsch mit unserer Annahme. Schließlich trennte uns nicht nur der Atlantik, sondern auch zwei ganz unterschiedliche Welten. An seinem Leben hatte sich nichts geändert - er wohnte nach wie vor in seiner Altbauwohnung in Dortmund, arbeitete weiterhin als Zimmermann und hatte die gleichen Menschen um sich wie zuvor.

Mein Leben hingegen hat sich komplett auf den Kopf gestellt. Alles war anders, alles war neu und alles war so viel interessanter als mein altes Leben in Deutschland. Ich habe es so sehr genossen, Zeit mit meinen neuen Freunden zu genießen und mich mehr auf meine Aufgaben zu konzentrieren. Da blieb gar keine Zeit übrig, ihn zu vermissen.

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Auch die zweite Fernbeziehung nahm kein positives Ende

Damals lag ich oft im Bett und fragte mich, wieso ich meinen Freund auf der anderen Seite der Welt nicht vermisse. Ich müsste mich doch eigentlich nach seiner Nähe und seinen Berührungen sehnen - wie er mir über den Rücken streichelte oder wie er mich küsste. Aber es war nicht so.

Allerdings vermisste er die Zärtlichkeiten sehr. So sehr, dass er mich mit einer seiner Arbeitskolleginnen betrogen hat. Viermal, um genau zu sein, wie er mir im Nachhinein gestand. Doch das Merkwürdigste daran war, dass ich nicht wütend war. Ich war auch nicht enttäuscht oder traurig. Es war mir schlichtweg egal.

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Meine zweite Fernbeziehung sah dagegen ganz anders aus. Er hat in Bayern gearbeitet, weshalb wir uns nur jedes Wochenende sehen konnten. Tatsächlich habe ich diesen Beziehungsstil aber als sehr angenehm empfunden, weil ich so noch genügend Zeit für mich hatte und wir unsere gemeinsame Zeit immer sehr intensiv genutzt haben. Wie man sicherlich schon ahnen kann, hat das Ganze trotzdem kein positives Ende genommen.

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Keine Lust auf den Partner? Dann ist eine Fernbeziehung das Richtige

Übrigens habe ich das Verhältnis mit Robin beendet, nachdem er mir von seinem Argentinien-Aufenthalt erzählt hatte. Mir ist bewusst, dass acht Monate nicht die Welt sind. Jedoch weiß ich, wie es ist, wenn man neue Erfahrungen in einem anderen Land sammelt. Und ich weiß leider auch, dass es einen dann relativ kaltlässt, was zu Hause passiert. Den vorhersehbaren Stress wollte ich mir lieber ersparen.

An und für sich glaube ich schon, dass Fernbeziehungen klappen können. Sehr gut können sie sogar funktionieren, wenn man keine Lust darauf hat, allzu viel Zeit mit seinem Partner zu verbringen und in ihn zu investieren. Ein großer Vorteil an einer Fernbeziehung ist auch, dass man das Bett für sich ganz alleine hat und mit niemandem gezwungenermaßen kuscheln muss.

Wer jedoch viel Nähe, viele Zärtlichkeiten und seinen Partner auch mal spontan sehen möchte, sollte besser auf eine Fernbeziehung verzichten.