Stimmengewirr und spielende Kinder - das war schon lange nicht mehr zu hören auf dem Gelände des Dortmunder Seeferienheims auf der Nordsee-Insel Juist. Der Evangelische Kirchenkreis hat den Betrieb Ende 2019 eingestellt und den aus vier Gebäuden bestehenden Komplex verkauft - eigentlich. Denn der Verkauf ist immer noch nicht vollzogen. Die Gebäude liegen dem Kirchenkreis stattdessen seit drei Jahren weiter „auf der Tasche“. Grund ist ein offener Rechtsstreit, dessen Ende noch nicht absehbar ist.
Es war eine schwierige und strittige Entscheidung, die die Synode des Kirchenkreises im Herbst 2018 getroffen hat. Immer weniger Gruppen aus dem Kirchenkreis nutzten das Seeferienheim auf der Ostfriesischen Insel, dessen Anfänge bis in die 1920er-Jahre zurückreichen. Zugleich hatte sich großer Sanierungsbedarf bei den Gebäuden aufgestaut. Und eine Machbarkeitsstudie hatte dem Kirchenkreis wenig Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Betrieb des Ferienheims gemacht.

Auf Vorschlag der Kirchenleitung beschloss die Synode deshalb, das Seeferienheim als traditionsreiches Domizil für Gemeinde- und Familienfreizeiten aufzugeben und das Grundstück zu verkaufen. Sehr zum Unmut eines Initiativkreises, der sich für den Erhalt des beliebten Feriendomizils einsetzte.
Der Protest sorgte immerhin dafür, dass die Synode forderte, beim Verkauf des Seeferienheims kirchliche Träger „bevorzugt zu berücksichtigen“ - in der Erwartung, dass dann preiswerte Ferienangebote etwa für Jugendliche in einem sanierten Heim erhalten bleiben. Genutzt hat das allerdings nichts. Der Kirchenkreis verkaufte das Areal nach Sondierung mehrerer Kaufangebote schließlich doch an einen privaten Investor.
Vorgabe der Landeskirche
Nicht zuletzt auf Druck des Landeskirchenamtes, wie die Superintendentin des Kirchenkreises, Heike Proske, betont. Ein Angebot eines kirchlichen Trägers habe weit unter den übrigen privaten Offerten gelegen. Die Landeskirche trug den Dortmundern allerdings auf, „zu prüfen, ob nicht ein höheres Verwertungsergebnis als die bis dato vorliegenden zu erzielen sei“. Am Ende wurde das Grundstück samt der bestehenden Gebäude des Seeferienheims für 3,2 Millionen Euro an ein Bauunternehmen aus Oldenburg verkauft.
Doch das ärgerte nicht nur den Initiativkreis der Seeferienheim-Fans, sondern auch die Inselgemeinde Juist. Der Rat beschloss, dass die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht ausüben wird, um das Anwesen selbst zu übernehmen und mit einem Betreiber als Ferienheim für Familien weiter zu betreiben.
Widerspruch gegen Vorkaufsrecht
Was wiederum der Investor, der den Kaufvertrag mit dem Kirchenkreis geschlossen hatte, nicht akzeptieren wollte. Er legte Widerspruch gegen das Vorkaufsrecht der Gemeinde an und zog dagegen vor das Verwaltungsgericht.
Das Hauptargument: Die Gemeinde sei vor dem Verkauf vom Kirchenkreis bereits gefragt worden, ob sie das Ferienheim übernehmen wolle. Das sei verneint worden, wie auch Heike Proske bestätigt. Die Anwältin des Investors beklagt zudem, dass die Gemeinde auf Gesprächsangebote nicht eingegangen sei.
Man sehe auch keinen Gesprächsbedarf, entgegnet Juists Bürgermeister Dr. Tjark Goerges. Denn es gebe für die Gemeinde keinen Kompromiss. Es gehe darum, das Objekt als Ganzes als Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien zu erhalten. Erfahrungsgemäß kämen junge Gäste, die positive Ferienerlebnisse gesammelt haben, später gern wieder. „Wir verlieren also eine Gruppe von Gästen, die wichtige Multiplikatoren sind“, hatte Goerges schon 2018 gegenüber unserer Redaktion erklärt.
Dass man auf Anfrage des Kirchenkreises zunächst nicht mitgeboten habe, erklärt Goerges jetzt mit dem Vertrauen darauf, dass das Seeferienheim auch nach dem Verkauf als Angebot für Familien erhalten bleibe. Von dem Verkauf an einen privaten Investor sei die Inselgemeinde dann nicht direkt vom Kirchenkreis informiert worden. „Das hat uns dann gezwungen, diesen Schritt zu gehen und das Vorkaufsrecht auszuüben“, erklärt Goerges.
Ein wichtiger Trumpf für die Gemeinde könnte dabei das Baurecht sein. Denn das weist das Areal als Fläche für den Gemeinbedarf aus. Vor der Entscheidung, das Vorkaufsrecht auszuüben, habe die Inselgemeinde auch den Rat eines Fachmanns eingeholt, der Hoffnung gemacht habe, Träger zu finden, die das Heim in der bisherigen oder ähnlicher Form fortführen wollten, berichtet das Portal „Juistnews“.
„Es gibt auch einen konkreten Interessenten, der das Konzept des Seeferienheims im Sinne der Inselgemeinde fortführen würde“, bestätigt Bürgermeister Goerges. Zum Tragen kommt diese Option aber noch nicht. Denn noch ist unklar, wem das Verwaltungsgericht Oldenburg im Streit um das Vorkaufsrecht recht gibt. Eine Entscheidung könne noch Jahre dauern, heißt es.
So lange ist der Abschied vom Seeferienheim auch für den Evangelischen Kirchenkreis in Dortmund eine Hängepartie. Er ist weiter verantwortlich für die Verkehrssicherungspflicht des Gebäudekomplexes. Welche Kosten dafür anfallen, will Superintendentin Heike Proske mit Blick auf das schwebende Verfahren nicht sagen. Nur soviel: „Das Seeferienheim ist für uns weiter ein Klotz am Bein“, stellt Heike Proske fest.
Aus für das Seeferienheim auf Juist – aber es soll ein Haus der Kirche bleiben