
© Dori Rindle
Fast täglich im Bunker: Dortmunderin erlebt Raketenangriffe auf Israel hautnah
Dortmunderin in Tel Aviv
Dori Rindle ist Dortmunderin und lebt erst seit einigen Wochen in Israel. Sie bekam die ersten Angriffe im aktuellen Konflikt direkt mit. Aufenthalte im Bunker sind seitdem Alltag für sie.
Es war Dienstagabend, der 11. Mai. Ausgelassene Stimmung mit Freunden in einer Strandbar in Tel Aviv. Dann plötzliches Aufheulen von Sirenen. Und alle wissen: Ein Raketenangriff. Urplötzlich, ohne Panik, ruhig und geordnet lässt jeder alles stehen und liegen und geht in den Schutzraum der Bar.
„Als ich die Sirene hörte, war mir sofort klar, was hier geschieht“, erinnert sich Rindle. Der Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen dauerte etwa zehn Minuten an. Danach gingen alle Besucher wieder in die Bar und der Abend ging weiter, als ob nichts passiert wäre. Allerdings wiederholt sich an diesem Abend der Raketenbeschuss noch zweimal – mit jeweils dem gleichen Ablauf. Erst dann einigte man sich, die Bar zu verlassen. Seitdem sind Sorge und Angst ihr stetiger Begleiter.
„Wie Kometen, die mit Feuerschweif ins Meer stürzen“
„Wenn die israelische Luftabwehr erkennt, dass die Raketen ins Meer stürzen, werden sie nicht mehr abgeschossen. Dann sieht es aus, als ob Kometen mit Feuerschweif ins Meer stürzen“, schildert Rindle ihre Beobachtungen. Sie war bereits unzählige Male in Israel und erinnert sich an Raketenangriffe 2014/2015, bei denen innerhalb einer Woche etwa 50 Angriffe erfolgten.
Aktuell seien es unzählige, die meistens abends und in der Nacht stattfinden. „Die letzten Nächte war es immer zwischen ein Uhr und drei Uhr. Am Donnerstag überraschend aber schon um 15 Uhr nachmittags“, erzählt Rindle.

Diesen Bunker sucht Dori Rindle auf, wenn sie die Sirenen hört. © Rindle
Bis Sonntag (16. Mai) sind innerhalb von sechs Tagen mehr als 2.300 Raketen auf Israel abgeschossen worden. Dabei gibt es auf israelischer Seite zehn Tote und über 560 Verwundete. Auf palästinensischer Seite wird sogar von 140 Toten im Gaza-Streifen berichtet.
Die Lage ist angespannt und die Menschen vor Ort versuchen, bestmöglich mit der Situation zurechtzukommen. „Auch, wenn es hier eine gewisse Routine in diesem Konflikt gibt, macht sich jeder hier wahnsinnige Sorgen, ob alles gut geht“, so Rindle.
Im Moment des Angriffs reagiere man nur. Trotz der Angst und der Sorgen um das eigene Leben und vor allem das der Familie gehe es in dem Moment nur um die Sicherheit und das Aufsuchen des Bunkers. „Man schläft ganz anders und ist immer im Jetzt, in Alarmbereitschaft, da es jederzeit passieren kann“, erklärt sie.
Der Bunker wird zum Mittelpunkt des Lebens
Während die neu gebauten Häuser in der Regel über integrierte Schutzräume verfügen, muss man bei den älteren Häusern einen Bunker in der Nähe aufsuchen oder sich im Treppenhaus verschanzen. Für Rindle bedeutet dies bei jedem Raketenangriff, die Fenster zu öffnen, damit sie durch die Druckwellen nicht bersten, und dann den Bunker gleich vor der Haustür aufzusuchen.
Der Bunker, in dem Rindle bereits mehrfach Schutz suchte, ist etwa 50 Quadratmeter groß, schlicht eingerichtet mit Sitzmöglichkeiten, einem Kühlschrank, einem WC und Malvorlagen für die Kinder. „Ich habe einige meiner Nachbarn erstmals im Bunker kennengelernt. Und oftmals verabschiedet man sich dann mit den Worten: Hoffentlich sehen wir uns diese Nacht nicht wieder“.

Ein Kühlschrank, Wasser, Hygieneartikel und Malvorlagen für die Kinder - mehr braucht es an dieser Stelle nicht. © Dori Rindle
Doch man hört auch im Bunker die Raketeneinschläge und spürt die Erschütterungen teils sehr nah. Das alles zermürbe einen mit der Zeit und das Alltagsleben leide unter der ständigen Angst. „Man spart sich gerade unnötige Fahrten und Wege, um sich nicht zu weit vom Bunker zu entfernen. Keiner möchte ungeschützt einen Angriff erleben“, so Rindle. Und sollte es dazu kommen, ist die Anweisung, sich auf den Boden zu werfen und die Ohren zuzuhalten.
Der Alltag verändert sich und die Sorgen sind nicht nur in Israel
Im Moment wohnt Dori Rindle in Herzliya, im nördlichen Agglomerationskreis von Tel Aviv und nur etwa 80 Kilometer entfernt vom Gazastreifen. Ihr tägliches Leben reduziert sie auf das Einkaufen und kurze Spaziergänge mit dem Hund – und sie versucht, von Israel aus ihrer Arbeit nachzukommen.
Seit Februar 2007 bin ich als freier Redakteur mit der Kolumne "quer gehört" für die Bereiche Musik/ Nightlife/ Kultur/ Creativ Industries bei den Ruhr Nachrichten aktiv. Parallel arbeite ich als freier Journalist für verschiedene Magazine, Gastronomie-Führer, als freier Fotograf und als Autor und Werbe-Texter.