Die Preise für Immobilien sind aktuell deutlich niedriger als noch vor eineinhalb Jahren. Das zeigen sowohl eine Analyse des Portals Immowelt, bei der die aktuellen Immobilien-Angebotspreise für Bestandswohnungen in ausgewählten Großstädten mit dem jeweiligen Allzeithoch verglichen wurden, als auch die Empirica Preisdatenbank für Einfamilienhäuser in Dortmund. Letztere hat die LBS genau unter die Lupe genommen.
Eigentumswohnungen sind, so das Immowelt-Ergebnis, seit Mitte des vergangenen Jahres in allen untersuchten Städten erschwinglicher geworden. In der Spitze beträgt der Rückgang 16,9 Prozent. Die Kosten für eine 75-Quadratmeter-Wohnung sind demnach seit dem vergangenen Jahr in manchen Städten um mehrere 10.000 Euro gesunken.
In Dortmund allerdings ist das nicht der Fall. Während Immowelt für Hannover (minus 16,9 Prozent) oder Bremen (minus 11,6 Prozent) deutliche Preisrückgänge feststellt, wird für Dortmund nur ein prozentualer Preisrückgang um 5,7 Prozent ausgewiesen.
Während in inserierten Angeboten für Bestandswohnungen aus den 90er-Jahren am 1. April 2022 mit 2829 Euro der höchste Quadratmeterpreis festgestellt wurde, liegt der aktuelle Quadratmeterpreis bei 2668 Euro. Wer in Dortmund jetzt eine 75-Quadratmeter Bestandswohnung kaufen möchte, findet Angebote, so Immowelt, die um 12.074 Euro unter denen im Frühjahr 2022 liegen. Statt 212.174 Euro werden jetzt im Schnitt 200.100 Euro verlangt.
Minus 15 Prozent bei Häusern
Einen weit größeren Preisrutsch gibt es hingegen bei gebrauchten Einfamilienhäusern in Dortmund. „Die Empirica-Daten zeigen, dass die Angebotspreise im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 um durchschnittlich 15 Prozent zurückgegangen sind. Ein Trend, der sich grundsätzlich auch im Umland zeigt“, sagen die Dortmunder LBS-Gebietsleiter Klaus Krahnhof und Benjamin Hoffmann.
Wie sie feststellen, wurde ein gebrauchtes Einfamilienhaus in Dortmund im ersten Halbjahr 2023 für 500.000 Euro angeboten (minus 15 Prozent). Für Reihenhäuser und Doppelhaushälften werden in Dortmund 366.500 Euro verlangt (minus 14 Prozent). Der Quadratmeterpreis, so die LBS-Experten, liege im Schnitt bei 2.442 Euro (minus 5 Prozent).
Klaus Krahnhof und Benjamin Hoffmann erklären den Rückgang der Preise mit dem starken Zinsanstieg Anfang vergangenen Jahres, der Inflation sowie der Verunsicherung der Kaufinteressenten über die künftige Energieversorgung: „Das Alter der Immobilie und der damit verbundenen Modernisierungsbedarf spielen eine immer größere Rolle.“
Verkäufer zeigen Verständnis
„Natürlich sinken die Kaufpreise, weil die Zinsen steigen“, sagt auch Immobilienmakler Marvin Mikosch von Union Immobilien in Dortmund-Brechten. „Vor zwei Jahren“, führt er aus, „zahlte man für eine Darlehenssumme in Höhe von 350.000 Euro noch ein Prozent Zinsen plus zwei Prozent Tilgung. Dies entsprach einer Zins- und Tilgungsmonatsrate in Höhe von ca. 875 Euro. Heute werden ca. 4,5 Prozent Zinsen verlangt. Die Zins- und Tilgungsrate hat sich mehr als verdoppelt. Auch die Kosten für Sanierungsmaßnahmen haben sich teilweise verdoppelt. Dies bedeutet, dass ein Käufer diese Differenz vom Kaufpreis abziehen muss. Verkäufer haben dafür Verständnis.“
Maklerin Wiebke Dumitroff vom Büro Engel & Völkers in Dortmund stellt fest: „Bei älteren Bestandsimmobilien sind die Kaufinteressenten zurückhaltend, da die Kosten schwer kalkulierbar sind. Zudem steigen aktuell die Zinsen wieder an. Dies findet auch in Kaufangeboten Berücksichtigung. Durchschnittlich würde ich den Preisrückgang auf 5 bis 8 Prozent beziffern.“
Die Lage der Immobilie sowie die Ausstattung spielten allerdings eine Rolle. „In guten Lagen“, so Wiebke Dumitroff, „lassen sich noch immer sehr gute Preise durchsetzen, ebenso wie bei Immobilien, die bereits saniert sind. Aber insgesamt sind die Preise im Vergleich zu Anfang 2022 rückläufig.“

Für Prof. Raphael Spieker von Spieker Immobilien in der Innenstadt ist jetzt der Zeitpunkt für Immobilienkäufer gekommen - obwohl den gesunkenen Immobilienpreisen die gestiegenen Zinsen gegenüberstehen, die eine deutlich höhere monatliche Belastung bedeuten als in der Niedrigzinsphase.
„Ein Einfamilienhaus kauft man aber, wenn das Vermögen passt und nicht abhängig vom Zinsniveau. Wer interessiert ist und Eigenkapital hat, sollte jetzt gucken, denn die Nachfrage könnte bald wieder steigen. Wir merken, dass das Abwarten langsam aufhört. Und jetzt kann man mit dem Verkäufer gut über den Preis verhandeln, weil man meist der einzige Interessent ist“, sagt Raphael Spieker.
„Ein guter Zeitpunkt“
Auch für Wiebke Dumitroff ist es derzeit „schon ein guter Zeitpunkt eine Immobilie zu erwerben, sofern man über einen hohen Eigenkapitalstock verfügt.“ Ansonsten seien aufgrund der gestiegenen Zinsen die monatlichen Belastungen für viele Interessierte nur schwer tragbar. „Zudem“, sagt sie, „gibt es aktuell ein recht großes Angebot im Gegensatz zu 2022. Sodass Interessenten hier vergleichen können.“
Marvin Mikosch sieht ebenfalls jetzt einen optimalen Zeitpunkt für einen Immobilienerwerb. „Ein entschlossener und bonitätsstarker Kaufinteressent ist in Zeiten von gestiegenen Zinsen für einen Verkäufer deutlich wichtiger als noch vor zwei Jahren“, sagt er und begründet das so: „Verkäufer lassen sich nicht mehr von unrealistischen Angeboten blenden, sondern legen Wert auf Sicherheit und einen baldigen Verkauf. Die Zeit der Immobilienkäufer ist nun endgültig gekommen, da Verkäufer Verständnis für die Wende am Immobilienmarkt haben.“
Da zunehmend Eigenheime der 70er- und 80er-Jahre auf den Markt kommen würden, müssten Interessenten immer häufiger die energetische Modernisierung mit einplanen, sagen die LBS-Immobilienexperten Klaus Krahnhof und Benjamin Hoffmann: „Nach den derzeit geplanten EU-Sanierungsvorschriften besteht für viele ältere Gebäude bereits im Laufe der nächsten zehn Jahre Handlungsbedarf“. Das verschaffe eben andererseits Käufern mehr Spielraum bei den Kaufverhandlungen.
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