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Fäkalien fluten Keller, weil ein Kanal verstopft ist: Wer trägt jetzt die Verantwortung?
Abwasser im Keller
Mehrere Keller sind mit Fäkalien vollgelaufen. Auslöser war ein verstopfter Kanal. Der Notdienst der Stadt hat schnell reagiert und den Anwohnern geholfen. Nur: Wer ist jetzt verantwortlich?
Auf einmal stank es zum Himmel. Als Marlies Siemon am Sonntag (18. August) den Keller ihres Mehrfamilienhauses an der Glückaufsegenstraße in Hacheney betrat, lief die Brühe schon herein. Ein Kanal der Stadt Dortmund war verstopft, nun sorgte er vermutlich dafür, dass sich das Abwasser seinen Weg eben woanders suchte.
Unter anderem in Marlies Siemons Keller. „Es kam aus der Wand wie aus einem Springbrunnen. Es hat erbärmlich gestunken“, sagt sie. 45 Zentimeter hoch stand die Mischung aus Wasser, Schmutz, Fäkalien, Klopapier und allem, was sonst noch durch die Kanäle fließt, im Keller. „Das war abartig.“ Ein Nachbar im Haus hatte ihr gesagt, dass der Keller vollaufe. Regen konnte es nicht sein. „Während wir unten standen, fing es richtig an zu sprudeln“, sagt sie.
Beim Nachbarn kam das Abwasser aus der Toilette hoch
Marlies Siemon benachrichtigte ihre Klempnerin, die wiederum dafür sorgte, dass der Notdienst der Stadtentwässerung sich auf den Weg machte. Nach nicht einmal 30 Minuten war der Trupp da und hat geholfen, wo er nur konnte. Sie lobt die Mitarbeiter ausdrücklich: „Die Herren haben den dicken Matsch direkt rausgeholt und die Wände abgespritzt.“ Noch am Montag waren sie vor Ort.
Der Stadt Dortmund war bis Donnerstag (22. August) nur dieser eine Fall eines überschwemmten Kellers bekannt, wie Daniel Reckel aus dem Team Grundstücksentwässerung bei der Stadtentwässerung auf Anfrage mitteilt: „Zu der Anzahl der tatsächlich betroffenen Häuser kann aktuell keine abschließende Aussage getroffen werden, da sich beim Kanalbetrieb lediglich eine Grundstückseigentümerin gemeldet hat.“

45 Zentimeter hoch stand das Abwasser im Keller von Marlies Siemon. © privat
Marlies Siemon und eine nicht-betroffene Anwohnerin der Glückaufsegenstraße berichten davon, dass mindestens fünf, sechs Keller in der Glückaufsegenstraße auf ähnliche Weise vollgelaufen seien. Die von Siemon gerufene Klempnerin habe so etwas noch nie erlebt, sagt sie. Bei Nachbarn sei das Abwasser zudem aus der Toilette im Keller gesprudelt.
Im Normalfall kann die Stadt nicht haftbar gemacht werden
Wie geht es nun weiter? Muss die Stadt Dortmund für die entstandenen Schäden aufkommen, weil schließlich ihr Kanal verstopft war? Bei einem solchen Rückstau handele es sich um kein außergewöhnliches Ereignis, unabhängig davon, ob dieser durch eine Verstopfung im städtischen Kanal oder ein Starkregenereignis bedingt ist, erklärt Daniel Reckel auf Anfrage. „Die öffentlichen und die privaten Abwasserleitungen stellen ein Gesamtsystem dar, bei dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass zeitweise auch ein Einstau der privaten Anschlussleitungen erfolgt.“
Die „Satzung über die Entwässerung der Grundstücke in der Stadt Dortmund“ aus dem Juli 2017 soll für solche Fälle Klarheit schaffen. Dort steht in §13, Absatz 3, dass sich die Grundstückseigentümer durch den Einbau funktionstüchtiger Rückstausicherungen gegen Rückstau von Abwasser aus dem öffentlichen Abwasserkanal schützen müssen.
Durch Urteile des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte sei laut Daniel Reckel geregelt, dass die Stadt nicht haftbar gemacht werden könne, „wenn Schäden durch eine Kellerüberflutung wegen eines Rückstaus eintreten und entgegen der Vorgaben in der Entwässerungssatzung eine Rückstausicherung fehlte“.
Die Rücklaufklappe wird regelmäßig gereinigt
Eine solche Sicherung hat Marlies Siemon seit Jahren, regelmäßig reinigt sie die Abläufe und Klappen. „Ich habe auch gedacht, dass ich sicher bin“, sagt sie. Dass es nun Entschädigung von der Stadt gibt, glaubt sie nicht: „Ich habe keine Hoffnungen, dass da was passiert.“

Getrockneter Schlamm, der bald entsorgt wird. © Nickel
Grundsätzlich sei es natürlich legitim einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, so Daniel Reckel. „Die langjährige Erfahrung der Stadtentwässerung hat jedoch gezeigt, dass in der Regel keine regelmäßig gewarteten Rückstausicherungen vorhanden sind und den Regressansprüchen daher nicht nachgekommen werden kann.“
Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes haben wir die Zitate vom Vertreter der Stadt Dortmund Stadtsprecher Christian Schön zugeschrieben. Diesen Fehler haben wir am 26. August korrigiert.