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Fußball-Stars der Euro2024 könnten im Dortmunder Westen trainieren
Sportpark
Matsch und Maulwurfhügel: Das Spielfeld ist alt und wenig Liga-tauglich. Das Stadion soll einen neuen Naturrasen erhalten. Keinen Kunstrasen. Grund ist die Fußball-Europameisterschaft.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Es ist Sommer 2024. Durch den Park im Dortmunder Westen rollt ein blitzender Mannschaftsbus in italienischen Farben. Oder in französischer, belgischer, spanischer Couleur – egal. Spieler, Trainer und Betreuer steigen aus.
Die Kids des Stadtbezirks drücken ihre Nasen an hohen Sichtschutzzäunen platt. War das da gerade Jorginho? Auf dem satten Grün des weiten Runds verteilen die Coaches orangene Plastikhütchen, pflocken Metallfiguren in den Rasen. Ein Vormittag während der Euro2024. Dortmund ist Spielort und das Mengeder Volksbankstadion Trainingsplatz für Europas Elitekicker.
Politik ändert Beschluss
Undenkbar? Absolut nicht. Wahrscheinlich? Wenig. Auf jeden Fall nicht aus der Luft gegriffen. Vor einem Jahr beschloss die Bezirksvertretung (BV) die Sanierung des Volksbank-Stadions. Es sollte eine Kunstrasenfläche für die Kicker bekommen und eine moderne Laufbahn aus Kunststoff für die Leichtathleten. Außerdem eine Flutlichtanlage.

Das Volksbank-Stadion liegt idyllisch im Wald. Mit der Erneuerung des Naturrasens soll ebenfalls die Asche der Laufbahn durch Kunststoff ersetzt werden. Denn auch die Leichtathleten des TV Mengede und Schulen nutzen das Stadion. © Uwe von Schirp
Im September 2021 dann der Änderungsantrag: Statt Kunstrasen soll es doch lieber Naturrasen geben. Warum? Genau: der Europameisterschaft wegen.
Denn Dortmund muss dafür nach den Regeln der UEFA Naturrasenplätze vorhalten. Und davon gibt es nicht mehr viele. „Acht, die Rote Erde eingeschlossen“, sagt Dirk Reil, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter bei den städtischen Sport- und Freizeitbetrieben.
Matsch und Maulwurfhügel
Michael Schulz ist Vorsitzender von Mengede 08/20. Das Stadion im Volksgarten ist die Heimat des Bezirksligisten. „Es ist sehr sinnvoll, dort wieder Naturrasen anzulegen“, sagt er. Nicht nur wegen der Euro. Naturrasen sei nicht so hart und im Sommer weniger heiß.

Seit 30 Jahren bereitet der Stadionrasen Probleme, sagen 08/20-Vorsitzender Michael Schulz (l.) und der 2. Geschäftsführer Josef Toth. Sie sehnen die Sanierung herbei. © Uwe von Schirp
Aber: „Der Platz muss grundlegend überholt werden.“ Das sagt der Chef von 08/20 schon länger. Denn in der dunklen Jahreszeit ist das Naturrasen-Spielfeld im Stadion nicht nutzbar.
Kein Flutlicht, kein Training am Abend. Vor allem aber Matsch und Maulwurfhügel. „Acht habe ich allein Sonntagmorgen (24.10.) weg gemacht“, erklärt Schulz. Nachmittags spielte die Erste gegen VfL Kemmninghausen (3:1) – „hochgradig matschig“. Unwürdig für Gäste und Gastgeber.
Es war das letzte Spiel im weiten Rund des Volksbank-Stadions bis zum Frühjahr. Im Training und an den Spieltagen teilt sich die erste Mannschaft nun wieder den benachbarten Kunstrasenplatz mit der Zweiten und den Jugendmannschaften. „91 Jahre alt ist das Spielfeld“, sagt Schulz. „Und der Zustand ist seit 30 Jahren so. Der Rasen ist total unterhöhlt von Maulwürfen.“
Flutlicht politisch umstritten
Dirk Reil bestätigt das: „Das Stadion hat keine Drainage. Es muss einen ganz neuen Aufbau bekommen.“ Die Laufbahn mache Sinn. „Wir haben Einen Leichtathletik-Verein und Schulen.“

Das Kabinen-Gebäude (r.) ist ebenfalls in die Jahre gekommen. Die Sanierung soll aber zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, erklären die stäadtischen Sport- und Freizeitbetriebe. © Uwe von Schirp
Politisch umstritten ist die Flutlichtanlage. Das Volksbank-Stadion liegt im bewaldeten Teil des Volksgartens. Hier gelten andere Umweltschutz-Regeln als am benachbarten Kunstrasenplatz. Der hat Flutlicht, liegt aber außerhalb des Waldes. Womöglich gebe es für das Stadion Einschränkungen während der Brutzeit der Vögel.
Derzeit ermittele das Grünflächenamt die Gesamtkosten. Darauf aufbauend erstellen die Sport- und Freizeitbetriebe eine Beschlussvorlage für die politischen Gremien: Bezirksvertretung, Ausschüsse und Rat. Anfang 2022 soll die Entscheidung fallen. Ausschreibungen folgen. Reil rechnet mit einem Baubeginn in der zweiten Jahreshälfte.
Euro erfordert Funktionsräume
Aus den Planungen ausgeklammert ist zunächst ein Neubau der Umkleidekabinen. Der BV-Antrag fordert ihn ebenfalls. „Das Kabinengebäude muss auch überholt werden“, sagt Michael Schulz. Im Grundatz bestätigt das Dirk Reil. Aber: „Wir gucken, wie wir perspektivisch vorankommen.“ Heißt: erst das Spielfeld.
Die kompletten Anforderungen für eine Euro-Trainingsanlage kann die Bezirkssportanlage ohnehin nicht erfüllen. „Dafür braucht es Funktionsräume und Räume für die Dopingproben“, erklärt der städtische Sportmanager. Allein: „Die Anlage muss ausgestattet werden können“, sagt er.

Zuschauer kommen durch das Marathontor vom Volksgarten ins Stadion. Sollten hier 2024 tatsächlich Nationalmannschaften trainieren, wäre der Bereich wohl weiträumig abgesperrt und mit Sichtschutz versehen. © Uwe von Schirp
Reil bleibt realistisch: „Wahrscheinlich gehen die Mannschaften nach Kaiserau.“ In dem Kamener Stadtteil liegt die bekannte Sportschule, die schon bei anderen Turnieren Trainingsstätte war. Sie verfügt auch über die notwendige Infrastruktur.
Dennoch: Kopfkino ist erlaubt – mit Mannschaftsbussen und Weltstars im Mengeder Volksgarten. Das Hotel-Restaurant wäre bestimmt eine begehrte Adresse bei den Fans aus Italien, Frankreich oder Spanien.
Michael Schulz hat gewiss andere Prioritäten: 2022 den Aufstieg des aktuellen Bezirksliga-Tabellenführers in die Landesliga, 2023 dann den Klassenerhalt und Spiele im sanierten Volksbank-Stadion.
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
