
Wer ab nächstes Jahr ein Tier aus dem Dortmunder Tierheim übernimmt, muss wegen der fällig werdenden Umsatzsteuer mit Mehrkosten rechnen. © Dieter Menne Dortmund (A)
EU-Gesetz: Neue Mehrwertsteuer macht auch Tiere aus dem Tierheim teurer
Umsatzsteuer für Kommunen
Ob Gebühren fürs Tierheim, die Volkshochschule oder das Parken – in der Dortmunder Stadtverwaltung werden zurzeit in allen Ämtern die Einnahmearten überprüft – mit Folgen für das Bürger-Portemonnaie.
In der Dortmunder Stadtverwaltung wird zurzeit darüber gebrütet, was den Bürgern bei städtischen Leistungen und Angeboten künftig zusätzlich in Rechnung gestellt werden muss; denn für manche Verwaltungsleistungen muss die Stadt zum Jahresbeginn 2023 19 Prozent Mehrwertsteuer erheben, auch als Umsatzsteuer bekannt.
Hintergrund ist eine gesetzliche Neuregelung bei der Umsatzsteuer, mit der die Europäische Union gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft sicherstellen will. Zum Jahresende läuft dazu eine Übergangsfrist aus. Ab dann müssen Kommunen auf Leistungen und Angebote, die auch private Unternehmen erbringen oder erbringen könnten, Mehrwertsteuer abführen.
Grundsätzlich seien alle Fachbereiche der Stadt Dortmund betroffen, die marktrelevante, privatrechtliche Leistungen erbringen, sagt Stadtsprecher Frank Bußmann auf Anfrage.
Hoheitliche Tätigkeiten sind ausgenommen
Von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind nur Leistungen, bei denen die Stadt hoheitlich tätig wird und diese hoheitliche Tätigkeit auch nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen kann. Dazu zählen zum Beispiel die Straßenreinigung durch die EDG und der Winterdienst. Das Gleiche gilt für die Gebühren der Recyclinghöfe.
Doch was bedeutet die Umsatzsteuerpflicht für die Parkgebühren und die Eintrittsgelder etwa ins Hallenbad? Werden sie automatisch um 19 Prozent teurer?
„Bei der Bewirtschaftung von Parkflächen außerhalb der Straße muss ab dem 1. Januar 2023 die Umsatzsteuerpflicht beachtet werden“, erläutert der Stadtsprecher. Doch die städtischen Parkflächen werden von der Flughafen-Tochter DOPark GmbH bewirtschaftet. In diesem Fall ergebe sich keine Änderung, so Bußmann, da für die DOPark schon heute eine Umsatzsteuerpflicht bestehe.
Hallenbäder bereits heute Betriebe gewerblicher Art
Auch die Bewirtschaftung von Parkflächen auf öffentlich gewidmeten Straßen, etwa an Parkuhren und mit Automaten, unterliege weiterhin nicht der Umsatzsteuer.
Ebenso sei der Eintritt ins Hallenbad bereits heute im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art umsatzsteuerpflichtig, teilte Bußmann mit; denn auch die städtischen Hallenbäder West, Nord und Süd laufen unter der Regie des Eigenbetriebs Sport- und Freizeitbetriebe.

Die Stadtverwaltung prüft zurzeit in allen Ämtern die Einnahmearten auf künftige Umsatzsteuerpflicht. © dpa
Teurer dürfte es künftig für Tierfreunde werden, wenn sie ein Tier übernehmen, das das Tierheim aus einer Beschlagnahmung gegen Entgelt weitergibt. Bußmann: „Der Verkauf von Haustieren durch das Tierheim fällt unter die steuerrechtliche Neuregelung. Daher sind die Umsätze aus dem Verkauf ab 2023 der Umsatzsteuer zu unterwerfen.“
Mehrwertsteuer auf geplante Familienkarte wird geprüft
Bei der Feuerwehr ist die Sache nicht ganz so eindeutig. Umsätze der Feuerwehr unterlägen bereits jetzt vereinzelt der Umsatzsteuer, solange es sich nicht um eine hoheitliche Vorbehaltsaufgabe handele, sagt der Stadtsprecher. Sollte die Feuerwehr auf überörtlicher Ebene tätig werden, komme es darauf an, ob es sich um Hilfeleistungen im Rahmen der Gefahrenabwehr handelt oder nicht. „Gefahrenabwehr stellt dann eine hoheitliche, nicht steuerbare Leistung dar, während die Feuerwehr bei sonstigen Hilfeleistungen gegen Entgelt als Unternehmer auftritt.“
Die von den Grünen und der CDU im Rat angestrebte Familienkarte als Ersatz für den Dortmund-Pass könnte unter die Umsatzsteuerpflicht fallen. Laut Bußmann werden die steuerlichen Auswirkungen in dieser Frage im Rahmen einer Ratsvorlage geprüft.
Unklarheiten bei Volkshochschulkursen
Auch einige Volkshochschulkurse könnten mehrwertsteuerpflichtig werden. Noch ist die Auslegung der Wettbewerbsklausel hier nicht abschließend geklärt. Der nordrhein-westfälische Landtag hat sich auf Antrag von Schwarz-Grün für eine Befreiung von der Umsatzsteuer ausgesprochen. „Insbesondere bei Angeboten wie Kursen der Grundbildung, Sprach- und Integrationskursen oder beruflicher Qualifizierung und Weiterbildung darf der Geldbeutel nicht über eine Teilnahme entscheiden“, heißt es in dem Beschluss aus Düsseldorf.
Der Landtag appellierte an die Bundesregierung, für eine Lösung zu sorgen, „welche auch zukünftig die Angebote der gemeinwohlorientierten Weiterbildungsträger – und damit auch der Volkshochschulen – umfänglich von der Umsatzsteuer freistellt“.
Die Höhe der steuerlichen Auswirkungen für die Stadt Dortmund durch die Neuregelung der Umsatzsteuer insgesamt lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beziffern, teilte Bußmann mit.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
