Es waren zuletzt sehr anstrengende Tage für das Team des Dortmunder Reiseveranstalters „Viator Reisen – Dr. Heinrich Hegener“. Am Mittwochmittag (11.10.) sitzt Geschäftsführer Michael Kramps in seinem Büro in der Innenstadt. Der 64-Jährige ist erleichtert. Vier Tage nach Beginn des Terrorangriffs der Hamas auf Israel ist es dem Team endlich gelungen, zwei Gruppen, die mit Viator in Israel unterwegs waren, außer Landes zu bringen. „Es war nervenaufreibend“, sagt Michael Kramps.
Viator ist spezialisiert auf kirchliche Gruppenreisen zu Wallfahrtsorten und Pilgerstätten - unter anderem nach Israel. Eine Gruppe mit 33 Personen aus dem Pastoralverbund Salzkotten habe sich am Samstag (7.10.), als der Angriff begann, in Jerusalem aufgehalten. Sie sei in einem deutschen Gästehaus untergebracht gewesen, sagt Viator-Geschäftsführer Michael Kramps.
Eine zweite Gruppe - 21 Personen, hauptsächlich Religionslehrerinnen und Religionslehrer - sei in der israelischen Wüste in der Nähe des toten Meers gewesen.
Krisenstab eingerichtet
„Wir wussten, dass beide Gruppen sicher waren“, sagt Michael Kramps. Immerhin seien sie nicht dort gewesen, wo es die größten Angriffe gegeben hat. Diese Information habe Viator von seinen israelischen Partner-Agenturen bekommen, die beispielsweise auch die Reise-Guides stellen. Zu diesen und den Gruppenleitern habe man permanent Kontakt gehalten.
Viator hatte eine Art dreiköpfigen Krisenstab eingerichtet - mit Michael Kramps und den beiden Mitarbeiterinnen Birgit Kelch und Claudia Risse-Reinert. Der Krisenstab beschäftigte sich mit der Frage: „Wie bekommen wir die Leute schnell und sicher heraus?“
Die Gruppe aus Salzkotten hätte planmäßig schon am Montag (9.10.) zurückfliegen sollen, die Pädagogen am Mittwoch (11.10.). „Aber die Lufthansa hat alle regulären Flüge gestrichen“, erläutert Michael Kramps die Problematik.
Mit den örtlichen Partnern habe man nach einer Lösung gesucht. Und die sah so aus: Die Gruppe, die in der Nähe des toten Meers unterwegs war, musste ihr Kibbuz verlassen, weil dieses geschlossen wurde. Im Reisebus ging es für sie am Montag nach Jerusalem in ein sicheres Hotel.

Am Dienstagmorgen (10.10.) fuhren beide Gruppen zum Grenzübergang zu Jordanien. Dort habe es stundenlange Kontrollen gegeben, erzählt Michael Kramps. Tages-Visa für die Einreise nach Jordanien mussten organisiert werden.
Am späten Dienstagnachmittag kam die erleichternde Nachricht der Fluggesellschaft Emirates: Die Reisegruppen waren auf Flüge von Jordanien über Dubai nach Frankfurt beziehungsweise Düsseldorf gebucht. Die Maschinen starteten in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch.
Linienflüge wurden abgesagt
Die Situation sei „belastend“ gewesen, sagt Kramps. „Zunehmend besorgte Gruppen“ hätten eine schnelle Lösung erwartet. Wobei die Stimmung bei der Gruppe, die sich bei Beginn des Angriffs schon in Jerusalem befand, besser gewesen sei als bei den Pädagogen. Bei den zuletzt Genannten sei der „Druck stärker spürbar“ gewesen. Kramps betont, dass stets direkter Kontakt zu den Gruppen bestanden habe. „Wir wussten immer, wo sich die Reisenden aufhalten.“
Der Viator-Geschäftsführer betont, dass sich weiterhin viele Menschen aus Deutschland in Israel aufhalten. Der Flughafen in Tel Aviv sei nie geschlossen gewesen. Er fragt sich: „Warum braucht die Lufthansa so lange, um die Menschen außer Landes zu bringen?“ Die Fluggesellschaft hatte Linienflüge abgesagt. Inzwischen wurde bekannt, dass die Lufthansa auf Bitte des Auswärtigen Amts Sonderflüge für deutsche Staatsbürger ab Donnerstag plant. Kramps betont, dass Nachbarländer Deutschlands schneller gehandelt hätten.
Den Reiseveranstalter Viator gibt es mittlerweile seit 70 Jahren. Seit den 1960er-Jahren organisiere man Israel-Reisen, sagt Michael Kramps, der seit 40 Jahren im Unternehmen tätig ist. Er sagt, dass es bislang noch keine Situation gegeben habe, in denen Viator Reisegruppen aus Israel habe evakuieren müssen.
Kurzfristige Absagen von Gruppenreisen wegen Sicherheitsbedenken habe es immer mal wieder gegeben. Auch jetzt werde man Reisen absagen müssen. Eine Gruppe habe am Montag (16.10.) starten sollen.
Wer übernimmt die Kosten?
Aber wie wird nun mit den Gruppen verfahren, die außer Landes gebracht wurden? Wer übernimmt die Mehrkosten bei der Rückreise? Und erstattet Viator nicht erbrachte Leistungen?
Während die eine Gruppe, die erst am Mittwoch zurückreisen sollte, Anspruch auf Kostenerstattung für eine ausgefallene Hotelübernachtung habe, sei die andere Gruppe ja ohnehin einen Tag länger geblieben als vorgesehen, erklärt Kramps.
Er hofft darauf, dass Viator Kosten für die gebuchten Linienflüge erstattet bekomme, die nun nicht stattgefunden haben. Damit könne man eventuell die jetzt bei der Rückreise entstandenen Mehrkosten auffangen. Grundsätzlich sei Viator gesetzlich in der Pflicht, diese zu übernehmen.
Kramps sagt, dass jede Reise, die wegen der Situation in Israel nun ausfallen müsse, ein wirtschaftlicher Verlust sei. Doch der Reiseveranstalter sei „breit aufgestellt“. Man habe zahlreiche Wallfahrts- und Pilgerorte in anderen Ländern im Programm. Zumal die Saison für Israel-Reisen im November ende und erst wieder im März beginne.
Die beiden Gruppen, die mit Viator in Israel unterwegs waren, sind am frühen Mittwochnachmittag sicher in Deutschland gelandet.
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