Das Eigenheim der Dortmunder Christina und Manfred Buxel liegt ruhig und idyllisch am Ende einer Sackgasse. Wiesen, Felder, Wald und ein Bachlauf sind nur einen Steinwurf von der Siedlung in Kley entfernt. Doch ganz ohne Ärger kann das Ehepaar diese bevorzugte Wohnlage nicht genießen.
Denn es liegt schon seit über einem Jahr im Clinch mit der Stadt Dortmund beziehungsweise der Stadttochter EDG (Entsorgung Dortmund GmbH). Auslöser dafür war der städtische Grundsteuer- und Gebührenbescheid, den die Buxels am 2. Mai 2022 erhielten. Darin erfuhren sie, dass sie zukünftig mehr Geld an die EDG bezahlen sollen.
Konkret geht es in dem Bescheid um den Zuschlag für den Transport ihrer Restmülltonne. Für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Dezember 2022 sollte das Ehepaar, wohnhaft im Wembersweg, weitere Abfallentsorgungsgebühren in Höhe von 42,31 Euro zahlen.
Die Gebührenerhöhung traf die Buxels unvermittelt. „Sie wurde uns im Vorfeld nicht angekündigt“, sagt der selbstständige Elektriker am 24. Juli 2023 im Gespräch mit dieser Redaktion. Erst ein Telefonat mit dem Steueramt hätte Klarheit gebracht.
EDG: Straße nicht breit genug
Den Zuschlag fordere die EDG auf Grundlage der „Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung“ (DGUV), weiß Manfred Buxel mittlerweile. Demnach dürften die EDG-Fahrzeuge die Sackgasse, in der das Ehepaar wohnt, nicht mehr rückwärts anfahren, weil die dafür notwendige Fahrbahnbreite von 3,55 Meter aufgrund parkender Autos nicht dauerhaft zur Verfügung steht.
Die Folge: Die Tonnen müssten von den EDG-Mitarbeitern zu einer Sammelstelle gebracht werden, während das Fahrzeug an der Gabelung am Anfang der Sackgasse stehen bleibt.

Wegen der fehlenden Erläuterung der EDG im Vorfeld reichte das Ehepaar am 10. Mai 2022 Widerspruch gegen den Bescheid und die zusätzlichen Gebühren ein. Gleichzeitig formulierte es den Wunsch, die Tonnen zukünftig selbst an eine von der EDG noch zu benennende Sammelstelle am Anfang der Sackgasse zu bringen.
Den erhofften Erfolg hatte der Widerspruch nicht. Die EDG wies ihn vielmehr als unbegründet zurück. Klein beigeben kam für das Kleyer Ehepaar aber nicht in Frage. Also reichte es am 18. August 2022 Klage gegen die Stadt Dortmund, als Gesellschafterin der EDG, ein. Der Vorwurf wiegt schwer: „Die EDG kassiert für eine Leistung, die sie nicht erbringt“, sagt der selbstständige Elektriker.
Rückwärtsfahrt der EDG-Autos
Denn nachdem der Grundsteuer- und Gebührenbescheid bei ihnen eingetroffen war, seien die EDG-Fahrzeuge auch weiterhin rückwärts in den Straßenabschnitt gefahren. Die Mitarbeiter hätten also keinen Mehraufwand geleistet.
Im Zuge des damit eröffneten Verwaltungsstreitverfahrens erzielte das Paar nach Monaten einen Teilerfolg: Im Oktober 2022 wurden ihm die zusätzlichen Abfallentsorgungsgebühren für 2022 erlassen. In der Begründung des Rechtsamts ist unter anderem von „technischen Schwierigkeiten“ die Rede. Die EDG-Fahrer seien nicht wie vorgesehen digital über den neuen Sachverhalt informiert worden und deshalb im betreffenden Zeitraum weiterhin rückwärts in die Sackgasse gefahren.
EDG meldet sich nicht
Doch damit ist der Fall für Christina und Manfred Buxel längst nicht abgeschlossen. Denn eine Klärung für das Jahr 2023 und darüber hinaus steht noch aus. „Bis heute fahren EDG-Fahrzeuge teilweise rückwärts in unsere Sackgasse“, so Buxel. Das könne er anhand von Fotos beweisen. „Erst in der letzten Zeit werden die Tonnen auch mal zur Gabelung am Anfang der Sackgasse gebracht.“
Was das Paar zusätzlich wurmt: „Die Stadt Dortmund beziehungsweise die EDG hat nie versucht, Kontakt mit uns aufzunehmen, es wird immer nur abgewiesen und abgelehnt.“ Gerne hätte man mit den Verantwortlichen für ein besseres Verständnis ein Gespräch geführt.

Was für die Buxels zum Beispiel nicht nachvollziehbar ist: „Warum gibt es Unterschiede bei den Leerungsfahrzeugen? Zur Leerung der Biotonne, der Papiertonne und der Werkstofftonne fahren die EDG-Sammelfahrzeuge zum Teil nach wie vor rückwärts in den Wembersweg.“ Entsprechend würden für die Leerung der Biotonne, Papiertonne und Werkstofftonne keine Transportzuschläge berechnet.
Sämtliche Fahrzeuge seien doch identischer Bauart, meint Manfred Buxel. „Dies verdeutlicht, dass es sehr wohl möglich ist, gefahrlos die Tonnen zu entleeren, in dem die Fahrzeuge des jeweiligen Entsorgungsbetriebes rückwärts in die Straße einfahren.“
Gelbe und blaue Tonnen
Für das Rechtsamt spielt dieser Aspekt zur Verwunderung der Buxels keine Rolle: „Es dürfte für die streitgegenständliche Festsetzung nicht von Belang sein, ob die Fahrzeuge, die die gelben und blauen Tonnen abholen, rückwärts in die Straße hineinfahren“, heißt es in einem Schreiben des Rechtsamts vom 7. Juni 2023.
Unwidersprochen lassen wollen die Buxels auch nicht den Verweis auf die gesetzlich vorgeschriebene Fahrbahnbreite von 3,55 Meter. „Der Wembersweg hat diese Breite, sie wird jedoch durch parkende Autos immer wieder eingeschränkt“, so Manfred Buxel. Allerdings: Die parkenden Autos seien nicht ortsfest. „Bei dieser Auslegung kann man jede Straße fürs Rückwärtsfahren sperren, da überall irgendetwas hingestellt werden kann“, meint der 61-Jährige.
EDG nennt keinen Sammelpunkt
Der Kleyer und seine Ehefrau kritisieren darüber hinaus, dass ihnen die EDG bislang keinen konkreten Sammelpunkt für die Restmülltonnen genannt habe. „Gleichzeitig schreibt sie aber, dass der Transportweg 54,39 Meter beträgt. Woher kommt solche eine Zahl? Wem hilft sie?“, fragt sich Manfred Buxel.
Nach wie vor seien seine Frau und er bereit, die Restmüll-Tonne zum Anfang der Sackgasse zu bringen. „Aber wir können sie doch nicht einfach auf die Straße oder vor eine Ausfahrt stellen.“
Der Ausgang des Verwaltungsstreitverfahrens ist noch offen – unabhängig davon möchten Christina und Manfred Buxel ihre Erfahrungen teilen und einen Appell an alle Dortmunder Haushalte richten: „Sie sollten mal ihre Gebührenbescheide bezüglich dieser Angelegenheit überprüfen.“ Denn: Sie beobachteten regelmäßig im gesamten Stadtgebiet Rückwärtsfahrten der EDG – und das nicht nur in entsprechend breiten Straßen.
Und noch etwas ist dem Ehepaar Buxel wichtig zu betonen: „Es geht bei dieser Angelegenheit nicht um die lokalen Müllwerker, die sind ausnahmslos davon ausgenommen.“
Gefährdung für EDG-Mitarbeiter
Diese seien ohnehin die Leittragenden: „Sie müssen die zum Teil schweren Tonnen händisch zum Sammelfahrzeug bringen und natürlich auch zurück.“ Dies sei eine hohe Belastung und könne ihrer Meinung nach nicht im Sinne der DGUV sein, so Manfred Buxel. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Absatz 3.9. Hier heißt es, dass hohe körperliche Belastungen Gefährdungen für die Mitarbeiter darstellen.
Stadt und EDG konnte unsere Redaktion zu diesem Fall nicht befragen, weil sie zu laufenden Verfahren keine Auskunft geben.
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