Bürger und Händler beschweren sich über offenen Drogenkonsum und -handel in der City, über aggressive Bettelei und Fäkalien in Hauseingängen. Gastronomen beschäftigen Security. Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer zeigt sich besorgt über die Entwicklungen der letzten Monate und die Stadt richtet einen Sonderstab gemeinsam mit der Dortmunder Polizei ein.
Dennoch wollte die Mehrheit im Rat am Donnerstag (21.9.) dem Thema Drogenproblem keine besondere Bedeutung beimessen. Es blieb trotz eines CDU-Antrags, den Punkt nach vorn zu ziehen, eher am Ende der Tagesordnung.
Dem Rat lagen mehrere Anträge zum Umgang mit der ausufernden Drogenszene und ihren Auswirkungen vor. Auch wenn sich alle einig waren, dass in der Drogenpolitik und im Drogenhilfesystem ein neuer Weg eingeschlagen werden muss, lagen Grüne und CDU am weitesten auseinander.
Während für die CDU die Waage in Richtung Repression ausgeschlagen ist, so Fraktionsvorstand Sascha Mader, sehen die Grünen den ersten Ansatz im Ausbau des Drogenhilfesystems, erklärte deren sozialpolitischer Sprecher Benjamin Beckmann.
CDU-Fraktionschef Dr. Jendrik Suck forderte den Ausbau der aufsuchenden Straßensozialarbeit und stellte gleichzeitig den Standort des aktuellen Drogenkonsumraums an der Thier-Galerie infrage. Die CDU ist für mehr Kontrolldruck auf die Drogenszene im Stadtgarten durch die Polizei auch mithilfe von Videoüberwachung und dem Einsatz von Drogenspürhunden.
Benjamin Beckmann (Grüne) zeigte Verständnis für die Nöte des Handels und der Gastronomie in der Innenstadt. Der öffentliche Crackkonsum, die Verelendung der Menschen strahle in die Innenstadt aus. Aber die Konsumierenden dürften nicht alleine für die Probleme des Handels verantwortlich gemacht werden.
Eine Verlegung des Drogenkonsumraums löse das Drogenproblem nicht. „Wir wollen mehr zusätzliche Drogenkonsumräume schaffen“, sagte Beckmann und war in diesem Punkt auf einer Linie mit der CDU. Außerdem wollen die Grünen fest definierte Flächen einrichten, auf denen Drogen konsumiert werden dürfen. Durch einen repressiven Ansatz würde das Problem nur verlagert, so Beckmann: „Die Diskussion um den Drogenkonsumraum gefährdet die Arbeit und Akzeptanz der Drogenhilfe.“
Drogenproblem in Dortmund: Forderung nach Doppelstrategie
Fatma Karacakurtoglu (Linke+) kritisierte den repressiven Ansatz der CDU. „Wir müssen ein System schaffen von Bund, Land und Kommunen gemeinsam, das nicht Verdrängungen und Kollektivstrafen vorsieht, sondern ganzheitlich Ansätze finden.“
Fraktionschef Utz Kowalewski kritisierte das Vorgehen der Polizei. „Wir dürfen keine Täter-Opfer-Umkehr machen.“ Die Polizei gehe an Dealern vorbei und tue nichts. „Wir dürfen nicht die jagen, die Opfer der Droge sind“, sagte er mit Blick auf die Crack-Konsumenten.
Teilweise Zustimmung fand der CDU-Antrag bei der FDP/Bürgerliste. Sie fordert ebenfalls eine Doppelstrategie: bessere aufsuchende Drogenhilfe für die Süchtigen und klare Grenzen durch entschlossene Kontrollen: „Der Stadtrat darf das Problem nicht wieder in die Ausschüsse verweisen. Jetzt muss entschieden werden. Und zwar nicht wie die Grünen mit einem Kuschelkurs“, sagte Fraktionschef Michael Kauch am Rande der Sitzung.

Kontrolldruck und Videoüberwachung
Anders als die CDU sieht FDP/Bürgerliste den Kontrolldruck nicht vorrangig im Stadtgarten, sondern vor allem in der Fußgängerzone sowie den Wegen am und zum Hauptbahnhof. Außerdem lehnt FDP/Bürgerliste eine Videoüberwachung im Stadtgarten ab.
Die SPD-Fraktion war wie die Grünen dagegen, in der Ratssitzung eine Entscheidung zum Drogenproblem in der City zu treffen. „Die Drogenhilfen rund um den Drogenkonsumraum müssen gezielt ergänzt und nicht kaputt geredet werden“, so SPD-Ratsmitglied Daniela Worth. Ihre Fraktion schlug eine gemeinsame Sitzung von Sozial- und Bürgerdienste-Ausschuss vor, um weiter gemeinsam um Lösungen zu ringen.
Dem beugte sich die CDU-Fraktion, weil sie keine Mehrheit für ihren Antrag sah. Dr. Jendrik Suck drängte aber auf eine schnelle Sitzung, damit der Rat im November zu Beschlüssen komme.
Oberbürgermeister Thomas Westphal stellte am Ende der Diskussion klar, dass man die Belästigung der Besucher in der City ernst nehme. Man müsse „Prävention, Hilfe und Repression in Balance bringen“.
Eine Diskussion über den Standort des Konsumraums, bedeute aber nicht, dass man den Drogenkonsumraum schließen wolle. „Wenn wir das tun, ist das Problem ja nicht weg. Dann sind die Menschen erst recht auf der Straße“, betonte der OB.
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