Wer darf ausstellen bei der „Jagd und Hund“ in den Westfalenhallen? Wo verläuft die Grenze zwischen erlaubten Angeboten und solchen, die aus Tierschutz-Gründen verboten werden sollten?
Dieses Thema ist zwar fast so alt wie die Jagdmesse an sich. Doch der Streit hinter den Kulissen spitzt sich immer mehr zu. Doch von Anfang an:
Peta will Fuchsjagd- und Trophäenverbot
Dass sich die Tierrechtsorganisation Peta wenige Tage vor der „Jagd und Hund“ so öffentlich wie kritisch äußert, ist nichts Neues. Das geschieht Jahr für Jahr aufs Neue, kurz bevor Ende Januar oder Anfang Februar Tausende Jäger in die Dortmunder Westfalenhalle kommen zu Europas größter Jagdmesse.
In diesem Jahr fordert Peta unter anderem ein Verbot der Fuchsjagd sowie des Importierens von Jagdtrophäen. Im offiziellen Statement heißt es: „Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten.“
Pro Wildlife gegen Gatterjagd
Der Mensch solle keinen „Speziesismus“ betreiben, sich also über andere Lebewesen erhöhen, heißt es von den Tierschützern weiter. Die Jagd sei generell „unnötig, kontraproduktiv und grausam“. Die Organisation „Pro Wildlife“ wird da schon konkreter:
Bei der Messe, die vom 28. Januar bis 2. Februar 2025 geht, würden „auch Trophäenjagdreisen mit Abschüssen auf bedrohte und international geschützte Tierarten wie Elefanten, Leoparden, Nashörner oder Löwen angeboten“. Zudem weiche die Messe „ihre Teilnahmebedingungen auf und erlaubt erneut Gatterjagden“.

Selbst Jäger waren dagegen
Gatterjagd bedeutet: Das Tier befindet sich in einem eingezäunten Gelände, das es nicht verlassen kann. Es hat kaum eine Chance zu überleben. Dem Jäger ist die Trophäe quasi sicher. Gegen diese Gatterjagd verabschiedete die Weltnaturschutzorganisation (IUCN) 2016 eine Resolution, die auch von Jägern unterstützt wurde.
Der Deutsche Jagdverband unterstützte das. Ab 2017 untersagte die Dortmunder Messe solche Angebote, die es dennoch in den folgenden Jahren gab, wie unter anderem Pro Wildlife 2023 aufdeckte.
Kritik an Dortmunds OB Westphal
„Es ist erschreckend, insbesondere vor dem Hintergrund des globalen Artensterbens, dass selbst die kleinen positiven Entwicklungen bezüglich wichtiger Tier- und Artenschutzaspekte von Trophäenjagdangeboten auf der Messe nicht nur ausgebremst, sondern auch rückgängig gemacht werden. Das ist absolut inakzeptabel!“, bemängelt Mona Schweizer, Biologin von Pro Wildlife.
Die Kritik richtet sich nicht nur an die Westfalenhallen, sondern auch an Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal. Der hatte im Wahlkampf 2020 angekündigt, eine Ethik-Kommission ins Leben zu rufen, die sich eben mit solchen Fragen beschäftigen sollte: Was sollte erlaubt sein bei der „Jagd und Hund“ – und was nicht?“
„Alle Argumente liegen auf dem Tisch“
Warum hört man nichts von dieser Kommission, rund fünf Jahre später? Das wollten „Pro Wildlife“ und die 23 anderen Organisationen im November 2024 wissen. Eine Antwort habe man allerdings bis heute nicht erhalten, heißt es. Ähnliches hört man aus der Dortmunder Lokalpolitik.
Es gebe das Gremium, heißt es von mehreren Parteien – eigentlich sei die Ethik-Kommission auch bereit, endlich mit ihrer Arbeit loszulegen. Man werde allerdings den Eindruck nicht los, dass es am Willen der Stadtverwaltung scheitere. „Dabei liegen doch alle Argumente auf dem Tisch“, heißt es von einem Politiker.
Grüne: 10 Euro für Artenschutz
Den Grünen reicht‘s. Sie wollen Stadt und Westfalenhallen zu finanziellen Konsequenzen drängen. Sie fordern, eine Artenschutz-Gebühr von 10 Euro pro Ticket einzuführen. „Die Einnahmen sollen Artenschutz-Projekte in Afrika unter-stützen, um bedrohte Tierarten zu schützen“, heißt es.
Die Rechnung der Grünen: Bei 80.000 Besuchern wären das 800.000 Euro – und da jeder Besucher durchschnittlich bei der „Jagd und Hund“ 720 Euro ausgebe, würden sich diese Mehrkosten auch im Rahmen halten. Außerdem, so Fraktionssprecherin Katrin Lögering: „Ähnliche Modelle – wie der Artenschutz-Euro in Zoos wie dem Dortmunder – haben sich bereits bewährt.“

Keine Antworten auf konkrete Fragen
Die Ethik-Kommission bleibt derweil eine Phantom-Kommission. Wer sitzt drin? Wie viele Menschen gehören überhaupt zum Gremium? Wie oft tagt man? Diese Anfragen unserer Redaktion blieben aktuell unbeantwortet.
Stattdessen teilt die Stadt Dortmund nur mit: „Die Ethikkommission beschäftigt sich zum derzeitigen Zeitpunkt alleinig mit dem Thema der Messe ‚Jagd und Hund‘.“ Da das „jedoch ein derart großes Thema ist, welches vielfältige ethische Aspekte betrifft und diese dadurch betrachtet werden müssen, um ein abschließendes Bild zu kreieren“, sei man noch nicht fertig.
Angeblich gibt es 13 Mitglieder
Natürlich gebe es weitere Themen – es gebe da Wünsche aus „aus der Politik sowie dem Amt des Oberbürgermeisters“. Wann es um welches Thema gehe, dürfe das Gremium allerdings selbst entscheiden. Mehrere Lokalpolitiker erwidern allerdings übereinstimmend: Die Kommissions-Teilnehmer warteten vergeblich auf Einladungen zu weiteren Treffen.
Die Geheimniskrämerei ist umso erstaunlicher, weil die Stadt im Frühjahr 2024 einige Fragen klar beantwortet hatte: Man wolle am Ende 13 Mitglieder beisammen haben, ein Platz sei bisher noch frei – und wenn das geschehen sei, werde man auch die Namen veröffentlichen. Passiert ist seitdem: nichts.
Keine moralischen Vorgaben
Was wiederum erstaunlich ist, wenn diese Phantom-Kommission sich doch bisher einzig und allein mit der „Jagd und Hund“ befasst – und zudem klar ist: Die steht Ende Januar/Anfang Februar wieder an.
So bekommen auch die Westfalenhallen keine moralischen Vorgaben an die Hand und handelt weiterhin nach dem maximal freiheitlichen Grundprinzip: Was nicht explizit gegen Gesetze verstößt, ist auch erlaubt.
Messe: Wollten mit Tierschützern sprechen
Die Messe übrigens unterstreicht, sie sei ihrerseits auf die Tierschützer zugegangen: „Gemeinsam mit den auf der Messe vertretenen Fachverbänden haben wir an Tierschutzorganisation auch wiederholt Gesprächsangebote ausgesprochen, die wir dank der Unterstützung der internationalen Fachverbände sehr kurzfristig hätten arrangieren können“, so Westfalenhallen-Sprecherin Nina Kupferschmidt.
„Die Angebote wurden jedoch nicht angenommen.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 27. Januar 2025.
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