Dortmunds Frauen sind die Verliererinnen der Kommunalwahl

© Stephan Schütze (Archivbild)

Dortmunds Frauen sind die Verliererinnen der Kommunalwahl

rnZusammensetzung des neuen Rates

Dortmunds neuer Stadtrat hat ein Frauendefizit: Nur rund jedes dritte seiner Mitglieder ist weiblich. Der Frauenanteil im Rat ist sogar gesunken. Damit entwickelt sich Dortmund gegen den Trend.

Dortmund

, 26.11.2020, 07:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

In diesem Punkt war die Kommunalwahl 2020 in Dortmund ein Rückschritt: Der Frauenanteil im Stadtparlament ist gesunken – von 39,4 auf 35,6 Prozent.

Der neue Rat, der am Donnerstag (26.11.) seine konstituierende Sitzung fortsetzt, hat mit 90 Sitzen zwar insgesamt vier Sitze weniger als der alte, aber auch fünf Frauen weniger in seinen Reihen. Unter 90 Ratsmitgliedern sind nur 32 Frauen. Sie sind auch Verliererinnen der Kommunalwahl.

Dortmund ist damit ein Beispiel für die Notwendigkeit der Drucksache 17/11437. Dahinter verbirgt sich eine Kleine Anfrage der Dortmunder SPD-Landtagsabgeordneten und frauenpolitischen Sprecherin der Sozialdemokraten in NRW, Anja Butschkau.

Sie fragte nach dem Frauenanteil in den Kommunalparlamenten der kreisfreien Städte in NRW nach der Kommunalwahl 2020. Die Antworten decken sich mit einer früheren landesweiten Datenauswertung des Recherchenetzwerks „Correctiv für Lokaljournalismus“, auf die sich Butschkau auch in ihrer Anfrage bezieht.

Frauen nach wie vor unterrepräsentiert

Zwar ist der Frauenanteil in den Kreistagen und Stadträten aufgrund der erstarkten Grünen und ihrer strengen Quotenregelung NRW-weit von 30,1 auf 34,4 Prozent gestiegen, „doch nach wie vor sind Frauen in der Politik unterrepräsentiert“, sagt Butschkau im Gespräch mit unserer Redaktion.

34,4 Prozent entspreche bei Weitem nicht dem Anteil der Frauen in der Gesamtbevölkerung von 51,5 Prozent, stellte sie zudem in der Kleinen Anfrage fest.

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Dortmund liegt zwar mit 35,6 Prozent Frauenanteil im Rat im Mittelfeld der NRW-Kommunen, doch mit einem Minus von 3,8 Prozent gegenüber dem alten Rat sieht die Westfalenmetropole schlecht aus. Nur Duisburg hat mit minus 4,3 Prozent noch mehr an Frauen im Rat verloren und liegt ohnehin mit einem Frauenanteil von jetzt nur noch 31,4 Prozent Frauenanteil im unteren Drittel.

                       

Schlusslicht ist der Kreis Euskirchen. Dort sind nur 22,2 Prozent der Sitze von Frauen besetzt. Spitzenreiter mit 44,8 Prozent und am nächsten dran an der geschlechtergerechten Parität ist Aachen, wo die Grünen nun auch die Oberbürgermeisterin stellen.

Mehr Frauen als Männer bei den Linken

Im Dortmunder Rat sind nur bei der Partei Die Linke die Frauen in der Mehrheit (drei Frauen, zwei Männer). Die Grünen sind mit elf Frauen und elf Männern gleichberechtigt aufgestellt. Auch die SPD hat elf Frauen in ihren Reihen, aber 16 Männer. Bei der CDU sind es 15 Männer und fünf Frauen, bei der FDP zwei Männer und eine Frau. Bei der AfD sind unter den Ratsmitgliedern nur fünf Männer, aber keine einzige Frau.

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Das Recherche-Netzwerk „Correctiv für Lokaljournalismus“ hat darüber hinaus auch noch den Blick auf die Listen der Kandidaten und Kandidatinnen gerichtet, die jeweils von ihrer Partei aufgestellt wurden.

So hat es analysiert, welche Parteien wie viele Frauen ins Rennen um die Mandate geschickt haben. Laut Correctiv zeigten die Ergebnisse, „wie die Parteien teilweise schon beim Aufstellen der Listen verhindern, dass sich der Frauenanteil in den Kommunalparlamenten paritätisch entwickelt“.

Keine Frau bei der AfD

Nicht immer konnte Correctiv das Geschlecht auf den Listen eindeutig zuordnen, deshalb ergeben die Prozentsätze nicht genau 100 Prozent (siehe Infokasten). Dennoch zeigten sich bereits auf den Wahl- und Reservelisten für Dortmund große Unterschiede zwischen den Parteien:

  • SPD: 71 Prozent Männer, 25 Prozent Frauen
  • CDU: 85 Prozent Männer, 12 Prozent Frauen
  • Grüne: 63 Prozent Männer, 34 Prozent Frauen
  • Linke: 67 Prozent Männer, 28 Prozent Frauen
  • FDP: 80 Prozent Männer, 16 Prozent Frauen
  • AfD: 81 Prozent Männer, 14 Prozent Frauen.

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In einem fraktionsübergreifenden Antrag von SPD, CDU, FDP und Grünen hat sich der Landtag in NRW das Ziel gesetzt, Repräsentanz von Frauen insbesondere in der Kommunalpolitik zu stärken und Förderangebote für diese Zielgruppe auszubauen.

Mit dem Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes in Nordrhein-Westfalen fordern die Fraktionen mit großer Unterstützung von Parteien in Dortmund die Einführung einer verpflichtenden paritätischen Besetzung der Wahllisten der Parteien zur Landtagswahl.

Anhörung im Landtag

Auch wenn die Verfassungsgerichte von Thüringen und Brandenburg jüngst das Paritätsgesetz für die gleichmäßige Besetzung von Listen für Landtagswahlen mit Frauen und Männern abgelehnt haben, setzt Anja Butschkau auf die Anhörung im März im NRW-Landtag zu dem interfraktionellen Antrag: „Da muss etwas passieren. Wir haben bereits Vorschläge auf den Tisch gelegt. So müssen wir an der politischen Kultur arbeiten und die strukturellen Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Politik und Beruf schaffen.“

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Der Frauenanteil unter den Abgeordneten im NRW-Landtag liegt noch niedriger als der im Dortmunder Rat. Er beträgt in der laufenden Wahlperiode 27,1 Prozent. Zurzeit läuft noch die Erfassung der Daten für die Bezirksvertretungen. Sie sollen Anfang Dezember dem Landtag vorgelegt werden.

Methodik

So ist Correctiv zu seinen Zahlen gekommen

  • Für seine Analyse hat Correctiv nach eigenen Angaben ausschließlich Kandidaten aus den Wahlbezirksbewerbern und der Reserveliste berücksichtigt. Kandidaten, die auf beiden Listen erschienen, wurden nur einmal gezählt.
  • Den Kandidatinnen und Kandidaten wurde ein Geschlecht „zugewiesen“, basierend auf dem Geschlecht ihrer Jobbezeichnung, ein Feld, das jede Kandidatin und jeder Kandidat selbst ausgefüllt hat. So wurden Kandidaten, deren Beruf als „Rentner“ eingetragen wurden, als männlich gewertet, während ein Kandidat, dessen Stelle als „Rentnerin“ bezeichnet wurde, als weiblich eingestuft wurde. Kandidaten mit geschlechtsneutralen Stellen, wie z.B. „Student*in“, wurden als nicht eindeutig angesehen. In etwa 150 Fällen konnte Correctiv kein Geschlecht aufgrund des Berufs zuordnen, weshalb nicht alle Prozentsätze genau 100 Prozent ergeben.
  • Anschließend berechnete Correctiv den Prozentsatz der weiblichen Kandidaten nach Partei.
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