
© Oliver Volmerich
Dortmunds Boulevard der Träume lässt auf sich warten - aber Lukas (24) wohnt gerne hier
Serie „Straßen voller Leben“
Zum Boulevard soll die Kampstraße mitten in der City werden. Doch bis dahin ist noch ein langer Weg. Etappenziele sind immerhin erreicht.
Vor dem Haus von Lukas Wittland ist der Boulevard Kampstraße zumindest schon zu erahnen. Viel Platz für Fußgänger, Bäume, Spielgeräte und Straßencafés prägen den westlichen Teil der Kampstraße. „Westentorallee“ heißt dieser Abschnitt des geplanten Boulevards, der schon 2009 neu gestaltet wurde.
„Wenn man hier aus der Haustür kommt, hat man so richtig das Gefühl von Großstadt“, stellt Lukas Wittland fest.
Seit Februar wohnt er in einem der wenigen Wohnhäuser an der Kampstraße. Auf der Suche nach einer WG fand er hier ein Zimmer. „Ich wollte zentral wohnen“, erklärt er. „Und hier ist man mittendrin.“
Der Westenhellweg und der Hauptbahnhof sind gleich um die Ecke. Ein Auto braucht man nicht. Ideal also für den 24-Jährigen, der an der Ruhr-Uni in Bochum Medienwissenschaften und Politik studiert und als freier Mitarbeiter unserer Redaktion erste Erfahrungen im Traumberuf Journalist sammelt. Auch Bäcker, Pizzeria oder Döner-Läden gibt es in direkter Nähe.
Blick auf eine Baustelle
Wenn Axel Schroeder aus dem Schaufenster seines Geschäfts im Zentrum der Kampstraße blickt, sieht er auf eine Baustelle. An der Stelle des früheren Karstadt-Einrichtungshauses entsteht das Basecamp, ein großes Appartement-Haus für Studenten.

So soll der Basecamp-Neubau an der Kampstraße aussehen. © Gerber Architekten
Der Baustellen-Blick wird dem Geschäftsmann wohl länger erhalten bleiben. Bis zum Frühjahr 2021 wird das Basecamp gebaut. Zugleich steht hier noch der Umbau der Kampstraße selbst aus, der frühestens im Frühjahr 2020 starten soll.
Endlich, möchte man sagen. Denn eigentlich sollte der Boulevard schon 2016 fertig sein.
Die Pläne dazu sind sogar schon gut 20 Jahre alt. 1998 gewann das Düsseldorfer Architekturbüro Fritsch, Stahl und Baum einen von der Stadt ausgeschriebenen Wettbewerb für die Neugestaltung der Kampstraße.

Das Modell zeigt den zentralen Abschnitt der Kampstraße mit Lichtband und Wasserlauf nach den Entwurf des Architekturbüros Fritschi. © Dieter Menne
Die Stadtplaner wollten damit die Weichen für die Zeit nach dem Verschwinden der Stadtbahn unter die Erde stellen, mit dem viel Platz an der Oberfläche frei wurde. Seit 2008 hat die Straßenbahn an der Oberfläche ausgedient.
Kurz darauf wurde an den Rändern mit dem Umbau begonnen - mit der Westentor-Allee und dem Brüderweg. Hier wurde der Straßenraum umgestaltet, mit Mittelfahrbahnen, breiten Gehwegen, Bäumen und Bänken.
Lichtband und Wasserlauf
Im zentralen Abschnitt zwischen Petri- und Reinoldikriche soll es, bis auf Anlieger- und Lieferverkehr, ganz autofrei sein. Licht und Wasser prägen den Entwurf des Büros Fritsch. Ein kleiner Bachlauf soll hier fließen, darüber ein Lichtband entstehen. Dazu kommen Grün und ein Wasserspiegel, ein rundes Wasserbecken, das das bisherige Beet an der Kreuzung Hansastraße/Kampstraße ersetzen soll.

Die Aktionsgemeinschaft Kampstraße zeigt nicht nur mit einem eigenen Nashorn Flagge. © Dieter Menne
Hier soll auch Platz sein für kleine und große Veranstaltungen. Einige, wie das Beach-Festival an der Kampstraße, geben jetzt schon einen Vorgeschmack auf das künftige Boulevard-Leben. Auch ein Teil des Weihnachtsmarktes findet vor der Petrikirche statt.
Nachdem zuletzt der Petrikirchplatz umgestaltet worden war, lässt der Straßenumbau aber auf sich warten. Erst gab es Abstimmungsprobleme mit der Feuerwehr wegen der Rettungswege, dann sollte der Evangelische Kirchentag in diesem Sommer abgewartet werden.
Umbaustart Anfang 2020
Im Herbst dieses Jahres soll die Politik den Baubeschluss fassen, teilte Tiefbauamtsleiterin Sylvia Uehlendahl nun auf Anfrage mit. Noch sei eine Umplanung „durch die geringe Überdeckung beziehungsweise den (zu) hoch liegenden Bahnhof Kampstraße erforderlich“, heißt es. Und der Beobachter wundert sind, dass das nach jahrelanger Planung erst jetzt auffällt.
Immerhin: Für Anfang 2020 ist jetzt der Baustart angekündigt. Dreieinhalb Jahre Bauzeit bedeuten, dass Axel Schroeder noch bis zum Herbst 2023 eine Baustelle vor der Tür haben wird. Doch die Vorfreude auf den neuen Boulevard überwiegt den Ärger über die Verzögerungen. „Das wird eine tolle Sache“, ist Schroeder überzeugt.

Die Neuansiedlung des Sportkaufhauses Decathlon sorgt für neues Leben an der Kampstraße. © Oliver Volmerich
Aber es bleiben auch noch Wünsche: Schroeder hofft, dass sich spätestens nach der Umgestaltung viele Geschäfte auch zur Kampstraße hin öffnen. Denn vor allem die größeren Kaufhäuser zeigen der Straße bislang die kalte Schulter in Form von geschlossenen Fassaden und Türen.
Schroeder wird aber auch nicht müde, darauf aufmerksam zu machen, dass der 1200 Meter lange Straßenzug auch jetzt schon viel zu bieten hat - etwa mit zahlreichen Fachgeschäften, von denen viele noch im Familienbesitz sind. Viele von ihnen engagieren sich in der Aktionsgemeinschaft Kampstraße, die Schroeder mit gegründet hat. Nicht zuletzt die Ansiedlung des Sportartikel-Händlers Decathlon hat zuletzt für neues Leben gesorgt.
Das kann auch Lukas Wittland bestätigen. Wenn man einkaufen, etwas essen oder trinken will, ist man zwar nicht auf die Kampstraße allein beschränkt. Aber auch hier wird man fündig.
Das sind Lukas Wittlands Tipps:
Direkt vor der Haustür von Lukas Wittland gibt es mit dem türkischen Restaurant Lega und der Pizzeria Piccola Roma schon ein wenig Außengastronomie.
Ein Klassiker an der Kampstraße ist das Cafe Kleimann, das seit 1903 im Familienbesitz ist. Der sprechende Papagei Acki ist allerdings 2016 gestorben. Dafür bietet Kleimann inzwischen auch 40 Sitzplätze im Freien. Das jüngere Publikum zieht es eher nach gegenüber ins Cafe Bernstein im Ärztezentrum DOC an der Ecke zur Katharinenstraße. „Da kann man auch gut frühstücken“, berichtet Lukas Wittland.
Gut essen und trinken kann man auch in der CU-Bar an der Kampstraße 41 und um die Ecke am Freistuhl 3 im Burrito- und Burger-Restaurant Sabe Mente.
Eine der ältesten Straßen der Stadt
- Die Kampstraße ist eine der ältesten Straßen der Stadt. Ihre Geschichte reicht bis ins Mittelalter zurück. Ihr Name (Kamp=Feld) verweist darauf, dass sie zu den landwirtschaftlichen Flächen vor dem Stadttor führte.
- Ursprünglich gab es zwei Kampstraßen, die im 14. Jahrhundert erstmals erwähnt wurden. Die „Erste“, wahlweise auch „Vorderste“ oder „Große“ Kampstraße entspricht weitgehend dem heutigen Straßenverlauf. Die „Zweite“ beziehungsweise „Hinterste“ oder „Kleine“ Kampstraße verlief parallel davon nördlich, entspricht heute also etwa dem Verlauf der Schmiedingstraße.
- 1935 wurde die Kampstraße verbreitert.
- Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie dann mit dem Brüderweg zur zentralen Ost-West-Verkehrsachse quer durch die City.
- Erst mit dem City-Programm in den 1980er Jahren wurde die Kampstraße dann verkehrsberuhigt. Aus der Durchgangsstraße wurde weitgehend eine Mischverkehrsfläche.
- Seit 2008 fährt die Stadtbahn auf der Ost-West-Strecke unterirdisch durch die City. So entstand viel Platz für eine Neugestaltung.
So schmal war die Kampstraße bis Mitte der 1930er Jahre. © Stadtarchiv
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
