„Es wäre schön, wenn er gerne das Tanzbein schwingt", sagt Andrea* aus Dortmund über ihren Traummann. Sie tanzt selbst gerne, am liebsten Discofox. Dabei lernt sie zwar Männer kennen, der Richtige war bisher jedoch nicht dabei.
Andrea ist 54 Jahre alt, hat zwei Söhne großgezogen und ist voll berufstätig. Kurz gesagt: Sie steht mit beiden Beinen im Leben. Das erwartet sie auch von einem potenziellen Partner. „Er kann aber auch ab und zu mal aufm Schlauch stehen, das ist nicht schlimm", sagt sie lachend. Es erscheint wenig überraschend, dass ihr Humor in einer Partnerschaft wichtig ist.
Wie ihre Beziehung aussehen und welche Rolle ein Partner dabei spielen soll, weiß Andrea durch ihre bisherigen Erfahrungen. Beinahe zwei Jahrzehnte lang war sie verheiratet, doch dann hat ihr Mann sich plötzlich von ihr getrennt und ihr Leben wurde noch einmal völlig auf den Kopf gestellt. „Das war ein harter Lebenseinschnitt. Ich dachte, dass wir zusammen bleiben, bis dass der Tod uns einst scheidet."
Einige Zeit hat es gebraucht, bis sie sich mit ihrer neuen Lebenssituation arrangiert hat. Doch als der Liebeskummer dann vorbei war, begann sie von vorne. „Online-Dating erschien mir als eine gute Möglichkeit, jemanden kennenzulernen.“ In ihrem Alter sei es ansonsten schließlich schwierig, neue Bekanntschaften zu machen. Im Alltag treffe sie immer nur auf die gleichen Gesichter, die für eine Beziehung nicht infrage kämen. „Früher ist man auf Partys gegangen, wo viele Menschen noch nicht liiert waren. Da war die Auswahl sehr groß, heute ist sie ziemlich klein."
Zunächst war Andrea bei Parship und ElitePartner angemeldet, erst vor Kurzem ist sie auf Tinder umgestiegen. Zwischen den verschiedenen Partnerbörse kann sie deutliche Unterschiede feststellen. „Parship und ElitePartner waren seriöser. Da waren wesentlich mehr Menschen, die eine langfristige Beziehung wollen.“ Das ist auf Tinder anders. „Da sind sehr viele verrückte Menschen, die nur auf eine Freundschaft Plus oder einen One-Night-Stand aus sind.“ Für Andrea kommt sowas nicht infrage. Sie sucht nach einem Partner mit ernsten Absichten.
Ü50-Männer machen absurd viel Sport
Generell gefällt ihr die Auswahl der Männer auf Dating-Apps nicht besonders. Den Radius hat sie auf 70 Kilometer eingestellt, das Alter auf 50 bis 60 Jahre. Sie erzählt: „Der Großteil der Männer ist von der Resterampe. Es sind halt die übrig gebliebenen, nicht unbedingt die Crème de la Crème.“
Häufig könne sie das schon am Profilfoto erkennen. „Für ihre Selfies halten die ihre Kamera fünf Zentimeter vor ihrem Gesicht. Da denke ich mir: Es kann nicht wahr sein, dass die so eine Frau kennenlernen wollen und swipe ganz schnell nach links.“ Bei der App Tinder gleichbedeutend mit Ablehnung.
Auffällig findet Andrea zudem, dass alle Männer in dem Alter „absurd“ viel Sport machen – zumindest ihren Profilbeschreibungen zufolge. „Das machen die nur, um sich jünger zu fühlen und ihre Geheimratsecken mal für einen Moment abzublenden.“
Dass sich Männer auf Tinder und Co. verstellen, findet die Dortmunderin gar nicht nötig. „Ich will keinen, der sich wie ein 25-Jähriger verhält und 24/7 Sport macht – sondern jemanden, der zu meinem Alltag passt, mit dem ich Spaß haben kann, mit dem ich aber auch mal meine Sorgen teilen kann.“
Genau darin liege auch die Schwierigkeit für Andrea: Einen Partner zu finden, der tatsächlich zu ihrem verankerten Leben passt. „Der müsste sich mit meinen Kindern verstehen. Der müsste akzeptieren, dass ich auch viel Zeit für meinen Beruf aufwende, dass ich einen Haushalt habe, dass ich gar nicht Unmengen an Zeit für eine Partnerschaft übrig habe.“ Das sei im jungen Alter deutlich umkomplizierter. „Da kann man sich sein Leben noch gemeinsam aufbauen, eine Familie gründen, man kann gemeinsam wachsen. Mit 50plus hat man das hinter sich, man ist schon ziemlich festgefahren.“
Der erste Eindruck kann täuschen
Mehrmals die Woche ist Andrea auf Tinder unterwegs. „Gefällt mir ein Mann optisch, gucke ich mir sein Profil näher an. Und wenn er mir dann immer noch zusagt, swipe ich nach rechts.“ Bei Tinder gleichbedeutend mit einer Interessensbekundung.
Einen Pluspunkt bekommen Männer mit eigenen Kindern von ihr. Schließlich hätten diese womöglich mehr Verständnis dafür, wenn es um ihre eigenen gehe. Ebenso komme eine humorvolle Profilbeschreibung gut bei ihr an. „Wenn ich dann ein Match habe (Anm. d. Red.: beide haben sich gegenseitig nach rechts ‚geswiped‘), ergreife ich auch mal die Initiative und texte ihn zuerst an“, erzählt sie.
Erst neulich habe sie mit einem Mann hin und her geschrieben. Zunächst habe er sehr sympathisch gewirkt und ihr aufmerksame Nachfragen gestellt. Als die beiden dann aber auf das Thema Politik zu sprechen kamen, änderte sich Andreas Meinung über ihn. „Plötzlich hat er Corona und die Klimakrise geleugnet und mir ganz dubiose Artikel von rechtsgesinnten Zeitungen gesendet“, erzählt sie. „Mit sowas möchte ich nichts zutun haben. Leider kann man Menschen auf Dating-Apps anfangs nur vor den Kopf gucken.“
Aufgrund solcher Situationen gibt Andrea ihre private Handynummer vorerst nicht heraus. „Bei Tinder kann ich so einen Typen einfach löschen, aber wenn der meine Nummer hat, ist es schwieriger.“
Hoffnung auf den Richtigen
„Durchs Schreiben merke ich immer schnell, ob es sich überhaupt lohnt, dass ich mich mit einem Mann persönlich verabrede“, erzählt Andrea. Einige Dates habe sie bereits gehabt, zu einem zweiten Treffen mit einem Mann kam es allerdings noch nie. „Solche Treffen sind schwierig, weil man mit einem eigentlich wildfremden Menschen spricht, mit dem man gar keine Berührungspunkte hat“, sagt sie.
Vor Kurzem hatte sie ein Horror-Date. „Der kam frisch vom Sport – genauso hat er auch gerochen.“ Sein Schweißgeruch sei allerdings nicht sein einziges Manko gewesen. „Der hat mir nur Fragen darüber gestellt, wie ich mir eine Beziehung vorstelle und konnte sich gar nicht auf andere Themen konzentrieren.“ Andrea fügt hinzu: „Wenn man seinen Date-Partner nicht mag, kann eine Stunde verdammt lang werden!“
Grundsätzlich findet Andrea es frustrierend, bei der Partnersuche wieder ganz von vorne anfangen zu müssen. „Mein Ex-Mann kannte alle meine Vorlieben, alle meine Probleme. Das muss ein anderer Mann erstmal wieder hinkriegen.“ Gerne hätte sie wieder einen Partner an ihrer Seite, bei dem sie sich zuhause fühlt und auf den sie sich verlassen kann. „Ich weiß nicht, ob ich so jemanden nochmal finden werde“, sagt sie. „Aber ich habe die Hoffnung, sonst würde ich mir das Dating nicht antun.“
Andrea* heißt eigentlich anders. Ihr echter Name ist der Redaktion bekannt.
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