Eine „wahre Einlagenflut“ macht der Dortmunder Volksbank zu schaffen. Immer mehr Geld liegt auf Girokonten - und die Bank kann mit diesem Geld nicht arbeiten. Jetzt werden Negativzinsen angekündigt. © (A) Schaper

Jahresbilanz

Dortmunder Volksbank will Negativzinsen für Privatkunden einführen

Die Dortmunder haben immer mehr Geld auf Girokonten liegen. Das bereitet der Volksbank Probleme. Sie kündigt jetzt Strafzinsen an. Allerdings sollen Kleinsparer nicht betroffen sein.

Dortmund

, 10.02.2021 / Lesedauer: 4 min

Trotz der Corona-Krise war die Dortmunder Volksbank im vergangenen Jahr auf Wachstumskurs. Die Bilanzsumme wuchs um rund 600 Millionen Euro. Neben einem Rekordwachstum im Kreditgeschäft, so zeigt es die Jahresbilanz, gab es auch ein Rekordwachstum bei den Kundeneinlagen.

2020 wuchs die Sparquote in Deutschland enorm - von sonst 10,5 bis 11 Prozent auf jetzt 16,3 Prozent. Bundesweit bedeutet das, dass die Bürger mehrere Billionen Euro zusätzlich auf der hohen Kante liegen haben.

Bei der Dortmunder Volksbank wuchsen 2020 die Kundeneinlagen um die noch nicht dagewesene Summe von 468 Millionen Euro beziehungsweise rund 7,25 Prozent. „Was vor zehn Jahren noch zu einem Begeisterungssturm geführt hätte, treibt uns heute allerdings erhebliche Sorgenfalten auf die Stirn“, sagt Vorstandsvorsitzender Martin Eul.

Volksbank-Chef: „Das kostet uns erhebliches Geld“

„Von unseren knapp 7 Milliarden Euro Kundeneinlagen“, erklärt er, „liegen knapp 60 Prozent auf Kontokorrentkonten oder Girokonten unserer Geschäfts- und Privatkunden. Mit diesen Einlagen ist es kaum möglich zu arbeiten, weil sie täglich abverfügt werden könnten. Ganz im Gegenteil: Hierfür zahlen wir 0,5 Prozent Negativzinsen bei der Bundesbank und das kostet uns erhebliches Geld.“

Volksbank-Chef Martin Eul zieht für das Geschäftsjahr 2020 ein positives Fazit. Wegen des Nullzins-Niveaus kündigt er für die Mitglieder allerdings eine geringere Dividende von zwei Prozent an. So werde man es dem Aufsichtsrat vorschlagen. © Volksbank/Heinze

Die Volksbank will entsprechende Konsequenzen ziehen. „Deshalb“, so Martin Eul, „müssen wir uns leider sehr ernsthaft damit befassen, auch für privates Geld Negativzinsen einzuführen. Wir wissen, dass es hierfür keinen Schönheitspreis zu gewinnen gibt, sehen aber keinen anderen Ausweg, diese wahre Einlagenflut zu stoppen“, so Eul weiter.

Negativzins eventuell ab 125.000 Euro

Nachgedacht wird darüber, sowohl neues Geld als auch Bestandsgeld „ab einer Summe von 125.000 Euro, eventuell aber auch erst ab 250.000 Euro mit Negativzinsen zu belegen.“ Kunden bekommen dann also für ihr täglich abrufbares Vermögen keine – wenn auch noch so geringen - Zinsen mehr, sondern müssen dafür zahlen. Das Geld wird weniger.

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Martin Eul betont, dass es nur um Kundeneinlagen in sechs- oder gar siebenstelliger Höhe geht: „Wir wollen nicht Lieschen Müller treffen.“ Auch den vermögenden Kunden biete man, bevor man Negativzinsen erhebe, zunächst Fest- oder Fondsanlagen für ihr Geld an.

Warum überhaupt türmt sich trotz Corona- und Wirtschaftskrise soviel Geld auf den Girokonten? Volksbank-Chef Martin Eul gibt zwei Erklärungen:

Erstens seien viele Menschen einfach bequem geworden und kümmerten sich nicht um das Geld.Zweitens erhöhen sich die Kundeneinlagen, weil die Menschen in der Corona-Krise weniger Geld ausgeben. Das Geld bleibe auf den Konten liegen. Dass viele Unternehmer ihr Erspartes zur Existenzsicherung einsetzen oder Kurzarbeiter Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, falle nicht so ins Gewicht. „Der großen Masse geht es gut“, stellt Martin Eul fest.

Dafür, dass es auch der Dortmunder Volksbank weiter gut geht, die mit einer Bilanzsumme von rund 600 Millionen Euro bundesweit auf Platz vier aller Volksbanken in Deutschland liegt, sorgte im vergangenen Jahr vor allem ein Wachstum bei den Kundenkrediten.

Volksbank-Kredite für immer mehr Häuslebauer

Diese wuchsen um 459 Millionen Euro (ein Plus von rund 7,8 Prozent). „Damit konnten wir einmal mehr unter Beweis stellen, wie eng wir mit unserer heimischen Wirtschaft verbunden sind. Um dieses Wachstum zu erreichen, mussten knapp 1,4 Milliarden Euro an Neukrediten bewegt werden, weil wir Jahr für Jahr gegen eine riesige Tilgungswalze anzukämpfen haben. Das gesamte Kreditvolumen beträgt inzwischen über 6,3 Milliarden Euro. Corona-bedingte KfW-Kredite für Unternehmen in unserer Region reichten wir mit 80 Millionen Euro für etwa 250 Betriebe aus“, so Martin Eul.

Grundsätzlich, so erklärte er, habe das Kreditgeschäft immer einen Vorlauf. Kredite für die Errichtung großer Gewerbeimmobilien beispielsweise seien schon 2019 vereinbart worden und schlugen dann 2020 zu Buche. Zu zwei Dritteln habe es sich bei dem Kreditzuwachs um Kredite für gewerbliche Investitionen gehandelt.

Das andere Drittel ging vor allem an die wachsende Zahl privater Häuslebauer, die wegen des anhaltenden Niedrigzinses aus dem Mietwohnen raus ins Eigenheimwohnen gingen - oft mit einer Vollfinanzierung ohne Eigenkapital.

Volksbank kündigt Dividende von 2 Prozent an

Trotz des Wachstums müssen sich die Mitglieder der Volksbank auf eine geringere Dividende einstellen. Statt vier Prozent soll es nur zwei Prozent geben. Dazu sagt Martin Eul: „Unseren Mitgliedern werden wir mit Blick auf das dauerhafte Nullzins-Niveau eine Dividende von zwei Prozent vorschlagen. Hierzu haben wir ergänzend das Kontingent an Anteilen, die sie erwerben können, von fünf auf 50 pro Mitglied erhöht. Das entspricht 8.000 Euro. Damit soll unseren Mitgliedern die Möglichkeit gegeben werden, mehr als sonst am Erfolg der Bank teilzuhaben.“

Nachdem das Filialnetz mit 42 Anlaufstellen im Dortmunder Stadtgebiet 2020 unverändert blieb, will Martin Eul für die nächsten ein bis drei Jahre weitere Filialschließungen nicht ausschließen: „Durch Corona sind die Kunden noch stärker ins Online-Banking gegangen. Wir haben Kundenfrequenz-Messungen durchgeführt und warten auf die Ergebnisse.“

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