Die Nachricht erschütterte am Donnerstagabend (13.4.) Dortmunds Gastro-Szene: Spitzenkoch Phillip Schneider hat sein Sternerestaurant „Der Schneider“ in Wambel aufgegeben. In emotionalen Beiträgen in den sozialen Netzwerken verabschiedete er sich von seinen Gästen. Nachfragen nach dem „Warum“ blieben vorerst unbeantwortet.
Am Morgen nach der Bekanntgabe wirkt Schneider am Telefon aufgeräumt. Im Gespräch mit unserer Redaktion nimmt er kein Blatt vor den Mund, als er über die Gründe für das Aus spricht. „Ich musste irgendwann die Reißleine ziehen“, sagt er.
Seit Monaten habe er unter extremem Personalmangel gelitten. Die beiden Köche, mit denen Schneider die Sterneküche seines Restaurants schmiss, seien von anderen Betrieben abgeworben worden. Sie seien im Guten gegangen, das ist Schneider wichtig zu betonen. Die Angebote seien finanziell so gut gewesen, dass er ihnen selbst geraten habe, sie anzunehmen, sagt Schneider.
Doch die Suche nach Ersatz gestaltete sich schwierig: „Ich habe seit Oktober gesucht und niemanden gefunden.“ Und wenn es Kandidaten gab, konnte Schneider sie sich nicht leisten. „Die Gehalts-Ideen waren jenseits von Gut und Böse.“ Im Service sei die Lage sogar noch schlimmer gewesen.
Allein in der Küche
Am Ende, sagt Schneider, sei nur noch seine Restaurantleiterin da gewesen: „Ich stand zwei Monate allein in der Küche.“ Dazu kam noch der Betrieb des Vier-Sterne-Hotels „Ambiente“, in welches das Restaurant integriert ist und das Schneider in Personalunion leitete.
Die Folge: „Ich habe sechs Tage durchgearbeitet.“ Seinen freien Tag verbrachte Schneider zu großen Teilen auf der Autobahn, auf dem Weg nach Frankfurt und zurück, wo seine Familie mittlerweile lebt.

Zur enormen Arbeitsbelastung gesellten sich auch finanzielle Sorgen. Schneider spricht von Post-Corona-Krisenstimmung, die sein Geschäft belastet habe: Die Preise für die Lebensmittel seien explodiert, gleichzeitig merke man in der Spitzengastronomie auch eine gewisse Zurückhaltung bei den Gästen.
Alles zusammen führte letztendlich zum Aus für den „Schneider“. Die Entscheidung fiel dem 34-Jährigen schwer: „Das Restaurant war für mich alles. Es tut weh, es zu schließen.“
„Muss erstmal durchatmen“
Fürs Erste nimmt sich Schneider eine „kreative Pause“, wie er es nennt: „Ich muss erstmal durchatmen.“ Er hat ebenfalls die Leitung des Hotels abgegeben, zum 1. April lief der Pachtvertrag aus.
Wie es für Schneider weitergeht, weiß er noch nicht. „Ich bin da komplett offen.“ Ein neues Restaurant, andere Gastro-Konzepte, Engagements im Fernsehen - er könne sich alles vorstellen. Auch ein Wegzug aus Dortmund (etwas, was er in einer ersten Stellungnahme am Donnerstag noch verneint hatte) sei nicht ausgeschlossen.
Wie ernsthaft er einen Abschied aus seiner Heimatstadt in Erwägung zieht, zeigt folgende Episode: Es habe den Plan gegeben, sein Restaurant „Der Schneider“ nach Frankfurt umzuziehen, verrät er im Gespräch. Doch dann habe ein anderer Gastronom den Zuschlag für das von ihm favorisierte Ladenlokal in der Main-Metropole bekommen.
- Phillip Schneider übernahm 2016 das Restaurant am Gottesacker, nachdem sein Vorgänger, der damalige Sternekoch David Kikillus, völlig unerwartet hingeworfen hatte. Schneider hatte als Koch bei Kikillus gearbeitet.
- „Der Schneider“ sorgte schnell für Furore in der deutschen Gastro-Szene. 2017 wurde er vom Magazin „Der Feinschmecker“ als „Aufsteiger des Jahres“ ausgezeichnet. 2021 folgte der Ritterschlag, der Michelin-Stern, den sein Restaurant zweimal verteidigte, zuletzt im April 2023.
- Nach dem Aus für „Der Schneider“ gibt es nur noch zwei Sternerestaurants in Dortmund: Das „The Stage“ in Hombruch und das „Grammons“ in Brackel.
- Michelin-Sterne werden Restaurants verliehen, nicht Köchen. Den inoffiziellen Titel „Sternekoch“ verliert Schneider also mit der Schließung seines Restaurants.
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