Schon wieder eine Demonstration von Verdi? Haben die nicht neulich erst einen Abschluss bekommen? Wollen die noch mehr Gehalt?
Gegenüber ihren Kolleginnen hat sich die Frau am Straßenrand erst gewundert. Vom Rand der Strecke aus sieht sie den langen Demo-Zug durch die Dortmunder Innenstadt, an dem sich nach Angaben der Polizei rund 7000 Menschen beteiligten. Was wollten sie?
Noch genug Geld zum Tanken?
Silke Zimmer spricht Klartext: „Wie soll man mit 1300 Euro netto auskommen, vor allem in Städten wie Köln, Düsseldorf oder Dortmund?“ Wie solle man am Monatsende noch 80 Euro übrig haben für die Tankfüllung, um überhaupt zur Arbeit zu kommen?
Seit 2012 hätten sich die Gewinne im Einzelhandel verdoppelt. Jeder „von euch, der hier auf dem Platz steht, macht einen monatlichen Gewinn von 699 Euro.“ Dafür seien nicht „die Herren und Damen in den Glaspalästen“ verantwortlich und nicht „eure Deutschland-Chefs, sondern ihr“. Deshalb seien die Forderungen auch mehr als berechtigt, findet Zimmer, bei Verdi Leiterin des Landesfachbereichs und Verhandlungsführerin im Handel.

Forderung: mehr Stundenlohn
2,50 Euro mehr Stundenlohn fordere man, erklärt Sören Teiwes. Er arbeitet bei Saturn in Dortmund, ist extra zur Demo gekommen, obwohl er Urlaub hat. „Wir hoffen, dass ein deutliches Zeichen ausgeht“, unterstreicht er. In der Corona-Zeit hätten viele Kollegen in der ganzen Branche extrem viele Überstunden geleistet.
Mitarbeiter von Saturn, Karstadt, Primark und H&M waren ebenso beim Streik wie Angestellte von Ikea, Kaufland, Aldi, Lidl und Amazon. Die Auswirkungen sollten in Dortmund ebenso zu spüren sein wie in Schwerte, Werne, Werl und Kamen. „Es werden heute einige Kassen nicht besetzt sein“, schätzt Teiwes.
Nur bei Primark ein Hinweis
An den Eingängen der meisten betroffenen Läden in der Dortmunder City merkt man zunächst keine Einschränkungen. Lediglich bei Primark hängen Zettel: Es könne sein, dass es streikbedingte Engpässe gebe.
Kaufland indes untermauert am Freitag direkt per Pressemitteilung: „Die Filialen haben regulär geöffnet, die Kunden können wie gewohnt ihre Einkäufe tätigen.“ Natürlich aber „respektiere“ man die Teilnahme der Mitarbeiter an Streiks. Das sei ja eine „legitime Möglichkeit, Forderungen zum Ausdruck zu bringen“.

Kassen und Abteilungen leer
In Lebensmittelläden bleibe in solchen Fällen „gerne mal eine Frischetheke geschlossen“, überlegt Sören Teiwes. Bei Saturn, Karstadt oder H&M „könnten Kassen nicht besetzt sein, oder es bleibt eine Abteilung leer“.
Immerhin fehlten firmenübergreifend ja 700 Mitarbeiter an diesem Streiktag. Bei sonnigem Frühlingswetter ziehen sie über den Westenhellweg, durch die Brückstraße, an der Reinoldikirche vorbei und zwei Mal quer über den Wall.
„Die Stimmung ist eigentlich viel zu gut hier“, überlegt Teiwes, als hinter ihm ein paar Verdi-Kollegen lachen. „Wir haben ja etwas zu meckern.“ Bei vielen werde es tatsächlich eng im Portemonnaie.
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