Der Dortmunder Michael Dyllong darf sich seit 2013 Sternekoch nennen. Ab sofort gibt Dyllong alle 14 Tage Einblick in sein Leben. © Dieter Menne

Neue Kolumne „Dinner mit Dyllong“

Mein Weg zum Sternekoch: Absagen, Kurzzeit-Verträge - und ein kaputter Ofen

Er ist Dortmunds dienstältester Sternekoch - dabei ist Michael Dyllong gerade einmal 34 Jahre alt. In der ersten Folge seiner Kolumne „Dinner mit Dyllong“ erzählt er, wie er das geschafft hat.

von Michael Dyllong

Dortmund

, 10.03.2021 / Lesedauer: 4 min

Herzlich Willkommen zu meiner ersten Kolumne. Von nun an werde ich an dieser Stelle alle zwei Wochen Einblicke in mein Berufsleben geben. Gerne berichte ich hier über Themen, die mich und meine Branche bewegen: Aktuelles, Interessantes und Privates aus meiner Sternküche und meinen Restaurants.

Beginnen möchte ich mit einer Frage, die mir sehr oft gestellt wird: Wie „erkocht“ man sich einen Michelin-Stern?

Sterne-Kriterien sind ein gut gehütetes Geheimnis

Eindeutig beantworten kann ich sie leider nicht. Die Kriterien des Michelin-Führers sind ein sehr gut gehütetes Geheimnis. Eine Grundvoraussetzung ist aber sicherlich, dass man frisch, regional und saisonal kochen muss.

Darüber hinaus muss man hoffen, dass sich der Name seines Restaurants in der Branche herumspricht und Michelin so neugierig ist, dass sie einen Tester schicken. Der ist übrigens immer anonym und wechselt in jedem Jahr.

Die konkreten Gründe, warum ich 2013 und meine Kollegen vom Iuma, dem Schneider und dem Grammons jetzt gerade einen Stern bekommen haben, kann ich nur vermuten: Qualität, Originalität und Leidenschaft.

Doch meinen persönlichen Weg zum Stern kann ich gerne erzählen.

Zur PersonMichael Dyllong

Michael Dyllong © Stephan Schütze

Der Ur-Dortmunder (Jahrgang 1987) ist seit Jahren Dortmunds renommiertester Koch. Seit 2011 Küchenchef im „Palmgarden“ in der Spielbank Hohensyburg, erkochten er und sein Team sich 2013 einen Michelin-Stern.Mittlerweile zählt das Gastro-Portal „Restaurant-Ranglisten“ das „Palmgarden“ zu den 100 besten Restaurants Deutschlands.Darüber hinaus betreibt Dyllong mit seinem Geschäftspartner Ciro de Luca zwei weitere Edel-Restaurants in Kirchhörde, das Vida (seit 2015) und das Iuma (seit 2019). Letzteres bekam jüngst ebenfalls einen Michelin-SternDyllong wohnt mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern im Dortmunder Süden.

Bereits als kleiner Junge stand ich, wie viele von Ihnen auch, mit meinem Großvater in der heimischen Küche. Zusammen mit ihm kreierte ich die ersten Gerichte, wie sonntags den in der ganzen Familie beliebten Krustenbraten.

Dabei war eine kleine Marotte von mir, der Bratensauce eine gewisse Konsistenz zu geben. Sie durfte bloß nicht zu flüssig sein. „Eine Rennfahrersauce läuft nur vom Tellerrand hinunter“, sagte mein Großvater belustigt. Statt schnell wie ein Rennfahrer zu verschwinden, mussten meine Saucen am Essen haften bleiben.

Ein Kochbuch veränderte mein Leben

Aus dem kindlichen Hobby wurde im Laufe der Jahre mein Berufswunsch. Ich begann eine Ausbildung zum Koch in der Spielbank Hohensyburg, in der ich heute Küchendirektor bin. Im ersten Lehrjahr machte meine Schwester mir ein Geschenk, das mein Berufsleben ändern sollte. Es war ein Kochbuch des Drei-Sterne-Kochs Dieter Müller.

Michael Dyllong ist seit 2011 Küchenchef im Palmgarden in der Spielbank Hohensyburg. © Dieter Menne

Die Gerichte und künstlerischen Tellerbilder haben mich damals sofort gefesselt und mir eine neue Welt des Kochens gezeigt. Das war noch vor dem Siegeszug der Sozialen Netzwerke. Man konnte die Erfahrung, wie in Sterne-Restaurants gekocht wird, nicht online machen, sondern musste dort essen und versuchen, einen Blick in die Küche zu werfen.

Da war das Kochbuch für mich ein Augenöffner und meine Initialzündung. Die Gerichte darin konnte ich damals natürlich noch nicht nachkochen. Das wollte ich aber unbedingt lernen.

Am Anfang hagelte es Absagen der Top-Restaurants

Doch ganz so einfach wie gedacht war das nicht. Nach der Ausbildung bewarb ich mich bei allen Drei-Sterne-Restaurants in Deutschland – und bekam von allen eine Absage. Ich merkte: Ich muss bescheidener anfangen.

Drei Jahre lang arbeitete ich in Gourmet-Restaurants in NRW und Niedersachsen. Ich unterschrieb meistens nur Verträge für sechs Monate, um möglichst viel in möglichst kurzer Zeit zu lernen. Wichtig war mir dabei, dass die Restaurants gut besucht waren und die Küche immer ordentlich zu tun hatte – Übung macht schließlich den Meister.

Auf Mallorca lernte ich, Gerichte zu kreieren

Der Plan ging auf. Aus jedem Restaurant nahm ich besondere Erkenntnisse und Fähigkeiten mit: beispielsweise über Hummer, über Dessert und unterschiedliche Stilrichtungen für das Kochen.

Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zum Stern war meine Arbeit als stellvertretender Küchenchef auf Mallorca. Endlich durfte ich meine eigenen Gerichte kreieren. Da wusste ich: Das will ich immer machen.

Wo liegen das Messer, wo die Zutaten?

Doch vielleicht hätte ich das nicht so schnell geschafft, wenn ich nicht schon während meiner Ausbildung an Kochwettbewerben teilgenommen hätte, zum Beispiel als Mitglied der Jugendnationalmannschaft der Köche.

Dort lernst du, dich extrem gut zu organisieren, wie ein Uhrwerk zu funktionieren. Wo liegen das Messer, wo die Zutaten? Da geht es manchmal um Sekunden. Man wird komplett stressresistent.

Ein defekter Ofen im WM-Finale

Als ich mich als frischgebackener Küchenmeister für den Posten als Küchenchef bewarb, kam ein weiterer Wettbewerb gerade rechtzeitig: die Weltmeisterschaft der Jungköche mit dem Finale in Istanbul. Nur knapp nach den USA wurde ich Zweiter.

Dass mein Ofen eine Fehlfunktion hatte, war Pech, aber das Glück war schnell wieder auf meiner Seite. Der Vizeweltmeistertitel überzeugte die Spielbank, mir als erst 24-Jährigem ihre Küche anzuvertrauen. Zwei Jahre später „erkochten“ mein Team und ich uns zum ersten Mal einen Stern.

Heute bedeutet der Stern für mich die professionelle Anerkennung meiner Leistung und die des gesamten Teams. Mit jedem Menü versuchen wir, den Gast auf eine kulinarische Reise mitzunehmen und für eine neue Form des Genießens zu begeistern.

Zum Beispiel mit unseren einzigartigen schwarzen Parmesanschaum-Kieselsteinen. Auf diese Art hat der Gast italienischen Hartkäse noch nicht genießen können.

Die Parmesansteine sind eine Kreation von Michael Dyllong und seinem Team. © Sascha Perrone

Am Ende des Tages ist für mich der Kochberuf nicht nur ein Beruf, es ist bis heute meine große Leidenschaft. Eine Zusammensetzung aus Kochkunst und höchster Konzentration in der Küche. Eine Kombination, die vielen Respekts bedarf und ein gutes Team erfordert, um den erträumten Weg weitergehen zu können.

Vielleicht war es gerade dieses Zusammenspiel von Glück, Erfahrungen und Begegnungen, das in meinem Fall einen Stern regnen ließ.

Herzlichst

Ihr Michael Dyllong

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