Wenn es dunkel wird, verschwinden derzeit Dortmunds Wahrzeichen: Wegen der Energiekrise – ausgelöst durch die Sanktionen gegen Russland – werden seit Herbst 2022 die Fassaden von markanten Gebäuden in der Stadt nicht mehr beleuchtet. Theater, Florianturm, die Stadt- und Landesbibliothek – alles bleibt dunkel.
Doch eine Landmarke in der Dortmunder City erstrahlte bis in diese Woche hinein abends nach wie vor: die katholische Propsteikirche am Hansaplatz. Warum?
Eigentlich würde man denken, dass Adam-Johannes Ohsadnik das weiß. Ohsadnik ist der Küster der Propsteigemeinde und damit zuständig für alles rund um das Kirchengebäude. Doch als wir ihn am Dienstag telefonisch erreichen, ernten wir nur ein karges „Das weiß ich nicht“.
Das Tiefbauamt ist im Zusammenspiel mit DEW21 für die Außenbeleuchtung der Dortmunder Wahrzeichen zuständig. „Vor vielen Wochen“, erinnert sich Ohsadnik, sei ein Brief der Stadt gekommen. In dem Schreiben sei angekündigt worden, dass demnächst das Fassadenlicht abgeschaltet werde, aus Spargründen - wenn man etwas dagegen habe, solle man sich melden. Da die Gemeinde keinerlei Einwände hatte, habe man das nicht getan, so Ohsadnik.
Doch dann blieb das Licht einfach an. Bei der Stadt deswegen nachgehakt habe er nicht, sagt er im Gespräch: „Ich habe genug zu tun.“

Bei den evangelischen City-Kirchen wurde man hingegen aktiv. „Wir haben uns mit der Stadt in Verbindung gesetzt“, sagt Ilja Czech, der Küster von St. Reinoldi. „Irgendwann im August oder September“, so genau weiß das Czech das nicht mehr, sei er abends um die Reinoldikirche gegangen und habe gesehen, dass die Beleuchtung nach wie vor laufe.
„Das ist grundsätzlich falsch“, habe er damals gedacht, „wir haben ja eine gesellschaftliche Verantwortung“. Kurze Zeit später seien die Lichter an St. Reinoldi, St. Petri und St. Marien ausgegangen.

Dass die Propsteikirche immer noch bestrahlt werde, löst am Dienstag bei DEW21 Verwunderung aus. Man sei davon ausgegangen, dass man die Beleuchtung ausgestellt habe, sagt Ole Lünnemann, Sprecher des kommunalen Energieversorgers, am Mittwoch, nachdem er in der zuständigen Abteilung nachgefragt hat.
Nach dem Besuch des Technikers vor Ort kann Lünnemann am Donnerstag auch den Grund für die versehentliche Beleuchtung nennen. Normalerweise wird die Propsteikirche mit sieben Strahlern bestrahlt, in denen insgesamt 9 Leuchten verbaut seien. Wie man jetzt herausgefunden habe, wird eine dieser Leuchten über einen anderen Strom-Kreislauf als die restlichen versorgt - daher sei sie auch nach der Abschaltung der anderen weitergelaufen.
Zwei-Wochen-Verbrauch von einer Person
Die Menge an Strom, die dadurch verschwendet wurde, ist aber wahrscheinlich überschaubar. Nach Angaben von DEW21 verbraucht die normale Beleuchtung der Propsteikirche pro Nacht 2,4 Kilowattstunden Strom.
Geht man davon aus, dass eine der neun Leuchten ein halbes Jahr unnötig in Betrieb war, kommt man auf knapp 50 Kilowattstunden Stromverschwendung. Nach üblichen Modellrechnungen entspricht das dem Zwei-Wochen-Verbrauch eines durchschnittlichen Ein-Personen-Haushalts.
Doch auch mit dieser kleinen Stromverschwendung ist nun Schluss: Am Mittwochabend reihte sich auch die Propsteikirche ein in die Reihe der dunklen Dortmunder Wahrzeichen.
Vielleicht bleibt das Licht aber auch nur kurz aus: „Wie mit der Beleuchtung öffentlicher Gebäude nach Auslaufen der Energieeinsparverordnung des Bundes (15. April) verfahren wird, entscheidet der Krisenstab“, heißt es von der Stadt.
Verbot von Beleuchtung: Wie groß ist der Unterschied in Dortmund?
U-Turm, Florian und Co: Stadt Dortmund sagt, wo die Lichter ausgehen
Darf Riesentanne trotz Energiekrise leuchten? – OB macht Ansage