Kinder werden während der Corona-Pandemie selten gehört. Wir haben eine vierte Klasse besucht. © Brüder-Grimm-Schule

Schule und Corona

Dortmunder Kinder über die Pandemie: „Es wird nicht genug auf uns geachtet“

In der Pandemie wird viel über Kinder gesprochen, aber selten mit ihnen. Wir haben eine vierte Klasse in Dortmund besucht. Die Schüler machen sich Gedanken über den Tod - und Erwachsenen Vorwürfe.

Dortmund

, 19.02.2022 / Lesedauer: 4 min

Fünf Kinder sitzen in der Frühstückspause mit ihren Butterbrotdosen auf dem Boden der Fuchsklasse. Ansonsten wäre zwischen den Viertklässlern der Brüder-Grimm-Grundschule in Hombruch nicht genügend Abstand. Sie müssen ihn einhalten, weil sie in diesem Moment keine Masken tragen. Es ist eine der Maßnahmen, die in Schulen im Kampf gegen das Coronavirus gilt.

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Das Video des Kinderkanals, das die Kinder während der Pause schauen, stockt immer wieder. Was vielleicht so manchen Erwachsenen zur Weißglut treiben würde, nehmen die Kinder äußerlich so gelassen hin, wie die anderen Regeln, die in den Schulen gelten. Aber natürlich beschäftigen sie die Pandemie und ihre Regeln, das wird in einer Gesprächsrunde kurz danach deutlich.

Tod ist auf einmal auch Thema bei Kindern

Auf einmal ist das Thema Tod in den Alltag der Kinder gerückt. Worum sie sich sorgen? Dass ihre Eltern oder Großeltern sterben, sagen viele Kinder, aber sie sorgen sich auch um ihre eigene Gesundheit.

Sie habe immer im Hinterkopf, dass es Corona gibt, erzählt die 10-jährige Paulina. „Pass auf, sonst infizierst du dich auch noch“, hat sich dort bei eingepflanzt. „Es kann ja auch immer bei uns etwas passieren“, ergänzt Noah.

In unserer Glücksumfrage haben wir Eltern um ihre Einschätzung gebeten, worunter ihre Kinder in der Pandemie am meisten leiden. 68 Prozent von ihnen gaben an, dass ihre Kinder deutlich oder sehr deutlich unter weniger Kontakten leiden würden.

Dass die Angst vor einer eigenen Ansteckung ein belastendes Thema für ihre Kinder sei, glauben nur etwa 32 Prozent von ihnen. Der Ausfall von Unterricht hingegen und Homeschooling hätten ihre Kinder sehr beschäftigt, glauben viele Eltern.

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„Wir haben viel zu wenig auf die Stimmen der Kinder gehört“

Das sagt auch der 10-jährige Noah. Er habe das gemeinsame Lernen und die Freunde vermisst, aber er sieht auch etwas Gutes: „Man konnte auch mal ausschlafen.“

Dass wir die Eltern nach ihrem Befinden gefragt haben, hat praktische Gründe, denn sie erreichen wir mit unserer Online-Umfrage naturgemäß besser als Kinder. Aber es spiegelt auch wider, wie es so häufig in der Pandemie gelaufen ist.

Erwachsene sprechen über die Sorgen der Kinder, über das, was sie sich wünschen, über das, was Kinder brauchen. Selten werden sie direkt gefragt. „Ich finde, dass wir in den zwei Jahren der Pandemie viel zu wenig auf die Stimmen der Kinder gehört haben“, ist sich auch Prof. Dr. Dominik Schneider, Direktor der Dortmunder Kinderklinik, sicher.

Maskenpflicht im Unterricht - viele Kinder haben sich daran gewöhnt, aber sie stört sie auch. © Daniel Immel

Die Kinderklinik sei trotz der hohen Infektionszahlen bei Kindern zuletzt deutlich weniger belastet gewesen. Wegen der Schutzmaßnahmen in den Schulen blieben auch andere Erkrankungen aus. „Schulkinder sehen wir wegen einer Corona-Erkrankung Gottseidank sehr selten in der Kinderklinik“, sagt Schneider und merkt an: „Gerade die erste Phase der Pandemie und der sehr harte Lockdown mit Schließungen von Spielplätzen ist eine extreme Belastung für Kinder gewesen.“

Kinder hätten sich extrem solidarisch mit Erwachsenen verhalten. „Es wäre gut, wenn wir jetzt solidarisch mit den Kindern wären“, sagt Schneider.

„Es wird nicht genug auf die Kinder geachtet“

Ob die Erwachsenen das auch zurückzahlen und sich genug um die Erwachsenen kümmern? Die Kinder der Fuchsklasse sind sich da uneins. Sie verstehen wie Jonas, dass die Maßnahmen in den Schulen auch sie schützen sollen: „Es wird nicht genug, aber schon ein bisschen auf die Kinder geachtet. Es wurde ja darauf geachtet, dass die Schule so lange wie möglich aufbleiben kann.“

Frau Bollermann würde sich kümmern, stimmt ihm die 10-jährige Irmak zu, sie würde immer darauf achten, dass die Tür offen ist und sie Abstand halten.

Valeria (l.) vermisst es, in der Schule auch mal wieder ihre Freundinnen umarmen zu dürfen. © Daniel Immel

Aber die Schülerinnen und Schüler nehmen auch wahr, wie sich Erwachsene rücksichtlos verhalten. „Letztens stand im Einkaufsladen eine alte Frau hinter mir an der Kasse. Die hat gar keinen Abstand gehalten, Maske unter dem Kinn. Das fand ich sehr schlecht“, sagt Eliyas. Er ist zehn Jahre alt, auch ihn nervt wie viele Schüler die Maskenpflicht, trotzdem trägt er sie im Unterricht richtig.

Er versteht ihren Sinn und er versteht, dass die Kinder zu Beginn der Pandemie auf viel verzichtet haben, um ältere Menschen zu schützen. Eliyas Familie hat ihre Wurzeln in der Türkei. Ein Großteil lebe dort, sagt er. Zwei seiner Onkels seien an dem Virus gestorben. Er vermisst sie.

„Nicht mehr nur draußen mit Freunden spielen“

„In der Türkei tut man so, als gäbe es kein Corona“, sagt der 10-Jährige. Er versteht nicht, wie man so damit umgehen kann. Dass es auch in Deutschland Menschen gibt, die die Krankheit verharmlosen, macht ihn wütend. „Das ist Firlefanz“, sagt auch Paulina. „Es gibt Corona ja. Ich will nicht, dass sie andere Menschen infizieren, die dann sterben, nur weil sie glauben, es gibt Corona nicht.“

Es ist einer von vielen Wünschen, die die Kinder äußern: „Die Maskenpflicht und die Abstände sollen fallen, damit man sich endlich mal wieder umarmen kann.“ „Es ist kalt in den Klassen, es wäre schön, wenn wir endlich mal Luftfilter bekommen.“ „Ich will wieder einfach mit meinen Freunden spielen – und nicht immer nur draußen.“

Bei einem sind sich alle Kinder einig: „Corona soll endlich weggehen“, sagt Eliyas. „Auch wenn es natürlich nie mehr ganz weggehen wird. Aber dann soll es wenigstens harmloser werden.“

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