Ampullen der derzeit erhältlichen Corona-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und Astra Zeneca.

© dpa/SOPA Images

Dortmunder Immunologe: Beim Impfstoff gegen Corona nicht wählerisch sein

rnCorona-Pandemie

Bei den Impfstoffen gegen Corona muss man nicht wählerisch sein, sagt der Dortmunder Immunologe Prof. Carsten Watzl zur Diskussion um das Vakzin von Astra Zeneca. Er hat dazu eine gute Nachricht.

Dortmund

, 20.02.2021, 10:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Dortmunder Immunologe Prof. Dr. Carsten Watzl vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund ist derzeit ein bei den Medien sehr gefragter Mann, wenn es um die Impfstoff-Debatte geht.

Offensichtlich gibt es unter sonst durchaus Impfwilligen Vorbehalte gegenüber dem Impfstoff von Astra Zeneca, der für die 18- bis 64-Jährigen vorgesehen ist. Für Skepsis sorgen zum einen Schlagzeilen über Nebenwirkungen und zum anderen die geringere Wirksamkeit von durchschnittlich 70 Prozent gegenüber 95 Prozent bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna.

Prof. Watzl würde sich lieber heute als morgen mit dem Vakzin von Astra Zeneca impfen lassen und rät Impfwilligen angesichts der augenblicklichen Knappheit von Impfstoffen nicht wählerisch zu sein: „Nehmen Sie jeden Impfstoff, den Sie kriegen können.“

Keine schlimmeren Nebenwirkungen als andere Impfstoffe

Das Vakzin von Astra Zeneca habe keine schlimmeren Nebenwirkungen als die mRNA-Impfstoffe, sagt der Immunmediziner. Die sogenannten induzierten Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit hingen damit zusammen, dass der Impfstoff eine Immunreaktion auslöse und der Körper dann so reagiere, als ob er infiziert worden wäre. Watzl: „Das ist bei allen drei Impfstoffen sehr, sehr vergleichbar.“

Astra Zeneca sei deshalb ins Visier der Öffentlichkeit geraten, weil etwa in Pflegeheimen das gesamte Personal auf einmal geimpft worden sei. Wenn bei 30 Prozent die Nebenwirkungen dann etwas schlimmer ausfielen und die sich dann krankmeldeten, komme es zu solchen Schlagzeilen. Wie etwa bei den geimpften Feuerwehrleuten in Dortmund. „Das hat aber nichts damit zu tun, dass der Impfstoff von Astra Zeneca irgendwie schlechter wäre als die anderen Impfstoffe in Bezug auf die Nebenwirkungen.“

Zudem zeigten aktuelle Studien, so Watzl, dass auch Astra Zeneca auf eine Wirksamkeit von 80 Prozent kommt, wenn die beiden Dosen des Impfstoffs mit Abstand von zwölf Wochen gegeben werden. In Deutschland werde der Stoff aktuell mit einem Abstand von neun bis zwölf Wochen geimpft.

Immer wieder frei bei der Impfstoff-Wahl

Wer dennoch skeptisch bleibt, für den hat der Immunologe eine gute Nachricht. Wer geimpft ist, muss nicht befürchten, für immer auf den verwendeten Impfstoff festgelegt zu sein.

Watzl: „Man kann diesen Impfschutz immer wieder auch durch andere Präparate auffrischen. Wenn man einmal eine Impffolge mit einem Impfstoff durchgeführt hat, also beide Spritzen zum Beispiel von Astra Zeneca bekommen hat, und sich dann irgendwann herausstellen sollte, dass der Impfschutz bei einem dieser Hersteller schneller wieder abfällt, oder weil man im Herbst merkt, dass Mutanten unterwegs sind, gegen die keiner dieser Impfstoffe wirklich effektiv ist, und man nachimpfen muss, dann ist man wieder komplett frei bei der Wahl eines Impfstoffes.“

Auch andere Bedenken kann Prof. Watzl ausräumen. Es bestehe nicht die Gefahr, dass sich – anders als bei Medikamenten – am Ende zu viel Impfstoff im Körper befinden könnte. „Der Impfstoff wird zwar injiziert, aber er wird auch relativ schnell wieder abgebaut, weil das Immunsystem aktiv die Zellen bekämpft, die diesen Impfstoff in sich tragen.“

Grippeviren verändern sich mehr

Das wiederum bedeute, dass zwei, drei Wochen nach der Impfung nichts mehr von diesem Impfstoff im Körper vorhanden ist. Watzl: „Das Einzige, was dann noch vorhanden ist, sind die Immunzellen, die sogenannten Gedächtniszellen, die sich an diese Impfung erinnern und die dann den Immunschutz ausmachen.“ Diese Zellen ließen sich durch wiederholtes Impfen immer besser trainieren und vermehren.

Beim Grippe-Impfschutz zum Beispiel werde jedes Jahr nachgeimpft und auch da sammelten sich keine gefährlichen Stoffe im Körper an. „Immunologisch ist das überhaupt kein Problem.“

Man werde sich nicht wie bei einer Grippeschutzimpfung jährlich gegen Corona nachimpfen lassen müssen, meint Watzl; denn das Grippevirus könne sich viel mehr verändern als das Coronavirus. „Ich gehe davon aus, dass wir vielleicht irgendwann mal eine Nachimpfung brauchen, um auch gegen die neuesten Varianten einen Schutz zu haben.“

Impfschutz für mindestens mehrere Jahre

Der Immunologe rechnet damit, dass der Impfstoff, der aktuell injiziert wird, mindestens mehrere Jahre den Schutz aufrechterhält. „Ob man nach drei, fünf oder zehn Jahren nachimpfen muss, das muss man sehen, aber es ist sicherlich schon jetzt vorhersehbar, dass man den Impfschutz irgendwann wieder auffrischen muss. Ganz ähnlich wie bei der Tetanus-Impfung.“

Und noch eine Sorge kann er nehmen: In Deutschland ist bislang niemand an der Corona-Schutzimpfung gestorben, sagt der Wissenschaftler und verweist auf die Überwachung durch das Paul-Ehrlich-Institut in Langen. 113 Todesfälle seien dort im zeitlichen Verlauf nach einer Impfung gemeldet worden. „Die überwiegende Zahl war auf andere Grunderkrankungen zurückzuführen, weil wir ja im Moment die sehr alten Leute impfen.“

Bei zurzeit 50 Fällen sei die Todesursache noch nicht abschließend geklärt. Doch das sei kein Warnsignal, betont Watzl; denn nach der Statistik seien sogar 77 spontane Todesfälle ungeklärter Art in dieser Bevölkerungsgruppe zu erwarten gewesen.