Das Flugzeug ist in Dortmund gelandet, die Reise nach Bukarest vorbei, jetzt nur noch auf den Koffer warten und schnell nach Hause. So kennt man es, und so hatte es auch Dieter Jaeschke vor – bis sein Koffer mit Totalschaden auf dem Band angerollt kam. Schnell informiert er die Fluglinie, mit der er geflogen ist. Doch sein Weg zur – zu niedrigen – Schadensersatzzahlung wurde zur Odyssee.

„Ich halte das für völlig lebensfern, was man als geschädigter Passagier machen muss, um seine Ansprüche geltend zu machen“, sagt Jaeschke – und berichtet. Er habe zunächst den Schaden an seinem 85 Euro (Neupreis) teuren Koffer bei der Flughafeninfo registrieren müssen, nicht etwa bei der Airline. Als er das gemacht hat, hat er kurz darauf Wizzair kontaktiert. Klar ist schon da, es steht ihm Schadensersatz zu, das steht bei der Fluglinie selbst auf der Website. Nur wie kommt er nun nach Vorzeigen des Koffers an das Geld?
Gutachten aus der Koffer-Werkstatt
Jaeschke hat bei Wizzair nachgefragt: Es muss ein Gutachten her. Trotz der Begutachtung im Flughafen. „Dabei hat dort doch jeder gesehen, dass dieser Koffer zerstört ist.“ Also ging es zur Koffer-Werkstatt. Dass es so etwas heute überhaupt noch gibt, hat Jaeschke überrascht, doch glücklicherweise, sagt er, lebt er in Dortmund und hat deshalb ein geeignetes Geschäft in der Innenstadt gefunden, das neben allerlei anderer Gegenstände auch Koffer repariert.
„Es ist schon skandalös, so ein Gutachten überhaupt einzufordern“, sagt Jaeschke. Er sei überzeugt, eine solche Forderung diene nur dazu, Personen mit Schadensersatz-Anspruch dazu zu bringen, diesen nicht durchzusetzen. „Diejenigen, die mit Wizzair fliegen, sind oft Arbeiter aus osteuropäischen Ländern. Teilweise leben sie in Dörfern. Wie sollen die mal eben an so ein Gutachten kommen?“
Bezahlen musste das Gutachten Dieter Jaeschke selbst. Kostenpunkt 15,90 Euro. Eine Übernahme lehnte Wizzair laut E-Mail-Verkehr zwischen der Airline und Jaeschke, der der Redaktion vorliegt, direkt ab. Eine Übernahme des Gesamtschadens sagte das Unternehmen zu – dann passierte jedoch nichts. „Plötzlich stand der Vorgang im Beschwerdeportal als abgeschlossen.“ Das war am 4. April.
Wizzair gibt sich wortkarg
Erst als er den Fall Mitte April noch einmal eröffnete, gab es eine Zusicherung. Man würde 60 Euro übernehmen, das Gutachten aber explizit nicht, heißt es in einer weiteren Mail. Als Jaeschke den Bescheid bekam, dass das Geld angewiesen wurde, sind mehr als drei Wochen vergangen. Dabei, so sagt er, ist ihm klar, dass es sich hier nicht um eine große Summe handele. Es empöre Dieter Jaeschke jedoch, wie viel Aufwand er in die Sache stecken musste, obwohl die Schuldfrage so offensichtlich sei.
Aber ist sie für die Fluglinie ebenso offensichtlich? Auf Nachfrage teilt Wizzair der Redaktion nur einen Satz mit: „Wir möchten Ihnen mitteilen, dass wir den Betrag von 60 Euro für das beschädigte Gepäck aufgrund des beschädigten Koffers bezahlt haben.“ Das wissen wir bereits von Jaeschke, dem es aber eigentlich um den Prozess statt das Geld gehe, wie er sagt.
Wieso Wizzair ein Extra-Gutachten anfordert, dies nicht einmal bezahlt, geschweige denn wie das Unternehmen nun auf die 60 Euro kommt (wir erinnern uns: 85 Euro Neuwert des Koffers und 15,90 Euro Gutachten), wird nicht erklärt. Der Vorwurf, das Prozedere unnötig schwer zu machen: unbeantwortet.
Damit scheint die Sache abgeschlossen. Jaeschke wird nicht weiter für den Kleinbetrag kämpfen. „Darum ging es mir nicht“, sagt er. Unfair und lebensfern nennt er, was Menschen, denen ein Schaden passiert ist, auferlegt wird, um Kosten erstattet zu bekommen. Jaeschke wird sich nun einen neuen Koffer kaufen müssen – ob er für die 60 Euro einen bekommt, ist eine Frage für einen anderen Tag.
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