Die Bevölkerung wächst und Dortmund braucht dringend Wohnraum. Bis 2028 werden in der Stadt jährlich rund 2160 neue Wohnungen benötigt, um den Bedarf zu decken. Diese aktuelle Zahl hat kürzlich das renommierte Pestel-Institut errechnet. Denn die Entwicklung ist fatal. Während die Bevölkerung in Dortmund wächst – Oberbürgermeister Thomas Westphal rechnet mit einem Anstieg von 612.000 auf 650.000 Menschen –, schrumpft die Zahl der Wohnungen im bezahlbaren Sektor. In den nächsten zehn Jahren werden rund 10.000 Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung herausfallen. Zudem führen die erhöhten Baukosten dazu, dass die großen Wohnungsunternehmen nicht oder kaum neu bauen. Ihre Rücklagen benötigen sie dringend, um die staatlich vorgegeben Klimaziele im Gebäudesektor zu erfüllen.
Der Wohnungsmarkt ist heute bereits deutlich angespannt. Das zeigt die Entwicklung der Fluktuationsquote. Also der Anzahl an leerstehenden Wohnungen, die es ermöglicht, dass Menschen reibungslos neue Wohnungen finden können. „Die Fluktuationsquote liegt bei uns heute nicht mehr bei 10 Prozent, sondern bei 5 Prozent. Damit ist diese Quote so niedrig wie noch nie. Wer eine gute Wohnung hat, will da nicht raus“, sagt Franz-Bernd Große-Wilde, Vorstandsvorsitzender des Spar- und Bauvereins, mit 12.000 Wohnungen einer der großen Vermieter in Dortmund.
Die Probleme sind nicht neu. Deshalb benannte Thomas Westphal schon vor seiner Wahl mehrere Ziele, die er als Oberbürgermeister im Wohnungssektor erreichen möchte. Wir schauen, was Dortmund in Westphals Amtszeit davon bislang erreicht hat.

Ziel: 20.000 Wohnungen in 10 Jahren
In Dortmund wurde in den Jahren 2020 bis 2023 gebaut, was das Zeug hält. Insgesamt 5510 Wohnungen in drei Jahren. 2022 konnte mit 2121 neu fertiggestellten Wohnungen gar die höchste Fertigstellungszahl seit über zwanzig Jahren verzeichnet werden. 2023 waren es dann noch 1379. Die Stadt geht davon aus, dass Zinsniveau, erhöhte Baukosten und andere erschwerte Rahmenbedingungen auch weiterhin dazu führen werden, dass in Dortmund weniger Wohnungen gebaut werden.
Der Wohnraum soll für alle Bevölkerungsschichten entstehen. Besonders wichtig ist der Stadt aber der geförderte Wohnungsbau für Personen mit geringem Einkommen, da hier Mietpreisbindungen helfen. Eine Analyse zeigt zudem: Es fehlen günstige Wohnungen, vor allem für Singles und große Familien. Doch auch im gehobenen Segment braucht es Wohnraum, damit der Wohnungsmarkt insgesamt stabil bleibt, heißt es von der Stadt Dortmund.
Ergebnis: Rechnet man die 20.000 geplanten Wohnungen linear auf 10 Jahre, müssten in der Stadt von 2020 bis 2023 rund 8.000 Wohnungen entstanden sein. Die tatsächlichen 6889 Wohnungen entsprechen somit einer Zielerreichung von 86 Prozent.

Ziel: Kommunales Wohnbauprogramm
Eigene bezahlbare Wohnungen will die Stadt Dortmund mithilfe der Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) realisieren - und städtische Grundstücke selbst mit mietgünstigen Wohnungen bebauen. Die Stadttochter wurde 2022 gegründet und vermietet heute 319 Wohnungen, die bereits vor Gründung der DSG im Besitz der Stadt waren. Etwa die gleiche Anzahl der Wohnungen sollen entstehen, sobald beim Land NRW beantragte Fördermittel dazu bewilligt worden sind. Und daran krankt auch das Konzept der DSG: Die Gesellschaft wurde für den Wohnungsbau nicht mit Grundkapital ausgestattet, sondern ist ausschließlich von Fördermitteln abhängig. Erst wenn diese fließen, kann auch gebaut werden. Heißt: Seit Gründung vor knapp drei Jahren konnte die DSG nicht eine einzige Wohnung bauen.
Ergebnis: Mit Gründung der DSG wurde der Grundstein für das Wohnungsbauprogramm gelegt. Jetzt muss es Schwung aufnehmen, damit auch kommunaler Wohnungsbau auf das 20.000er-Ziel einzahlen kann. Unsere Redaktion bewertet die Zielerreichung derzeit mit 10 Prozent.
Ziel: Bauland schneller baureif machen
Auf Nachfrage führen Oberbürgermeister und SPD in einer gemeinsamen Bewertung des Ziels an, Dortmund habe sich als Modellregion für Bürokratieabbau beworben. Auch, um Baugenehmigungen schneller erteilen zu können. Die Frage, wie lange es durchschnittlich zwischen Antrag und Genehmigung von Bauanträgen dauert, beantwortet die Stadt mit vier bis sechs Monaten für ein vereinfachtes und mit sieben Monaten für ein vollumfängliches Genehmigungsverfahren. Die Stadt verweist darauf, dass sich die Genehmigungen durch unvollständig eingereichte Unterlagen verzögern könnten und wichtige äußere Rahmenbedingungen nicht beeinflussbar seien.
Nachfragen bei Bauunternehmen und dem großen Eigentümerverband zeichnen ein etwas anderes Bild: „Nach unserer Erfahrung dauert die Erteilung einer Baugenehmigung in Dortmund eher ein bis anderthalb Jahre. Definitiv viel zu lange“, sagt etwa Haus- und Grund-Geschäftsführer Thomas Bach. Und Franz-Bernd Große-Wilde, Vorstand beim Spar- und Bauverein, sagt: „Jedenfalls hat sich die Geschwindigkeit bei den Baugenehmigungen in den vergangenen Jahren nicht erkennbar verändert.“ Auf die Frage, ab wann das Projekt „Bürokratie-Abbau“ startet, sagt der OB: „Was es kostet und wie lange es dauert, ist noch nicht klar. Wir laufen jetzt los und das ist das Entscheidende.“
Ergebnis: Dass Bauland in Dortmund schneller baureif wird, ist derzeit nicht zu erkennen. Aber die Bewerbung als Modellregion zeigt, dass die Stadt sich hier bewegen möchte. Und: Bauanträge können seit April in Dortmund digital gestellt, bearbeitet und genehmigt werden. Antragsteller können jederzeit den aktuellen Stand im Verfahren abrufen. Ob das auch eine Beschleunigung für die Genehmigung von Bauanträgen mit sich bringt, muss sich zeigen. Wir bewerten die Zielerreichung mit 10 Prozent.
Ziel: Vernetzung der Wohnungsbaugesellschaften
Die Arbeitsgemeinschaft der Wohnungsbaugesellschaften gibt es bereits seit 23 Jahren. Mit Runden Tischen, Stammtischen und regelmäßigem Austausch auf Arbeitsebene. Dieser Austausch sei in den vergangenen fünf Jahren weder intensiver noch weniger geworden, sagt AG-Chef Bernd-Franz Große-Wilde. Aber es gebe seit 2020 einen vom Oberbürgermeister angebotenen Lenkungskreis, der in unregelmäßigen Abständen stattfinde und der eher informierenden Charakter habe. Aus verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften heißt es, der Austausch zum Wohnungsmarkt sei mit Westphals Vorgänger Ullrich Sierau deutlich intensiver und produktiver gewesen - auch, weil er als langjähriger Planungsdezernent entsprechende Fachexpertise besessen habe.
Ergebnis: Die Vernetzung der Wohnungsbaugesellschaften ist wichtig für den Wohnungsmarkt. In der Amtszeit von OB Westphal gibt es aber offenbar keine Entwicklung - Zielerreichung deshalb 0 Prozent.

Ziel: Erschwingliche Mieten
Westphals ausgegebene Initiativen und Ziele für den Dortmunder Wohnungsmarkt sollen dazu führen, dass die Mieten niedrig gehalten werden können. In seiner bisherigen Amtszeit sind die Mieten insgesamt allerdings nicht gesunken. Laut dem neuesten Wohnungsmarktbericht ist die durchschnittliche Angebotsmiete für Neubauwohnungen in Dortmund in den vergangenen fünf Jahren um 11 Prozent gestiegen. 2019 kostete die Miete für den Quadratmeter durchschnittlich 10,89 Euro, derzeit sind es 12,13 Euro für eine neue Wohnung. Die Angebotsmiete für Bestandshäuser ist noch deutlicher gestiegen - von 7,25 Euro auf 8,59 Euro im selben Zeitraum - also um knapp 18 Prozent.
Und der Mieterverein Dortmund und Umgebung sieht mittelfristig auch keine Entspannung. Geschäftsführer Tobias Scholz sagt, dafür brauche es dringend die Erhöhung des kommunalen Wohnungsbestandes. „Neben dem Neubau von Wohnungen bietet sich auch der Ankauf zu angemessenen Preisen an. Kommunale Vorkaufsrechte können hier Chancen bieten.“
Ergebnis: Oberbürgermeister und SPD betonen zwar, die Dortmunder Mieten lägen trotz gestiegener Bodenpreise und Baukosten noch immer deutlich unter dem Bundesschnitt - dennoch sind die Mieten höher gestiegen als die Löhne. Das ausgegebene Ziel wurde demnach nicht erreicht - 0 Prozent.
Ziel: Stabile Grundsteuer
Bislang hat der Oberbürgermeister Wort gehalten. In seiner Amtszeit wurde die Grundsteuer B, also die jährliche Grundbesitzabgabe für Haus- und Grundstückseigentümer, nicht angehoben. Der Hebesatz liegt nach wie vor bei 610. Dagegen haben etwa ein Viertel aller Städte in Nordrhein-Westfalen allein in den letzten zwei Jahren die Grundsteuer teils deutlich angehoben.
Nun warten Dortmunds Hauseigentümer gespannt auf die Entscheidung des Stadtrats, der im Rahmen der vom Verfassungsgericht angestoßenen Grundsteuerreform über den Umgang mit dem Hebesatz entscheiden wird. Klar ist: Die Reform soll nicht zu Mehreinnahmen durch die Grundsteuer führen, sondern die Gerechtigkeit herstellen und gewachsene Unwuchten beseitigen. Denn bislang werden vergleichbare Grundstücke teils unterschiedlich besteuert. Gleichwohl müssen einige Hauseigentümer mit deutlich höheren Grundsteuerbescheiden rechnen, was zu viel Unmut in der Bevölkerung führen dürfte.
Ergebnis: Nach derzeitigem Stand wurde das Versprechen zu 100 Prozent eingehalten.
Und hier geht es zur ganzen Serie „Westphals Ziele“.