24 Ausbildungsplätze, über 260 Bewerber und darunter nur 10 aussichtsreiche Kandidaten: Dortmund sucht händeringend mehr fähige Interessenten für die Notfallsanitäter-Ausbildung.

Dortmund

, 09.10.2018, 18:11 Uhr / Lesedauer: 3 min

Sie müssen Adrenalin und Kortison spritzen können, um ein Leben zu retten, und überbrücken die Zeit, bis der Notarzt eintrifft: speziell ausgebildete Notfallsanitäter sind wichtige Akteure im Rettungsdienst. Doch für die Lebensretter von Morgen fehlt ausreichend Personal. Das Notfallsanitäter-Gesetz schreibt deutschen Städten vor, dass sie die Lebensretter intensiv ausbilden müssen.

Für Nordrhein-Westfalen bedeutet das: Ab 2027 dürfen die Kommunen nur noch Notfallsanitäter einsetzen, wenn bei Unfällen oder medizinischen Notfällen die Patienten professionell zu versorgen sind. In weniger als zehn Jahren muss die Dortmunder Feuerwehr über 320 ausgebildete Fachkräfte verfügen. Ihr Problem: Für die dreijährige Notfallsanitäter-Ausbildung fehlen qualifizierte Bewerber.

Nur 10 von 266 Bewerbern hatten das deutsche Sportabzeichen

„Ich hätte nie gedacht, dass auch wir den Fachkräftemangel so sehr zu spüren bekommen“, sagt der Leiter der Berufsfachschule für den Dortmunder Rettungsdienst, Markus Sulk. Doch dann schellte am Montagmorgen in seinem Büro das Telefon. Das Personalamt war am Draht. Anders als bei den Bewerbungen für den ersten Ausbildungsjahrgang in dem neuen Beruf ist der Andrang für das Einstellungsjahr 2019 nicht mehr so groß.

Markus Sulk leitet die Berufsfachschule für den Rettungsdienst in Dortmund.

Markus Sulk leitet die Berufsfachschule für den Rettungsdienst in Dortmund. © Peter Bandermann

„Nur 10 von 266 Bewerbern konnten das deutsche Sportabzeichen und das Schwimmabzeichen nachweisen“ - zwei wichtige Hürden im Bewerberverfahren, denn die Auszubildenden müssen sportlich belastbar sein.

24 Ausbildungsplätze

Damit hat die Schule bis zum 31. Oktober 2018 das Problem, die volle Lehrgangsstärke zu erreichen. Pro Jahrgang unterrichtet die Schule 24 Absolventen. Am 23. Oktober 2018 lädt die Dortmunder Feuerwehr deshalb um 11 Uhr zu einem Informationstag in das Ausbildungszentrum an der Seilerstraße 15 in Lindenhorst ein, um potenzielle Bewerber über den Notfallsanitäter-Beruf zu informieren.

In diesem Video gibt Ausbilder Fabian Frenzel einen Einblick in die Ausbildung - es geht um die Rettung eines Kinder aus einem verunglückten Pkw:

Notfallsanitäter beherrschen die Grundlagen der Notfallmedizin und müssen einen Patienten verantwortlich versorgen können. „Da wird umfangreiches Wissen abverlangt. Wir vermitteln Krankheitslehre und Diagnostik auch für im Straßenverkehr verunglückte Patienten. Notfallsanitäter dürfen 20 Notfallmedikamente verabreichen, darunter auch Adrenalin, Kortison und Schmerzmittel“, berichtet die 38-jährige Anästhesistin Inga Kluge.

Die Ärztin ist zugleich Notfallmedizinerin, die mit dem Rettungshubschrauber „Christoph 8“ unterwegs ist und ihr Wissen an der Notfallsanitäter-Schule als Ausbilderin weitergibt.

Beruf mit großer Verantwortung

Wie die Notärztin müssen die Notfallsanitäter ein Leben retten oder Folgeschäden verhindern können. Inga Kluge: „eine enorm große Verantwortung.“

Für diese Verantwortung sucht die Dortmunder Feuerwehr nun händeringend Schulabgänger oder junge Berufstätige, die sich für den Notfallsanitäter-Beruf interessieren. Voraussetzungen sind:

  • Engagement
  • sportliche Belastbarkeit
  • Zuverlässigkeit
  • Allgemeinbildung
  • Verantwortungsgefühl
  • die ausgeprägte Bereitschaft, Menschen zu helfen
  • naturwissenschaftliches Interesse

Anästhesistin, Notfall-Medizinerin und mit dem Rettungshubschrauber unterwegs: Inga Kluge ist eine in der Praxis erfahrene Ausbilderin an der Berufsfachsschule für den Rettungsdienst.

Anästhesistin, Notfall-Medizinerin und mit dem Rettungshubschrauber unterwegs: Inga Kluge ist eine in der Praxis erfahrene Ausbilderin an der Berufsfachsschule für den Rettungsdienst. © Peter Bandermann

„Wir vermitteln unfassbar viele Informationen“, sagt Inga Kluge, die seit fast 20 Jahren im Rettungsdienst arbeitet, und sie verweist auf ungewöhnliche Arbeitszeiten. Notfallsanitäter arbeiten im Schichtdienst 48 Stunden pro Woche durch. Also auch nachts, an Wochenenden und an Feiertagen.

Die Gegenleistung: „Nie vorher zu wissen, was in der nächsten Sekunde passieren kann. Wenn der Melder oder der Gong geht: Von der Bagatelle bis zum schweren Unfall oder einer schweren Erkrankung ist alles möglich. Jeder Einsatz ist anders und ist neu zu bewerten“, erklärt die Ärztin.

So bezahlt die Stadt Dortmund die Notfallsanitäter-Ausbildung:

  • im 1. Ausbildungsjahr 1040 Euro
  • im 2. Ausbildungsjahr 1102 Euro
  • im 3. Ausbildungsjahr 1203 Euro

Theorie, Praktika in Kliniken, Ausbildungs-Abschnitte auf den Feuerwachen, praktische Prüfungen und Klausuren bereiten auf das Staatsexamen am Ende des 3. Ausbildungsjahres vor. Anschließend beginnt die 12 Monate dauernde Brandmeister-Ausbildung. In dieser Zeit erhalten die Auszubildenden 2000 Euro. Notfallsanitäter- und Brandmeister-Ausbildung sind eine Kombi-Ausbildung. In der Praxis erfahrene Ausbilder, die selbst noch aktiv im Dienst sind, bilden die Schülerinnen und Schüler aus.

Ausbildung in einem Simulationszentrum

Für die Ausbildung hat die Berufsfachschule im Ausbildungszentrum der Dortmunder Feuerwehr in Lindenhorst ein Simulationszentrum aufgebaut: In einer nachgebauten Wohnung können die Ausbilder im Alltag übliche Szenarien nachstellen und den Einsatz der Auszubildenden mit einer Videoanlage beobachten.

Sie können den Kreislauf von Simulations-Figuren steuern und die Simulatoren sprechen oder Geräusche absondern lassen. Sie wollen so nah wie möglich an die Realität herangehen.

Marc Giesler (links) und Felix Knäpper an einem Simulatur, der in einer nachgebauten Wohnung liegt. In diesem Simulationszentrum können die Ausbilder die Simulations-Figuren steuern und sogar einen Herzstillstand nachstellen.

Marc Giesler (links) und Felix Knäpper an einem Simulatur, der in einer nachgebauten Wohnung liegt. In diesem Simulationszentrum können die Ausbilder die Simulations-Figuren steuern und sogar einen Herzstillstand nachstellen. © Peter Bandermann

„Was gibt es Schöneres?“

Warum ausgerechnet dieser Beruf? „Was gibt es Schöneres, als einen Menschen zu retten?“, fragt Marcel Giesler zurück, „auch wenn ein Problem noch so groß ist: Du musst das Beste daraus machen.“ Für seinen Kollegen Felix Knäpper ist der Job „das Vielfältigste, was man beruflich machen kann.“

Jan-Frederic Clemm rät Schülerinnen und Schülern: „Wer einen verantwortungsvollen und abwechslungsreichen Beruf ausüben möchte: Der Notfallsanitäter-Beruf ist der richtige.“

  • Der Bedarf an Notfallsanitätern wird in den nächsten Jahren weiter steigen. Denn die Zahl der Rettungsdienst-Einsätze steigt pro Jahr um 8 bis 10 Prozent.
  • Ausgebildete Notfallsanitäter übernimmt die Stadt Dortmund in das Beamten-Verhältnis.
  • Bewerber müssen mindestens über einen Hauptschulabschluss verfügen oder eine zweijährige Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben.
  • Die Bewerbungsfrist für das Einstellungsjahr 2019 endet am 31. Oktober 2018. Bewerbungen ausschließlich online.