Annemarie Dahlmann möchte die Preise für Brötchen in der Bäckerei Dahlmann im Dortmunder Norden nicht erhöhen.

© Julian Preuß

Steigende Preise: Kostet ein Brötchen bald 1 Euro?

rnEinkaufen

Viele Dinge sind zuletzt teurer geworden - auch Getreide. Zu spüren ist das beispielsweise an steigenden Brötchenpreisen. Dortmunder Bäcker bekommen das schon länger zu spüren.

Dortmund

, 21.10.2021, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Auch am späten Mittag kommen Menschen in die Bäckerei Dahlmann an der Mallinckrodtstraße in Dortmund. Ein Kunde nimmt mehrere Tabletts mit Kuchen und geschmierten Brötchen entgegen. Bäckerei-Chefin Annemarie Dahlmann reicht sie über die Ladentheke und zählt im Gegenzug das Geld.

34 Cent für ein Brötchen - 2,95 Euro für zehn Stück

Derzeit kosten Brötchen bei ihr 34 Cent pro Stück. Ein Schild weist auf einen Sonderpreis hin: zehn Stück für 2,95 Euro. Eigentlich müsste Dahlmann mehr verlangen. Zumindest, wenn der Verkauf wirtschaftlich sein und so die Produktionskosten decken soll. Denn die sind in den letzten Wochen und Monaten enorm gestiegen.

Mitte Oktober teilte das Statistische Bundesamt mit, dass der Getreidepreis im August 34,4 Prozent über dem Vorjahresniveau lag. Viele Bäckereien haben deshalb die Preise erhöht.

Jetzt lesen

Jürgen Hinkelmann, stellvertretender Ober meister der Bäcker-Innung und Geschäftsführer von Bäckermeister Grobe, veranschlagt 38 Cent pro Brötchen. Mehr als 30 Filialen gehören zu dem Unternehmen auf dem Dortmunder Stadtgebiet. „In diesem Jahr ist der Preis um einen Cent gestiegen. Es werden weitere Anpassungen kommen“, sagt er.

Annemarie Dahlmann: „Ein realistischer Preis wären 45 Cent.“

Annemarie Dahlmann kann und möchte die gestiegenen Rohstoffkosten aufgrund des Filialstandortes im Dortmunder Norden nicht an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. „Ein realistischer Preis wären 45 Cent“, sagt sie jedoch und ergänzt: „Normalerweise müsste jeder Betrieb im Bäckerhandwerk diese Summe verlangen.“

Jetzt lesen

Diese setze sich, vereinfacht gesagt, aus den Bereichen Arbeitszeit, Zutaten und Energie zusammen, erklärt Jürgen Hinkelmann. Mit rund 45 Prozent würden die Personalkosten in seinem Betrieb den größten Faktor darstellen. Annemarie Dahlmann führt zudem die Mietpreise für die Ladenlokale als Grund für Preissteigerungen an. „Früher gab es feste Mieten. Heute werden bei uns stattdessen 15 Prozent des Umsatzes verlangt“, sagt sie.

Annemarie Dahlmann reicht einem Kunden eine Tüte mit geschmierten Brötchen hinüber. Die müsste sie eigentlich inzwischen teurer verkaufen.

Annemarie Dahlmann reicht einem Kunden eine Tüte mit geschmierten Brötchen hinüber. Die müsste sie eigentlich inzwischen teurer verkaufen. © Julian Preuß

Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Mike Vorwerk. Sein Vater Thomas Vorwerk betreibt in Dortmund fünf Filialen. Auch bei der Bäckerei Vorwerk bezahlen Kundinnen und Kunden mittlerweile 38 Cent für ein Brötchen. Er geht davon aus, dass die Preiserhöhung bei den Rohstoffen und der Energie noch immer als Folge der Corona-Pandemie zu betrachten ist.

Dazu passt die Aussage von Jürgen Hinkelmann: „Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, die ich in dieser Form noch nicht erlebt habe.“ Der stellvertretende Obermeister sieht die derzeitige Situation als „nationales, wenn nicht sogar internationales Problem.“

„Es wird niemand einen Euro für ein Brötchen verlangen.“

Annemarie Dahlmann, Jürgen Hinkelmann und Mike Vorwerk gehen davon aus, dass die Brötchenpreise künftig weiter leicht steigen werden. Ein Gerücht, das sich derzeit im Internet verbreitet, streiten sie allerdings unabhängig voneinander ab. „Es wird niemand einen Euro für ein Brötchen verlangen. Das ist eine Erfindung“, sagt Dahlmann. „Das wird es in naher Zukunft nicht geben“, so Hinkelmann. „Ein Euro ist unrealistisch“, sagt auch Vorwerk.

Jetzt lesen

Es könnte allerdings Ausnahmen geben, bei denen dieser Preis trotzdem möglich ist. Zu diesen Ausnahmen zählt Hinkelmann beispielsweise Körnerbrötchen. „Beispielsweise sind Chiasamen derzeit kaum erhältlich. Ähnliches könnte im Winter mit Sonnenblumenkernen passieren“, sagt er. Die Lieferschwierigkeiten seien dann ausschlaggebend für den Preis.

Für den Brotladen Bekömmlich an der Schillingstraße 30 sind Brötchenpreise jenseits der Ein-Euro-Marke schon jetzt nichts Ungewöhnliches. „Wir fangen bei etwa 1,30 Euro an“, erklärt Inhaberin Lena Prinz. Sie verweist auf die glutenfreien Produkte, die es in ihrem Laden zu kaufen gibt.

„Wir verwenden keinen Weizen, Roggen oder Dinkel, sondern beispielsweise Buchweizen. Dafür sind die Rohstoffpreise deutlich teurer“, fügt sie hinzu. Da sie ein Nischengeschäft betreibe und ihre Kundinnen und Kunden sich oft glutenfrei ernähren müssten, hätten diese viel Verständnis.

Trend geht weg von Discount-Bäckereien

Mike Vorwerk hat ebenfalls beobachtet, dass sich das Bewusstsein der Menschen hinsichtlich ihrer Ernährung verändert hat. „Die Menschen möchten wissen, was in den Produkten steckt. Und das erfahren sie am besten bei Bäckereien, die richtiges Handwerk betreiben“, sagt er. Deshalb gehe der Trend weg von den Bäckerei-Discountern, hin zu den Handwerksbetrieben. „Und wenn das so bleibt, brauchen wir uns in der nahen Zukunft keine Sorgen machen“, so Vorwerk.

Jetzt lesen

Deshalb wehrt sich auch Jürgen Hinkelmann stark dagegen, die derzeitige Situation als Brötchenkrise zu bezeichnen: „Dieser Begriff ist falsch. Eine Krise würde es geben, wenn gar nicht mehr gebacken werden könnte. Das ist definitiv nicht der Fall.“

Darum wird auch Annemarie Dahlmann ihren Kundinnen und Kunden im Dortmunder Norden weiterhin die gefüllten Brötchentüten über die Theke reichen - und das trotz gestiegener Getreide- und Energiepreise sowie hoher Mieten.