Die Stadt Dortmund kommt schon lange nicht mehr mit ihrem Geld aus. Jahr für Jahr gibt sie mehr Geld aus, als sie einnimmt. Für das jetzt zu Ende gehende Jahr sahen die Planungen vor, 185,5 Millionen Euro an neuen Krediten aufzunehmen.
Damit würde der Berg an städtischen Verbindlichkeiten am Silvestertag auf 3,5 Milliarden Euro anwachsen. Das ist fast so viel, wie die Stadt an Gesamtausgaben für das laufende Jahr 2024 insgesamt kalkuliert hat (3,6 Milliarden Euro). Das heißt: Ein komplettes Jahr auf Pump finanziert.
Und in den nächsten beiden Jahren dürfte es nicht besser werden, wie sich anhand des gerade erst beschlossenen Doppelhaushalts für die Jahre 2025 und 2026 ablesen lässt. Bis Ende 2026 werden die Schulden und andere Verbindlichkeiten der Stadt laut Plan auf 4,3 Milliarden anwachsen. In den nächsten beiden Jahren zusammen sollen nämlich rund 445 Millionen neue Kredite aufgenommen werden.
Jeder Privathaushalt, jede Firma würde in einer solchen Situation einen strengen Sparkurs fahren. Ein besonders großes Einsparpotenzial liegt in Behörden wie in Wirtschaftsbetrieben – und das ist wahrlich keine neue Erkenntnis – bei den Personalkosten. Wir haben uns daher die Personalentwicklung bei der Stadt Dortmund in den vergangenen fünf Jahren genauer angeschaut.
20 Prozent mehr Stellen in fünf Jahren
Für das kommende Jahr 2025 weist der Stellenplan der Stadt Dortmund 3.091,32 Stellen für Beamte und 5.226,31 Stellen für Angestellte und Arbeiter, insgesamt also 8.317,63 Stellen aus. Beschäftige hat die Stadt deutlich mehr, inzwischen um die 11.000, von denen aber zahlreiche Männer und Frauen keine volle Stelle haben, sondern in Teilzeit arbeiten. Das führt dazu, dass die Zahl der „Köpfe“ deutlich höher ist als die Zahl der Stellen.
2019, im Jahr vor der letzten Kommunalwahl, wies die Stadt Dortmund insgesamt 6.930,13 Stellen aus (2.610,17 für Beamte und 4.319,96 für Angestellte und Arbeiter). Das heißt: Insgesamt ist die Zahl der Stellen bei der Stadt Dortmund um 1.387,5 Stellen gestiegen. Ein Zuwachs von 20 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Die Personalkosten stiegen in dieser Zeit um 173 Millionen Euro.
Mit der Zahl der Stellen sind selbstverständlich auch die Personalkosten der Stadtverwaltung in die Höhe geschossen. Lagen diese im Jahr 2019 bei 474,4 Millionen Euro, verschlingen die Personalkosten im Jahr 2025 laut Haushaltsplan 647,6 Millionen Euro. Das bedeutet einen Zuwachs um 173,2 Millionen Euro oder um 36,5 Prozent, denn natürlich schlagen neben den zusätzlichen Stellen auch die Lohn- und Gehaltserhöhungen für alle zu Buche.
Nur damit man sich eine Vorstellung davon machen kann, was dieser Stellenzuwachs und die explodierenden Personalkosten für Dortmund bedeuten: Die in fünf Jahren um 173,2 Millionen Euro gestiegenen Personalkosten, das ist deutlich mehr Geld als die Stadt Dortmund insgesamt laut Haushaltsplan 2024 in Hochbauprojekte wie den Bau von Schulen, Sport-/Turn- und Gymnastikhallen sowie Kindertageseinrichtungen investieren wollte. Das waren nämlich nur 162,3 Millionen Euro, fast elf Millionen Euro weniger.
So rechtfertigt die Stadt den Zuwachs
Wir haben die Stadtverwaltung gefragt, wie sie diesen enormen Zuwachs an neuen Posten rechtfertigt. In ihrer Antwort führt Katrin Pinetzki für die Pressestelle der Stadtverwaltung sehr allgemein eine steigende Einwohnerzahl, gesetzliche Änderungen und politische Entscheidungen an. Daher brauche es „mehr Personal, um die Kernaufgaben wahrzunehmen“.
Erst auf Nachfrage erläutert Christian Stein für die Pressestelle der Stadtverwaltung dann, dass in den vergangenen Jahren „viele ,geringfügige‘ Bedarfe für diverse Aufgabenbereiche ... in Form von Planstellen“ abgedeckt worden seien. In einem größeren Umfang habe es zusätzliche Stellen in acht Bereichen gegeben:
- Ordnungsdienst und Kontrollen des ruhenden Verkehrs plus 71,28 Stellen
- Erzieherische Hilfen: 35,46 Stellen
- Intensivierung städtebaulicher Aktivitäten im Planungs- und Bauamt: 51,6 Stellen
- Digitalisierungsoffensive im Dortmunder Systemhaus: 135,58 Stellen
- Feuerwehr: 169,67 Stellen
- Schulhausmeister: 15 Stellen
- Gesundheitsamt: 40,22 Stellen
- Abwicklung Bauprojekte in der Städtischen Immobilienwirtschaft: 57,81 Stellen.
Für diese „größeren Projekte“ wurden insgesamt 576,62 zusätzliche Planstellen geschaffen.
Auf die Fragen, warum denn bei neuen Aufgaben immer neue Stellen geschaffen werden müssten, warum nicht zunächst versucht werde, die Aufgaben anders zu verteilen, nicht mehr benötigte Stellen und Aufgaben zu streichen, reagiert die Stadt leicht gereizt: „Selbstverständlich sind die beschlossenen Stellenmehrbedarfe für jedes Haushaltsjahr kritisch diskutiert und begründet worden“, heißt es da.
An anderer Stelle schreibt die Pressestelle: „Das oberste Ziel der Stadt Dortmund ist, wirtschaftlich und effizient als Kommune zu agieren.“ Arbeitsprozesse würden regelmäßig „betrachtet und optimiert“. Es sei immer das Bestreben der Stadt, Arbeitsabläufe zu haben, die „zeit-, kosten- und qualitätsoptimal“ seien und einen „möglichst geringen Ressourceneinsatz“ erforderten.
Dazu gehöre auch, dass bei Planstellen, die vakant seien und nicht mehr benötigt würden, geprüft werde, ob diese nicht anders als für die ursprünglich vorgesehenen Aufgaben genutzt werden könnten. Wenn das nicht der Fall sei, würden sie auch gestrichen, erläutert die Stadt.
Zwischen 2019 und 2025 seien auf diese Weise „über 47“ Stellen eingespart worden. Zur Erinnerung und zum Vergleich: In dieser Zeit ist die Zahl der Stellen insgesamt um 1.387,5 gestiegen – und da sind die 47 Stellen schon abgezogen.

Der Bund der Steuerzahler ist wenig begeistert von der Dortmunder Stellenexplosion. „Der enorme Stellenaufbau muss aus Sicht des Bundes der Steuerzahler grundsätzlich kritisch hinterfragt werden“, schreibt Joscha Slowik, Referent für Haushalts- und Finanzpolitik beim Bund der Steuerzahler NRW, auf unsere Anfrage. „Es stimmt, dass den Kommunen in den letzten Jahren vielerlei zusätzliche Aufgaben durch den Bund und die Länder aufgetragen wurden, etwa im Sozial- und Jugendbereich. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, ist natürlich eine passende Personalausstattung notwendig, insbesondere um den Unterhaltungsstau an der kommunalen Infrastruktur abarbeiten zu können“, schreibt Slowik.
Aber er schreibt auch: „Allerdings sollten zuallererst Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die zu einer Personalbedarfsreduzierung in der klassischen Verwaltung führen. Dazu müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent genutzt und strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um insgesamt überhaupt weniger Verwaltungspersonal zu benötigen. Vor allem vor dem Hintergrund des demographischen Wandels darf es auch nicht zu einem Zerren um Personal zwischen Kommunen unter sich sowie zwischen öffentlichen und privaten Arbeitgebern kommen.“
Insgesamt ist der Stellenplan in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. In einer kleinen Serie beleuchten wir in den nächsten Tagen drei beispielhafte Themen, die zumindest kritische Nachfragen zum Umgang der Stadt mit neuen Stellen und dem Geld ihrer Bürgerinnen und Bürger geradezu provozieren:
- 200 neue Stellen pro Jahr als Dauer-Wachstum
- „Geschenkte“ Stellen und was es mit dem Geschenk auf sich hat.
- Wer profitiert am meisten vom Stellen-Boom – Bürger oder Rathaus?
Als Abschluss der Serie werden wir die Stellen-Entwicklung bei der Stadt Dortmund in einem Kommentar einordnen.
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