Noch gilt hier Tempo 50, doch 2025 ist auch die Lindemannstraße dran. Dann sollen hier neue Schilder stehen – so wie an fast allen großen Einfallstraßen in Richtung Dortmunder Innenstadt.
Auf der Ruhrallee, auf Teilen der Saarland- und Kreuzstraße darf man schon jetzt maximal 30 km/h fahren. Der Plan der Stadt: Im Sommer 2023 gilt das bereits für die gesamte südliche Achse Wittekindstraße-Vinckeplatz-Kreuzstraße-Saarlandstraße bis zur Märkischen Straße im Südosten.
Spätestens anderthalb Jahre später soll die Verkehrsregel auch auf der Rheinischen Straße zwischen Dorstfelder Brücke und Wall gelten sowie auf der Verbindung von Rheinischer und B1: auf Möller- und Lindemannstraße. Auch direkt vor dem Laden von Ute Kersting.
„Tempolimits vernünftig“
Seit fast 40 Jahren betreibt sie hier ihren Blumenladen – und sie hat eine klare Meinung: „Tempo 30 löst das Problem doch nicht.“ Das sei viel zu klein, viel zu kurz gedacht.
„Generell finde ich Tempolimits vernünftig“, sagt die 61-Jährige. Zumindest wenn das zu weniger Lärm führe, zu weniger Belastung der Anwohner. Aber ob das hier der Fall sei?
Laut, wenn es einspurig wird
Weite Teile der Lindemann- und Möllerstraße seien zweispurig, dann wieder einspurig. Die Folge, die die Blumenhändlerin und Vorsitzende der Aktions- und Interessengemeinschaft (AIG) Kreuzviertel täglich beobachtet: Auf der linken Spur wird schnell Gas gegeben, um an der nächsten Ampel noch nach rechts ziehen zu können.
„Da beschleunigen die dann auf 60 oder 70“ – und das wäre bei erlaubten 30 km/h doch genauso, meint Kersting. Das sei stadteinwärts direkt vor ihrem Geschäft an der Ecke Kreuzstraße der Fall, stadtauswärts sogar mehrfach: an der Beurhausstraße, dann vor der Möllerbrücke und schließlich am Neuen Graben.
Lastwagen sorgen für Lärm
Eben dort, wo entweder Linksabbieger den Verkehrsfluss stocken lassen oder wo es komplett einspurig wird. Außerdem denkt Kersting an die Lastwagen. Wenn die abbremsen müssten, sei die Ausgangsgeschwindigkeit nicht das Entscheidende. Das quietsche doch immer.
Und solange der Schwerlastverkehr von Thyssenkrupp Rothe Erde wegen der Brückenschwäche an der Lange Straße den Weg über Kreuzstraße und Lindemannstraße zur B1 nehmen müsse, gebe es dort ohnehin keine Entlastung – Tempolimit hin oder her. Am Allerwichtigsten sei aber noch etwas anderes.

„Alle kommen mit dem Auto“
„Alle meine Mitarbeiter kommen mit dem Auto“, unterstreicht Kersting. Ebenso wie sehr viele Bewohner im Kreuz- und Klinikviertel eben beruflich auf ihre Autos angewiesen seien. „Der Nahverkehr ist einfach keine Alternative.“
Wie komme man denn in Dortmund gut von A nach B, wenn A und B nicht zufällig an den Haupt-Bahnstrecken liegen? „Und dann muss ich noch 20 oder 30 Minuten auf die nächste Bahn oder den Bus warten.“
Anders als in Metropolen
Und mehr: „Ich war gerade in Paris. Da komme ich für rund 2 Euro von einem Ende der Stadt zum anderen.“ In Lissabon hätten Straßenbahnen und Busse eigene Spuren oder zumindest Vorfahrt und eine enge Taktung. „In Berlin komme ich auch ohne Auto klar.“
In Dortmund, im ganzen Ruhrgebiet aber sehe das anders aus: Mit dem Kurzstrecken-Ticket für 2 Euro komme sie von der Kreuzstraße bis zu den Städtischen Kliniken oder bis zur Saarlandstraße. Spätestens an den Stadtgrenzen gebe es die nächste Tarifwabe.
Was ist mit dem Lastverkehr?
Doch selbst bei optimalem ÖPNV könne nicht jeder auf das eigene Fahrzeug verzichten, weiß Kersting. Zumal nicht als Unternehmer: In der dichten Kreuzviertel-Bebauung könne sie mitunter nur in zweiter Reihe parken oder auf dem Bürgersteig, wenn sie das Firmenfahrzeug mit schweren Waren belade.
Ein klimatechnisch sinnvoller Umstieg auf Elektromobilität? Theoretisch gerne, sagt Kersting, „aber wo sind denn die Ladestationen, die ich tagsüber hier in der Nähe nutzen kann und die nicht blockiert sind?“
In diesen Dimensionen müsse man eine Lösung für den innerstädtischen Verkehr der Zukunft denken. Tempo 30 – das reiche bei weitem nicht aus.
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