Stadt benennt Straße in Hörde um „Hier herrscht das Chaos“

Stadt benennt Straße in Hörde um: „Hier herrscht das Chaos“
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Am vergangenen Mittwoch (21.6.) wundert sich Versicherungsfachmann Michael Heidel über Klopfgeräusche vor dem Büro seiner Axa-Niederlassung an der Hermannstraße 97. „Die klapperten an dem Laternenpfahl herum, da habe ich mal nachgeschaut. Und war sprachlos.“

Denn die Mitarbeiter der Stadt waren damit beschäftigt, die Straßenschilder auszutauschen. Die Hermannstraße, an der das Büro von Heidel liegt, heißt seitdem „Hörder Phoenixseeallee“. Und Heidel versteht die Welt nicht mehr. „Offenbar bin ich umgezogen. Nur dass ich nichts davon wusste. Nicht mal Kartons musste ich für den Umzug packen“, sagt er und lacht.

Dabei schwingt eine Portion Galgenhumor mit. Denn Heidel findet es nicht lustig, dass er als Anlieger nicht vorab schriftlich über die Namensänderung informiert wurde. Und er ist nicht der Einzige. „Wenn ich auf der Straße herumlaufe und spreche die Leute darauf an, sagen die meisten ganz überrascht: ,Hä, wie? Ich wohn doch in der Hermannstraße.‘ Über so eine Änderung muss man doch die Leute vernünftig und vor allem schriftlich informieren.“

Auf seine telefonische Nachfrage bei der Stadt habe ihm eine Mitarbeiterin gesagt, es habe schließlich im vergangenen Jahr eine Bürgerversammlung zur Namensänderung gegeben. Außerdem seien mehrere Presseberichte zu dem Thema veröffentlicht worden. Auch unsere Redaktion hatte mehrfach über eine Namensänderung berichtet.

Aber die Antwort vonseiten der Stadt reicht Heidel nicht aus. „Es gibt sicher viele Leute, die nicht bei dieser Bürgerversammlung waren. Die haben jetzt Pech gehabt. Und in den Berichten stand auch nie, wann konkret die Straße umbenannt werden soll. Da ging es ja erst mal nur um den Namen.“

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Neue Visitenkarten müssen her – und zwar flott. Denn die Axa-Niederlassung von Michael Heidel hat jetzt eine neue Adresse. © Martina Niehaus

Kommt die Post?

Dass die Straße jetzt umbenannt wurde, hat für ihn Konsequenzen: „Meine Visitenkarten kann ich jetzt in die Tonne kloppen, da steht noch die alte Adresse drauf. Das kostet natürlich auch was, die alle neu drucken zu lassen.“ Außerdem müsse er sämtliche Geschäftskunden schleunigst über die neue Adresse informieren. Andere Anwohner müssten ihre Personalausweise ändern lassen und ihre Autos ummelden bzw. die Adresse im Fahrzeugschein ändern lassen.

Was den 54-Jährigen außerdem stört: „In Navigationsgeräten oder bei Google Maps ist die neue Adresse noch gar nicht vorhanden. Also findet mich auch niemand. Das Navi führt mich direkt in den Phoenixsee, wenn ich es ausprobiere. Ich wüsste schon ganz gern, ab wann man unsere Niederlassung dort finden kann.“

Und ob die Post mit dem neuen Straßennamen zukünftig klarkommt, bezweifelt er. „Die Mitarbeiterin von der Stadt hat mir gesagt, dass die Anlieger auch zukünftig nicht schriftlich informiert werden sollen. Doch genau das kann ich erwarten.“

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Der neue Name ist ganz schön lang – und sorgt bei manchen Anliegern der neuen Allee für großen Unmut. © Martina Niehaus

„Ein Riesenchaos“

Für die Steuerberater-Kanzlei „Radloff Janz und Partner“ an der Hausnummer 141 ist der Aufwand ebenfalls enorm – auch hier ist man sauer darüber, nicht vorab informiert worden zu sein. Steuerberater Dennis Janz sagt: „Das ist hier ein Riesenchaos. Visitenkarten, Werbematerial – das kann ich jetzt alles komplett eindampfen.“

Die Eintragungen ins Partnerschaftsregister, das Rundschreiben an alle Mandanten, die Änderung der Fahrzeugdaten von 30 Dienstwagen, die Änderung der Schriftzüge auf Fensterscheiben und großformatigen Bildern, die in der Kanzlei an den Wänden hängen – all das kostet viel Geld. „Wir müssen hier Tausende Euro investieren, und das wäre vermeidbar gewesen.“

Denn die Kanzlei sei erst im vergangenen August an die Hermannstraße gezogen – zu diesem Zeitpunkt sei die Änderung des Straßennamens bereits Thema bei der Stadt gewesen. „Hätten wir das gewusst, hätten wir uns besser darauf vorbereiten können.“ Außerdem nervt Dennis Janz, dass man die Kanzlei an der neuen Adresse nicht googeln kann. „Wir sind im Navi völlig unauffindbar.“

Die frisch gedruckten Visitenkarten kann Dennis Janz jetzt wegwerfen. "Die Umbenennung kostet uns tausende Euro."
Die frisch gedruckten Visitenkarten kann Dennis Janz jetzt wegwerfen. „Die Umbenennung kostet uns Tausende Euro.“ © Martina Niehaus

Unauffindbar zu sein – das wäre auch schlecht für Mohammed Yaylagöl. Der 29-Jährige hat vor Kurzem an der Hermannstraße 130 einen neuen Imbiss eröffnet, das Antep Kebaphaus. Viele Leute werden ihre Gerichte dort abholen wollen. Auf Anfrage ist der Inhaber erstaunt über die neue Adresse, fängt sich aber schnell. „Ich wollte gerade 5000 Flyer ausdrucken lassen, da rufe ich besser mal schnell den Kollegen an und ändere die Adresse.“

Auf den Hinweis, dass die neue Adresse möglicherweise von der Kundschaft nicht online gefunden werden kann, reagiert Yaylagöl pragmatisch-praktisch. „Dann pack ich eben beide Adressen rein, da bin ich auf der sicheren Seite.“

Vielleicht sollte die Stadtverwaltung darüber nachdenken, die Straße noch einmal umzubenennen. In „Hörder Hermannstraßen-Phoenixseeallee“.

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Die Anzeige ist nagelneu, die Adresse ist leider veraltet: Steuerberater Dennis Janz sagt: „Das ist doch chaotisch.“ © Martina Niehaus

Die Stadt Dortmund gibt Versäumnisse bei der Umbenennung zu und entschuldigt sich in aller Form bei den Anliegern und Geschäftsleuten. „Wir bedauern, dass die Information der Umbenennung nicht bei allen Anliegern und Anliegerinnen angekommen ist. Und es tut uns leid, dass dies bei einigen zu Verdruss und zusätzlichem Aufwand führt“, sagt Stadtsprecher Christian Schön.

In der Tat seien Anliegerinnen und Anlieger nicht gesondert informiert worden, nachdem der entsprechende Beschluss des Rates vom 23. März dieses Jahres in Kraft getreten sei und nunmehr die neuen Straßenschilder aufgestellt wurden, so Schön. „In Zukunft wird das Tiefbauamt auf eine Informationsweitergabe an die betroffenen Anwohner achten – entweder mit einem allgemeinen Flyer, der per Hauseinwurf verteilt wird, oder in Form von persönlichen Anschreiben.“

Die Stadt entschuldige sich noch einmal dafür, dass in diesem Fall lediglich Behörden und Dritte, wie beispielsweise das Finanzamt, das Amtsgericht, Versorgungsunternehmen und Navigationsanbieter unmittelbar über die Umbenennung informiert worden seien.

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