Der Andrang am Drogenkonsumraum am Grafenhof ist groß - nicht selten sogar zu groß. Ein Alternativstandort ist allerdings noch nicht in Sicht. Man habe über 100 Standorte rund um den Wall geprüft und sondiere nun weiter, berichtete Oberbürgermeister Thomas Westphal am Dienstag (8.10.). Einen Zeitplan für einen vom Rat der Stadt im Grundsatz beschlossenen neuen Standort und bis zu zwei kleinere Drogenkonsumorte gebe es allerdings noch nicht.
Fest steht für Westphal allerdings: „Der Drogenkonsumraum kann am jetzigen Standort nicht bleiben. Wir brauchen einen neuen Standort“, bekräftigte der OB. Gemeinsam mit Polizeipräsident Gregor Lange zog er am Dienstag Bilanz zu dem vor einem Jahr gemeinsam eingerichteten Sonderstab City.
Beide räumten dabei ein, dass sich „die Situation im Umfeld des Drogenkonsumraums zugespitzt“ habe. Dies sei nicht zuletzt auch auf den verstärkten Kontrolldruck an anderen Stellen in der Innenstadt etwa im Bereich Stadtgarten oder Klinikviertel zurückzuführen, erklärte Lange. Drogenkonsumenten würden gezielt an den Drogenkonsumraum verwiesen. Der aber kann den Andrang kaum noch bewältigen. „Der Drogenkonsumraum hat seine Kapazitätsgrenze überschritten. Er ist nicht mehr in der Lage, das Potenzial aufzunehmen“, räumte Lange ein.
Grünfläche für Drogenszene
Die Stadt will auf die Tatsache, dass sich ein Teil des Drogenkonsums vor allem von Crack-Süchtigen in die umliegenden Straßen und an den oberen Westenhellweg verlagert hat, aber nun kurzfristig reagieren. Ein verwildertes Grundstück an der Ecke Martinstraße/Grafenhof, auf dem eigentlich ein neues Wohnhaus entstehen soll, wurde von der Stadt angemietet und wird nun als Aufenthaltsbereich für die Szene hergerichtet. Das eingerichtete Umfeldmanagement soll die Betreuung übernehmen.

Es handele sich bewusst um einen Versuch, teilt die Stadt mit. Sollte der Versuch erfolgreich sein und die Belastung des Umfelds sinken, könnte die Brachfläche maximal bis zum möglichen Umzug des Konsumraums genutzt werden. „Bleibt der Erfolg aus, wird der Versuch kurzfristig abgebrochen.“
Bilanz nach einem Jahr
Generell zogen Stadtspitze und Polizei am Dienstag eine positive Bilanz zur Arbeit des gemeinsamen Sonderstabs, der vor genau einem Jahr im September 2023 eingerichtet worden war und einmal wöchentlich tagt, um die Maßnahmen rund um das Thema Sicherheit und Ordnung in der City miteinander abzustimmen. Dabei geht es auch um den Umgang mit Obdachlosen und die Verschönerung von Straßen und Plätzen.
Breiten Raum nimmt aber vor allem das Thema „Suchthilfe und Prävention“ ein. Mit den Problemen mit der Drogenszene sei Dortmund nicht allein, stellte Gregor Lange dazu fest und verwies auf Schlagzeilen aus anderen NRW-Städten wie Bielefeld, Essen, Köln und Münster. „Wir haben hier in Dortmund keine Sonderstellung, was die Ausgangslage angeht, aber eine Sonderstellung im Umgang mit dem Problem“, stellte Lange mit Verweis auf den Sonderstab fest.
Und der wird seine Arbeit fortsetzen. „Das Problem lässt sich nicht auf Knopfdruck lösen“, sagte der Polizeipräsident. Zudem könne die Polizei nur Beiträge im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten leisten. Dabei gehe es in erster Linie um Kriminalitätsbekämpfung. „Uns interessiert der Dealer stärker als der Konsument“, nannte Gregor Lange ein Beispiel. Deshalb sei von Anfang an klar gewesen, dass der Beitrag der Polizei nicht das Gesamtproblem lösen könne.
Starke Polizeipräsenz
Aber die Polizei sei so stark in der City präsent wie noch nie zuvor, auch mit zivilen und verdeckt arbeitenden den Kräften, betonte Lange. Binnen eines Jahres seien so über 26.000 Personalstunden von der Polizei geleistet worden. In dieser Zeit seien 1234 Strafanzeigen gefertigt und 174 Haftbefehle vollstreckt worden. Dazu kommen 129 vorläufige Festnahmen. Zudem habe man Einsatzkonzepte verschärft - etwa mit dem Mittel der „strategischen Fahndung“, die Kontrollen erleichtert, und dem Messer-Trageverbot für Mehrfachtäter.
Langes Fazit: „Wir sind auf dem richtigen Weg.“ Die Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt, aber müssten auch immer wieder nachgesteuert werden.
Das gilt auch für den städtischen Part des Sondereinsatzes unter anderem mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ordnungsamtes im „Kommunalen Ordnungsdienst“ (KOD). Bis zum 22. September dieses Jahres seien vom KOD 4484 Taten im Zusammenhang mit Drogenkonsum ermittelt worden. In 1712 Fällen sei man gegen aggressives Betteln eingeschritten, in 1907 Fällen gegen nicht erlaubtes Lagern und Campieren auf Straßen und Plätzen, heißt es in der Bilanz der Stadt.
Nachtcafé für Obdachlose
Den Kontrolldruck will man dabei aber auch durch Hilfsangebote ergänzen. So erarbeitete die Arbeitsgruppe „Campieren reduzieren“ ein Konzept für zusätzliche dezentrale Übernachtungsangebote für Obdachlose und ein Nachtcafé, mit dem man eine Anlaufstelle mit Sanitäranlagen für obdachlose Suchtkranke in den Nachtstunden schaffen wolle. Wo dies eingerichtet wird, ist allerdings noch ebenso offen wie der künftige Standort des Drogenkonsumraums.
„Niemand leugnet die Probleme“: Diskussion um Drogenkonsumraum in Dortmund geht weiter