Dieses Bier wird nur für einen Abend gebraut Die besonderen Traditionen des Reinoldimahls

Dieses Bier wird nur für einen Abend gebraut: Die Traditionen des Reinoldimahls
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Goldbraun fließt das Bier ins Glas. Es ist ein besonderer, ein exquisiter Genuss. Denn dieses Bier wird nur für einen Abend im Jahr gebraut. Das Reinoldi-Bier ist nirgends zu kaufen, denn es gehört zu den besonderen Traditionen, die zum Reinoldimahl gepflegt werden.

„Das Reinoldibier ist dunkler eingebraut, hat 12,5 Prozent Stammwürze, 5,4 Prozent Alkoholgehalt und einen dezenten Bittergeschmack“, erklärt Martin Neuhaus. Er muss es wissen. Er ist seit 43 Jahren „Braumeister mit Leidenschaft“ und braut in Hövels Hausbrauerei seit vielen Jahren die ganz besondere Bierspezialität. Genau 2000 Liter. „Wir wollen ja genug für alle haben“, sagt Neuhaus. „Alle“ sind in diesem Fall die Gäste des Reinoldimahls, das alljährlich am ersten Freitag im Mai stattfindet.

In Hövels Hausbrauerei produziert Braumeister Martin Neuhaus besondere Bierspezialitäten wie das Reinoldibier.
In Hövels Hausbrauerei produziert Braumeister Martin Neuhaus besondere Bierspezialitäten wie das Reinoldibier. © Oliver Volmerich

Das Mahl erinnert an die mittelalterliche Tradition und die große Zeit Dortmunds als freie Reichs- und Hansestadt. So wie die Reinoldigilde selbst. Benannt nach dem Heiligen Reinoldus als Stadtpatron war sie im Mittelalter die älteste, bedeutendste und einflussreichste Vereinigung Dortmunder Bürger. Sie repräsentierte den sogenannten Erbsassenstand, der die städtische Führungsschicht mit Grundbesitz bildete.

Bedeutende Kaufmannsfamilien, die den mittelalterlichen Ruhm und Reichtum der Stadt begründeten, gehörten der Gilde an, die anfangs auch alle Ratsmitglieder stellte. Erst nach und nach erkämpften sich auch die Vertreter des Handwerks in Dortmund politisches Mitspracherecht. Schließlich ging die Reinoldigilde in der Junkergesellschaft auf, einer anderen Bürgervereinigung.

Stadtpatron Reinoldus ist Namensgeber der Reinoldigilde, deren Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht.
Stadtpatron Reinoldus ist Namensgeber der Reinoldigilde, deren Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. © Stephan Schütze

Aber ihre besondere Rolle und Bedeutung ist nicht in Vergessenheit geraten. Und sie kann noch immer als Vorbild für Bürgersinn gelten. Im August 1988 kamen deshalb 18 engagierte Dortmunder - vor allem Vertreter des Handwerks - zusammen, um die Reinoldigilde in neuer Form wieder zu begründen.

Heute gehören 350 Mitglieder, seit 2009 auch Frauen, der Gilde an. Jahr für Jahr werden neue Gildner nach einem festen Ritual neu berufen. Ziel ist, möglichst viele Berufsgruppen zu repräsentieren. Und die Gildnerinnen und Gildner verpflichten sich, bürgerliches Engagement zu zeigen. Dazu gehört, dass die Reinoldigilde Spenden („Collationen“ genannt) sammelt, um besondere Vorhaben zu finanzieren - zuletzt etwa trug sie maßgeblich zur Sanierung der Reinoldikirche bei.

Und die Gilde pflegt ganz besondere Rituale und Traditionen, wie eine eigene Sprache. Der Vorstand, der alle drei Jahre gewählt wird, wird „Meisterrunde“ genannt, die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder sind die „Alderleute“, die 14 Beisitzer die „Jungerleute“. An der Spitze steht der „Obermeister“, der von einem „Sprechenden Dreimann“ und zwei weiteren „Dreimännern“ vertreten wird. Dazu kommen der „Kämmerer“ und der „Richtemann“.

In der Bürgerhalle des Rathauses findet das Reinoldimahl traditionell statt.
In der Bürgerhalle des Rathauses findet das Reinoldimahl traditionell statt. © Stephan Schütze (A)

Höhepunkt des jährlichen Veranstaltungsreigens der Reinoldigilde ist das Reinoldimahl am ersten Freitag im Mai jeden Jahres. Dazu kommen Gildner und geladene Gäste traditionell in der Bürgerhalle des Rathauses zusammen. Nur während der Sanierung des Rathauses, die Anfang des Jahres abgeschlossen wurde, musste man in den Goldsaal der Westfalenhallen ausweichen. An diesem Freitag (3.5.) geht es zurück in die Bürgerhalle. Und dabei gelten wieder eine ganze Menge besonderer Riten und Regeln.

Die Kleiderordnung

Für die Herren ist das Tragen eines Smokings verpflichtend, generell gilt das Gebot festlicher Kleidung.

Das Reinoldimahl im Rathaus ist ein besonders festliches Ereignis.
Das Reinoldimahl im Rathaus ist ein besonders festliches Ereignis. © Stephan Schütze

Der Ablauf

Einlass ins Rathaus ist stets um 17 Uhr, kurz vor 18 Uhr wird mit 4 + 2 Gongschlägen der offizielle Beginn des Reinoldimahls eingeläutet. Die Türen des Rathauses werden dann geschlossen. Der Gong erinnert an die Signale zur Bergbauseilfahrt. Die Gäste versammeln sich erst einmal stehend an den festlich gedeckten Tischen und dürfen dann nach weiteren 4 + 2 Gongschlägen durch den Hauptsponsor Platz nehmen.

An jedem Tisch gibt es einen Tischgildner, der die Aufgabe hat, die Tischnachbarn miteinander bekannt zu machen und die Gespräche zu moderieren. Während des Reinoldimahls aufzustehen und sich mit Teilnehmern anderer Tische zu unterhalten, ist nicht erlaubt. Auch die „Kellner“ dürfen übrigens Platz nehmen - denn so heißen die Rechnungsprüfer der Gilde.

Gegen 22 Uhr beendet der Obermeister mit wiederum 4 + 2 Gongschlägen den offiziellen Teil der Veranstaltung. Danach gibt es dann unabhängig von der Tischordnung auf der Empore des Rathauses noch Gelegenheit, in lockerer Runde miteinander ins Gespräch zu kommen, bei leckerem Reinoldibier.

Richtemann Christoph Schubert mit dem Gong, mit dem Anfang und Ende des Reinoldimahls markiert werden.
Richtemann Christoph Schubert mit dem Gong, mit dem Anfang und Ende des Reinoldimahls markiert werden. © Stephan Schütze

Das Programm

Zwischen den Gängen des Festmahls gibt es mehrere Reden, angefangen von der Begrüßung durch den Obermeister und das Grußwort des Oberbürgermeisters. Neben einem thematischen Vortrag eines Gildners steht der Festvortrag eines prominenten Ehrengastes im Mittelpunkt. Die Reihe der prominenten Redner reicht von seiner kaiserlichen Hoheit Dr. Otto von Habsburg über seine Heiligkeit den 14. Dalai Lama bis zum aktuellen Bundespräsidenten Dr. Frank-Walter Steinmeier. In diesem Jahr ist es der frühere Ministerpräsident des Saarlands und Ex-Bundesverfassungsrichter Peter Müller.

Der aktuelle Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war 2012 als Redner beim Reinoldimahl zu Gast.
Der aktuelle Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war 2012 als Redner beim Reinoldimahl zu Gast. © Dieter Menne (A)

Die Bewirtung

Für das Reinoldimahl gibt es eine feste, an historischen Vorbildern orientierte Speisenfolge, bei der „Düörpm’scher Piäpper Potthast“ im Mittelpunkt steht. Serviert werden Schwarzbrot mit Griebenschmalz, Rindfleischbrühe mit Kräutern, Pfefferpotthast mit Salzkartoffeln und saurer Beilage, Bratapfel mit Vanillesauce. Dazu gehört seit 1990 das eigens für den Abend gebraute Reinoldibier. „Und das kommt immer gut an“, freut sich Braumeister Martin Neuhaus.

Das Reinoldibier kommt auch beim geselligen Ausklang auf der Empore des Rathauses zu besonderen Ehren.
Das Reinoldibier kommt auch beim geselligen Ausklang auf der Empore des Rathauses zu besonderen Ehren. © Stephan Schütze

Wir berichten am Freitag (3.5.) live vom Empfang der prominenten Gäste vor dem Rathaus www.rn.de/dortmund

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