Sport-Revue
„Der Trainer muss weg“: Sieben Kabarettisten kalauern über Sport und Fußball
Zum ersten mal tritt die Gruppe um Fritz Eckenga mit ihrer Satire „Der Trainer muss weg“ im Dortmunder Fußballmuseum auf. Der Ort ist eine Inspiration.
Nachdem Jürgen Klopp 2016 den BVB verließ, änderten Fritz Eckenga, Peter Freiberg, Peter Großmann, Thomas Koch, Peter Krettek, Uli Schlitzer und Mathias Schubert den Namen ihres Jahresrückblicks in „Der Trainer muss weg“ – und verwandelten ihn in eine Revue. © Archiv
Manches Exponat im Fußballmuseum hat etwas Reliquienhaftes: der Ball, mit dem Helmut Rahn 1954 das Führungstor gegen Ungarn und damit die deutsche Mannschaft zum Weltmeistertitel schoss. Mario Götzes gelb-goldener WM-Schuh von 2014, an dessen Stollen noch Gras klebt. WM-Pokale auf Sockeln und in Vitrinen, originale Trikots, getränkt mit jahrzehntealtem Schweiß, historische Filme, eine Wand mit lebensgroßen Fotos: „Unsere Helden von Bern.“
Für Kabarettisten, mit Verlaub, ist solche Überhöhung eine Steilvorlage. Und wohl erst recht für die Sieben, die schon seit 2012 mit ihrem Programm „Klopp kommt nicht“ beziehungsweise seit 2016 mit der Revue „Der Trainer muss weg“ regelmäßig in Dortmund auftreten: Kabarettist Fritz Eckenga, Peter Freiberg, Musiker und Drehbuchautor, ARD-Sport-Moderator Peter Großmann, WDR-Moderator Thomas Koch und die Musiker Peter Krettek, Uli Schlitzer (beide ex Rocktheater Nachtschicht) und Mathias Schubert, der auch als bildender Künstler unterwegs ist.
Bisher im Spiegelzelt und FHH
Zum ersten Mal spielen sie ihre satirische Sport-Revue im Dezember nun inmitten der Schreine und Altäre des Fußballmuseums, beziehungsweise: in dem Veranstaltungsraum im Erdgeschoss, direkt unter dem Bus des WM-Kaders. Bisher gab es die Revue auf der Bühne des Spiegelzelts und im Fritz-Henßler-Haus. „Wir haben hier im Fußballmuseum offene Türen eingerannt“, sagt Horst Hanke-Lindemann, künstlerischer Direktor von RuhrHOCHdeutsch. „Es lag sehr nahe, hierhin zu gehen. Das Programm muss einfach auch einen richtigen Ort haben.“
Er steht beim Pressegespräch zwischen Peter Freiberg, Uli Schlitzer, Peter Großmann und Mathias Schubert im abgedunkelten zweiten Obergeschoss des Museums an einer Bar. Im Hintergrund flackern Bildschirme, immer fängt irgendwo ein neuer Film aus dem 25-stündigen Videomaterial des Museums an, manchmal in betäubender Lautstärke. „Nicht irritieren lassen!“, ruft Museums-Geschäftsführer Manuel Neukirchner. Die Umstehenden müssen lachen.
Dieser Ort ist zu kurios, um ihn nicht im Programm selbst zu thematisieren. „Wir öffnen einen Raum in diesem Museum, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist“, sagt Peter Freiberg, „und den selbst die Geschäftsleitung nicht kennt“. Er grinst. „Es ist ein fiktiver Raum, in dem sich Dinge finden, die das Museum nicht – oder lieber nicht? – zeigt, mit denen sich aber große Geschichten verbinden.“ Derzeit arbeite man noch an einer Videoschalte in das lichtlose Off, „vielleicht klappt es ja“.
Auch aktuelle Themen
Das Programm ist schonungslos. „Wir haben natürlich einige Klassiker dabei, die jedes Jahr wiederkommen“, sagt Freiberg. Dazu gehört unter anderem auch der Song „Football’s coming home“, der schon seit 2012 immer zu Beginn gespielt wird. „Aber wir orientieren uns genauso an aktuellen Themen“, sagt Freiberg: „Rassismus, Korruption, Doping, Fanausschreitungen.“ Dass alle Sieben selbst große Sport- und vor allem Fußballfans sind, hindert sie nicht an der Reflexion. „Mehr Hardcore geht nicht“, sagt Horst Hanke-Lindemann. „Die haben bestimmt auch Fußball-Bettwäsche zu Hause.“
Am Anfang hieß das Programm der Sieben noch „Klopp kommt nicht“ © Oliver Schaper
Peter Freiberg erinnert sich, wie er zum ersten Mal auf den Schultern seines Vaters im Stadion Rote Erde ein Fußballspiel erlebte. „Da habe ich mich noch gefragt, warum sind die Onkels alle so aufgeregt?“ Zwei Jahre später verhielt er sich genau wie sie. „In unserer Familie waren immer alle Fußballfans. Das wird durch das Umfeld, in dem man groß wird, weitergegeben.“ Und bleibt mitunter bis ins hohe Alter: „Meine Mutter war immer glühender Fan“, sagt Uli Schlitzer, „bis zum Ende, bis sie 96 war.“
Nur was es genau ist, inhaltlich, das den Fußball weltweit zu einer so gefeierten, kommerziellen, erfolgreichen Sportart macht, vermögen auch die Kabarettisten nicht zu sagen. Jedes Jahr werden Milliardensummen bewegt, immer mehr TV-Sender füllen ihr Programm mit Fußball-Übertragungen, Diskussions- und Analyserunden zum Thema. Die Sportart ist, wie in Amerika der Baseball oder Football, omnipräsent.
Starke Identifikation und Gefühle
Doch ist der Fußball auch aus sich heraus in der Lage „kulturelle, intellektuelle und gesellschaftliche Schranken zu überwinden“, wie die Regisseurin Ute Wieland im Tagesspiegel schreibt. Leicht zu verstehen, für eigentlich jeden selbst umsetzbar, mit einfacher dramaturgischer Struktur. „Wir“ gegen „Die“, richtig und falsch, fair und unfair, gewonnen – verloren. Gleichzeitig, oder vielleicht deshalb, ruft es so starke Identifikation und Gefühle hervor. Weit entfernt von der Konstellation großer Tragödienspiele ist das Geschehen auf dem Platz nicht unbedingt.
An dem Klischee, Theaterleute seien zumeist auch begeisterte Fußballfans, ist zumindest im Fall der sieben Dortmunder was dran. „Wir geben auch Denkanstöße“, sagt Peter Freiberg. „Es geht nicht immer nur um den nächsten Lacher. Wie wir über Fußball reden, ist für alle was.“ Es wäre nur falsch zu erwarten, dass es ausschließlich um Fußball ginge, jetzt, wo man im Fußballmuseum auftrete: „Der Trainer muss weg“ ist eine Revue, in der auch über anderen Sport gekalauert und musiziert wird. Was vielleicht auch ganz gut so ist.