Yves Gredecki an den Turntables des Bakuda-Clubs (Archivbild).

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Illegaler Nachtclub in der Innenstadt ausgehoben - der Ort war früher der legendäre Bakuda-Club

rnDortmunder Disko-Legenden

Die Dortmunder Polizei schlug an einem geschichtsträchtigen Ort zu, als sie in der Nacht zum 11. Februar 2024 einen illegalen Nachtclub schloss: Hier befand sich früher der Bakuda-Club - Kult bei Generationen. Ein Rückblick.

Dortmund

, 11.02.2024, 17:42 Uhr / Lesedauer: 5 min

In der Nacht zum Sonntag, 12.2.2024, hob die Dortmunder Polizei einen illegalen Nachtclub an der Weißenburger Straße aus. An dieser Stelle befand sich früher der legendäre Nachtclub Bakuda, dem wir in unserer Serie „Legenden des Dortmunder Nachtlebens“ im Juni 2018 ein Portrait gewidmet haben. Aus Anlass der aktuellen Razzia veröffentlichen wir den Text hier erneut:

Keller-Clubs umgibt eine besondere Aura, eine eigenwillige Atmosphäre. Sie sind oft klein und eng, allein dadurch, dass die Decken so tief hängen. Schick sind sie selten, aber praktisch, weil jeder Zentimeter klug genutzt wird.

Sie haben etwas Raues, das die Gäste anzieht. Und früher, als in den Diskos noch geraucht werden durfte, da rochen noch am nächsten Tag die Klamotten hartnäckig nach Zigaretten-Qualm und schalem Bier, so wie der Keller selbst – Fenster gab’s ja nicht.

Der Bakuda-Klub war so eine Keller-Disko.

Ein Wort, das man in jeder Sprache ausprechen kann

Es war kurz nach der Jahrtausendwende, im Jahr 2001, als Axel Schauerte, damals auch Betreiber des Café Max an der Kuckelke, den Bakuda Klub im Keller des Hauses an der Weißenburger Straße 8 eröffnete. Davor war mal eine Spielothek in dem Haus. Und irgendwann vor noch viel längerer Zeit muss dort auch mal eine Kneipe gewesen sein, erzählt Yves Gredecki, der spätere Betreiber des Bakuda-Klubs.

„Axel“, erzählt Gredecki, „wollte damals ein Wort finden, das man in jeder Sprache aussprechen kann, aber das keine Bedeutung hat.“ Deshalb habe er seine neue Disko Bakuda genannt. Bakuda-Klub. Mit K.

Erst Elektro, dann Hip-Hop und Indie

Zu Beginn war der Bakuda (es ist nicht das Bakuda, sondern der Bakuda, wegen des zweiten Namensteils: Klub, der aber meistens weggelassen wird) eher ein Elektro-Club, schon bald darauf wurde er aber zu einem Ort, an dem viele musikalische Genres ihre Berechtigung hatten. Im Jahr 2004 stieg Didi Stahlschmidt, heute Quartiersmanager in der Nordstadt, mit in den Bakuda ein. Er pachtete den Laden von Axel Schauerte und holte mit Torsten Gemke, in der Szene besser bekannt als Tosh, einen Partner für das operative Geschäft mit ins Boot. Tosh Gemke betrieb damals die Superfly Lounge am Hohen Wall, eine Cocktailbar, in der aber auch Partys gefeiert wurden. Er kannte sich also aus in Dortmunds Clubszene.

Die beiden Partner änderten das Konzept des Bakuda, holten verschiedene Partyformate in den Keller, spielten neben Elektro auch Indie und Hip-Hop. Tosh Gemke erinnert sich an eine Rockabilly-Party, die immer „ultravoll war“. Und sie veranstalteten Konzerte, so dass sich der Bakuda-Klub auch in diesem Bereich einen Namen machte.

Probleme mit der Toilettenspülung

„Wir waren ein Aushängeschild für die Live-Szene“, sagt Didi Stahlschmidt rückblickend. Die damals noch unbekannte Indie-Band Madsen spielte im Bakuda. Genauso wie Sänger Bernd Begemann, und, darauf sind sie noch heute stolz, Greg Graffin, Sänger der Band Bad Religion. „Es war ein Dienstagabend“, erinnert sich Tosh Gemke. „Wir haben das gemeinsam mit dem Visions-Magazin organisiert, er hat vor 150 Leuten gespielt, und wir haben 5 Euro Eintritt genommen.“

Die Lounge-Ecke im Bakuda-Klub.

Die Lounge-Ecke im Bakuda-Klub. © Bakuda Klub

Die Lage des Bakuda-Kellers war eine spezielle. Denn der Klub lag unterhalb der Kanalisation. Was ein Problem war. „Denn wenn zu viele Leute zu oft auf die Toilette gingen, dann liefen die Toiletten nicht mehr richtig“, erzählt Didi Stahlschmidt. Was ihn und Tosh Gemke wiederum das ein oder andere Mal dazu zwang, in einem Nebenraum die Toiletten selbst abzupumpen. „Ich hab vier Stunden mit dieser Handpumpe versucht zu verhindern, dass der Laden absäuft“, sagt Tosh Gemke. „Aber einmal waren wir zu spät dran, da ist es uns übergelaufen“, erzählt Didi Stahlschmidt. Ab und an hätte es ansonsten ein bisschen streng im Club gerochen.

Mit dem Fat Friday fing es an

Nach dreieinhalb Jahren hörte Didi Stahlschmidt 2007 im Bakuda auf, es habe interne Meinungsverschiedenheiten gegeben, sagt er. Axel Schauerte wollte den Laden auch nicht weiterführen, also kam Yves Gredecki ins Spiel.

Er hatte schon seit 2004 die ziemlich beliebte Hip-Hop-Party Fat Friday im Bakuda-Klub veranstaltet und kannte sich gut aus. Angefangen hatte er als DJ im Soundgarden. „Dann wollte ich meine Hip-Hop-Party eigentlich im Keller machen“, sagt er. „Aber die wollten nicht, also habe ich mir einen anderen Club gesucht.“ Als er das erste Mal im Bakuda auflegte, war er 19.

Partyformate, die es noch heute gibt

Vier Jahre später, mit 23, wurde er zum Betreiber dieser Disko. „Ich habe damals die Hälfte meiner Plattensammlung verkauft und das Ganze übernommen“, erzählt er.

Gredecki war so alt wie die Gäste, die im Bakuda feiern gingen. Er wusste, wozu sie tanzen wollten, was sie trinken wollten, welche Bands sie gut fanden. Einige der Partys, die damals im Bakuda starteten, gab es noch lange nachdem der Bakuda geschlossen hatte oder sogar noch heute. Die 90er-Jahre-Trash-Partys Eurodance (heute im Alten Weinkeller), damals noch Popaction, und Coco Jambo (heute im Oma Doris) starteten hier ebenso wie die Elektro-Party This is how it goes und die Indie-Party Supersonic. Alle zwei Monate gab’s weiterhin Konzerte, Bands wie Bonaparte und Großstadtgeflüster traten auf.

Ein großes Wir

„Zu der Zeit kannte ich jeden, der im Laden feiern ging“, sagt Gredecki, der immer da war, gerne mitfeierte. Das war sein Erfolgsrezept. Und nicht nur er habe jeden Gast gekannt, sondern auch die Gäste, überwiegend Studenten, untereinander hätten sich irgendwie alle gekannt.

„Vielleicht war der Bakuda von der Optik nicht unbedingt ein Wohnzimmer, aber von der Art. Es war ein großes Wir.“ Und so kam es auch schon mal vor, dass die Mutter eines Gastes bei Yves Gredecki im Bakuda anrief und fragte: „Hör mal, ist meine Tochter bei dir? Ich erreiche sie gerade nicht.“

So sah es an der Bar im Bakuda aus.

So sah es an der Bar im Bakuda aus. © Bakuda Klub

Die Bakuda Bar und eine neue Disko

Der Bakuda versuchte auch ansonsten immer mit der Zeit zu gehen. Didi Stahlschmidt erinnert sich an ein Tonstudio, das sie zwischenzeitlich ebenfalls in den Keller-Räumen hatten. „Das haben wir dann aber irgendwann sein gelassen.“ Yves Gredecki organisierte einmal im Westpark ein Bakuda-Barbecue. Und 2008 eröffnete er im Haus nebenan die Bakuda-Bar, wo die Gäste gemütlich etwas trinken konnten, bevor sie eine Etage tiefer feiern gingen.

Irgendwann ergab sich für Yves Gredecki die Möglichkeit mit ein paar Freunden einen weiteren Club zu eröffnen – im Brückstraßenviertel, dort, wo früher das Jara war. Er steckte seine Energie in die Umbauarbeiten des zukünftigen Odeon, die am Ende vier Jahre dauern sollten. „Ich habe den Bakuda zwischenzeitlich aus den Augen verloren“, sagt Gredecki.

Bakuda 2.1

2010 kündigte er an, den Bakuda zu schließen. Und überlegte es sich dann doch noch einmal anders. „Mein Herz hat Nein gesagt“. Er benannte den Club in Bakuda 2.1 um, renovierte, versuchte es noch einmal. Aber Ende August 2011 war dann endgültig Schluss.

Ein Bild von der Abschiedsparty.

Ein Bild von der Abschiedsparty. © Bakuda Klub

Er sei aus der Zielgruppe herausgewachsen, was drei Jahre zuvor noch super hip gewesen sei, habe nun nicht mehr funktioniert. „Ich habe den Generationenwechsel irgendwie verpasst“, sagt er. Dazu habe er all seine Kraft in das Odeon gesteckt. Der neue Club hielt sich dann nur ein Jahr. Er habe nicht zu ihm gepasst, sagt Gredecki heute.

„Damals war es die richtige Entscheidung“

Hätte er das damals schon gewusst, sich anders entschieden, vielleicht hätte er den Bakuda dann nie zugemacht. „Aber damals war es die richtige Entscheidung“, sagt er. Heute ist er Vertriebsleiter für West-Deutschland bei Fritz-Kola. Und im Weinkeller an der Märkischen Straße, dem neuen Club-Hotspot in Dortmund, ist er Gesellschafter. Dort gab’s auch ein paar Jahre lang noch eine Bakuda-Revival-Party.

Ab und an wird Gredecki ein bisschen wehmütig. „Einmal im halben Jahre schaue ich mir das Video von der Abschiedsparty an“, sagt er. Die sei legendär gewesen.

Abstimmung über das letzte Lied

Es war der 27. August 2011, als im Bakuda-Klub ein letztes Mal gefeiert wurde. Einen Tag vorher hatte Yves Gredecki sich auf seinen linken Unterarm das Bakuda-Logo stechen lassen.

Als klar war, dass der Bakuda-Klub schließen würde, hat sich Yves Gredecki das Logo seiner Disko auf den Unterarm tätowieren lassen.

Als klar war, dass der Bakuda-Klub schließen würde, hat sich Yves Gredecki das Logo seiner Disko auf den Unterarm tätowieren lassen. © Yves Gredecki

Die Abschiedsparty ging bis 15 Uhr am nächsten Tag. Über Facebook hatte er abstimmen lassen, welches das letzte Lied sein sollte, das im Bakuda gespielt werde. Die Gäste entschieden sich für „Never forget“ von Take That. Sie hätten es mit Armen in der Luft und Tränen in den Augen alle gemeinsam gesungen. Yves Gredecki mittendrin. „Es war eine aufregende, eine wilde Zeit“, sagt er heute.

An jenem Abschiedsabend hielt er eine Rede. Er hatte sie sich auf einen Zettel geschrieben. Am nächsten Tag, als das Licht nach stundenlanger Party wieder anging, fand er ihn zwischen zerbrochenen Bierflaschen wieder. Heute liegt er in seiner Küchenschublade. Und die Außenwerbung von damals hängt in seinem Wohnzimmer.

Der Bakuda-Klub ist seit Jahren Geschichte. Aber in den Herzen und Köpfen einer ganzen Studenten-Generation ist der Bakuda unvergessen

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