Bisher gab es in diesem Jahr vor allem schlechte Nachrichten aus dem Mode- und Schuhhandel. Eine Welle spektakulärer Insolvenzverfahren - von Peek & Cloppenburg über Gerry Weber und Reno, Salamander bis zu Görtz bestimmten die Nachrichten aus der Branche.
In Dortmund stand das alteingesessene Geschäft von Salamander am Westenhellweg lange auf der Kippe. Jetzt scheint es gerettet. Görtz hat aber seine junge Marke Görtz 17 gegenüber der Petri-Kirche bereits zu Beginn des Jahres geschlossen.
Insgesamt ist die Zahl der Schuhgeschäfte in Deutschland in diesem Jahr um rund 500 auf jetzt noch 9500 geschrumpft. Diese Schätzung gibt der Handelsverband Textil Schuhe Lederwaren (BTE) ab. Als Gründe dafür nannte der Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels während einer Pressekonferenz auf der Fachmesse „Shoes“ in Düsseldorf Ende August deutlich gestiegene Kosten für Personal, Energie und Mieten sowie eine anhaltende Konsumflaute.

Appelrath Cüpper muss raus
In dieser Situation kündigt der Essener Schuhriese Deichmann so etwas wie einen Super-Store an, mit dem man sich in der Dortmunder City ganz neu aufstellt.
„Nach mehr als 40 Jahren am bestehenden Standort am Westenhellweg 60 planen wir einen Umzug am Westenhellweg in die freiwerdende Immobilie von Aachener Grundvermögen“, sagt Deichmann-Sprecher Christian Hinkel. Es geht um das Modehaus Appelrath Cüpper, das zum Jahresende am Westenhellweg 59-63 auszieht - ausziehen muss.
Die Aachener Grundvermögen hatte am Dienstag (27.11.) bekanntgegeben, dass eine Räumungsklage erfolgreich gewesen sei. Die Zukunft an dem 1a-Standort gehört dann also Deichmann und dem Tochterunternehmen Snipes, das vom Westenhellweg 3 ebenfalls dorthin umziehen wird.
Mit Snipes wird ein cooles und junges Konzept mit Fremd- und Eigenmarkten verfolgt, während Deichmann eher ein Schuhanbieter für die Familie sein will und dabei auch immer mehr auf Fremdmarken setzt.

„Dass wir mit Snipes in Dortmund an einem Standort zusammenziehen, ist etwas Besonderes“, sagt Christian Henkel. Generell wolle Deichmann mit der „Filiale in neuem Gewand“ weg von dem Discounter-Image, das man über Jahrzehnte inne hatte. „Wir wollen zeigen, dass wir hochwertige Schuhe anbieten. Wir arbeiten mit allen Topmarken zusammen“, so Christian Hinkel. „Mit dem Umzug“, ergänzt er, „setzen wir in den neuen Räumlichkeiten unser neues, modernes Ladenbaukonzept um und bleiben damit dem Westenhellweg als Einkaufsstandort treu.“
Eine übersichtliche Sortierung im Geschäft soll es den Kundinnen und Kunden leicht machen, individuell nach den gewünschten Schuhen zu suchen und zu stöbern.
Umbau bis 2025
Der Einkauf soll für die Kundschaft so einfach und komfortabel wie möglich sein – egal ob offline oder online. „Darum investieren wir konsequent in die Attraktivität unserer Läden und digitalen Services. Wegweisend ist dabei unser neues Storekonzept. Moderne Optik, großzügiges Raumgefühl, sanfte Farbwelten und viel Platz für Sportartikel“, so Christian Hinkel.
Auch die Verknüpfung von stationärem Geschäft und Onlinehandel spiele eine wichtige Rolle. Beispielsweise können Schuhe im Geschäft ausgesucht werden und der Kunde kann sie sich dann nach Hause liefern lassen.
Fast zwei Jahre wird es dauern, bis aus Appelrath Cüpper dann Deichmann geworden ist. Die Aachener Grundvermögen hat angekündigt, im Januar 2024 mit den nicht genehmigungspflichtigen Umbauarbeiten in der Immobilie zu beginnen. Insgesamt sollen „mehrere Millionen Euro“ investiert werden.
Etwa Mitte 2025 soll das Haus den neuen Mietern Deichmann und Snipes übergeben werden, die dann die Verkaufsräume nach ihren Wünschen gestalten. „Unter dem Stichwort Energieeffizienz“, sagt Christian Hinkel, „setzen wir bei Neueröffnungen und turnusgemäßen Renovierungen unserer Geschäfte unter anderem auf neue, besonders effiziente LED-Beleuchtungssysteme mit einem entsprechend hohen Einsparpotenzial. Bei den Energiekosten sparen wir allein hierdurch im Vergleich zur bisherigen Technik zwischen 30 und 40 Prozent.“
Höherpreisige Markenmodelle
Fragt man den Unternehmenssprecher, warum Deichmann in Dortmund so groß plant, während die Umsatzzahlen in der Branche noch hinter denen von 2019 hinterher hinken und Wettbewerber Insolvenz anmelden mussten, so antwortet er: „Grundsätzlich haben wir eine sehr klare Positionierung. Und es hat sich gerade beim Deichmann-Konzept gezeigt, dass unser Kernanspruch, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis am Markt zu bieten, auch oder gerade in Krisenzeiten für unsere Kundinnen und Kunden attraktiv ist. Zudem haben wir es geschafft, mit unserem modischen Sortiment und weiteren namhaften Fremdmarken zusätzliche Käufergruppen in unseren Geschäften und Onlineshops zu gewinnen und auch höherpreisige Markenmodelle erfolgreich anzubieten.“
Branchenexperten weisen darauf hin, dass die großen Betriebe die herausfordernden Bedingungen im Markt - das sind eben die gestiegenen Energiekosten und eine spürbare Konsumflaute - eher meistern können als kleinere Firmen.
„Deichmann macht außerdem in der Kundenansprache Vieles richtig“, sagt Thomas Schäfer vom Handelsverband Westfalen-Münsterland in Dortmund. „Man bietet ein Sortiment und Preise, die attraktiv sind. Außerdem wirkt sich die Modernisierung der Filialen positiv aus, die Verschränkung von stationärem und Onlinehandel macht Deichmann sehr gut und die gefragte Sneaker- und Streetwear-Kette Snipes zahlt auf das Ergebnis des ganzen Konzerns ein“, so Schäfer.
„Wir waren“, merkt dazu Christian Hinkel noch an, „der erste Schuhhändler, der seine Produkte bereits im Jahr 2000 über einen Onlineshop im Internet verkauft hat.“
4600 Deichmann-Filialen
Deichmann wurde 1913 in Essen gegründet und befindet sich zu 100 Prozent im Familienbesitz. Die Unternehmensgruppe ist nach eigener Angabe Marktführer im europäischen Schuheinzelhandel und in 31 Ländern weltweit aktiv. Sie beschäftigt über 48.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und betreibt rund 4.600 Filialen (1200 in Deutschland) sowie mehr als 40 Onlineshops. Zum Unternehmen gehören neben Deichmann die Konzepte Dosenbach in der Schweiz, Ochsner Shoes und Ochsner Sport, vanHaren in den Niederlanden und Belgien, in den USA Rack Room Shoes sowie die Snipes-Gruppe mit Filialen und Onlineshops in Europa und in den USA.
Christian Hinkel glaubt an die Zukunft des stationären Einzelhandels, wenn dieser auch eine Atmosphäre schaffe, in der die Kunden sich wohl fühlen. „Online-Handel ist wichtig. Aber wir merken vor allem an unseren modernisierten Standorten, dass die Leute auch in die Läden strömen. Für eine fachliche Beratung, das Anfassen des Produkts und das Anprobieren ist der stationäre Handel unverzichtbar“, sagt der Deichmann-Sprecher.
Bis es 2025 zum Umzug in das dann super-moderne Schuhhaus am Westenhellweg kommt, „sind wir am Westenhellweg 60 mit unseren insgesamt 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in bewährter Form für unsere Kundschaft da“, betont er. Auch Snipes werde solange am Westenhellweg 3 geöffnet bleiben.
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