„Das war damals einzigartig“ Haus an der Möllerbrücke entstand vor 50 Jahren

„Das war damals einzigartig“: Haus an der Möllerbrücke entstand vor 50 Jahren
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Das Haus fällt auf. Direkt neben der denkmalgeschützten Möllerbrücke überspannt es die Gleise der S-Bahn Linie 4. Und mit seiner auffallenden Fenster- und Lamellenfassade ist es fast schon ein Wahrzeichen an der Grenze zwischen Union- und Kreuzviertel.

Aufsehen erregt hat auch schon der Bau des Gebäudes vor genau 50 Jahren. „Die Überbauung der Gleise war damals einzigartig“, erinnert sich Clemens Berke, der damalige Bauherr. Die Basis dafür hatte der junge Unternehmens-Chef mit dem Umzug des Autohauses Berke von der Friedrichstraße an die Möllerbrücke gelegt. In einem Flachbau entlang der Rittershausstraße entstanden nach den Plänen des Architekturbüros Höltje und Funke 1969 Verkaufsräume und eine Werkstatt für das Fiat-Autohaus. Der Flachbau wurde wenig später um zwei Büroetagen aufgestockt.

Auch eine Autowerkstatt beherbergte der Gebäudekomplex an der Rittershausstraße.
Auch eine Autowerkstatt beherbergte der Gebäudekomplex an der Rittershausstraße. © Archiv Berke

Schon damals gab es wegen der Nähe zu den Gleisen Kontakt zur damaligen Bundesbahndirektion in Essen. „Dabei fragte mein Bruder Arnold, der Architekt in Braunschweig war, beiläufig, ob man die Gleise nicht auch überbauen könne“, berichtet Clemens Berke. Das sei durchaus vorstellbar, teilte man den Brüdern mit.

Arnold und Clemens Berke nahmen den Neubau über den Gleisen in Angriff.
Arnold und Clemens Berke nahmen den Neubau über den Gleisen in Angriff. © Archiv Berke

Prompt wurde das Vorhaben in Angriff genommen, immer in engem Kontakt mit der damaligen Bundesbahndirektion. „Ich konnte da fast jeden mit Handschlag begrüßen und war jede Woche einmal da“, blickt Clemens Berke mit einem Augenzwinkern zurück. Im Vergleich mit heutigen Planungen ging dann alles sehr schnell und unkompliziert. „Für den Bau sind sogar Gleise verschwendet worden“, erinnert sich der damalige Bauherr.

Sieben Meter hoch und 95 Meter lang ist der Tunnel, der durch die Überbauung unmittelbar westlich der Möllerbrücke entstanden ist. Mit dem Neubau sei „die erste kommerzielle Nutzung von Luftraum über den Bahnanlagen gelungen“ und „gleichzeitig eine städtebauliche Verbesserung“ erreicht worden, hieß es damals.

Ein Blickfang war das Autohaus Berke mit dem Bürohaus über den Gleisen an der Möllerbrücke schon in den 1970er-Jahren.
Ein Blickfang war das Autohaus Berke mit dem Bürohaus über den Gleisen an der Möllerbrücke schon in den 1970er-Jahren. © Archiv Berke

Wichtige Voraussetzung für den Bau des Bürohauses mit dem sechsgeschossigen Gebäude über den Gleisen und einem langgezogenen Trakt entlang der Sonnenstraße war natürlich, dass man einen Nutzer hatte. Das war die neu eingerichtete Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen, besser bekannt als ZVS.

Clemens Berke kann sich noch gut an die Gespräche im Düsseldorfer Kultusministerium erinnern. Gleich 7500 Quadratmeter Bürofläche sollten für die neue Einrichtung, über die die Vergabe von Studienplätzen in ganz Deutschland abgewickelt wurde, reserviert werden. Später kamen noch einmal rund 1000 Quadratmeter dazu. „Die ZVS war ein glücklicher Wurf für mich“, bilanziert der heute 83-Jährige. „Es ist für mich immer noch eine große Freude, dass das alles so funktioniert hat.“

"Ein Herzensobjekt" ist der Gebäudekomplex an der Möllerbrücke, der jetzt einen neuen Anbau bekommen hat, für Clemens Berke und seine Tochter Aurelia.
"Ein Herzensobjekt" ist der Gebäudekomplex an der Möllerbrücke, der jetzt einen neuen Anbau bekommen hat, für Clemens Berke und seine Tochter Aurelia. © Oliver Volmerich

Auch mit späteren Mietern hatte Clemens Berke Glück. Als das Fiat-Autohaus 1984 an die Hagener Straße umzog, wurden die Flächen von einem Rewe-Supermarkt übernommen, den es mit wechselnden Betreibern noch heute gibt. Im Obergeschoss, erreichbar über eine Wendeltreppe, residierte lange Zeit eine Videothek, im Keller die legendäre Jazz-Kneipe „Jatz“, aus dem später der Club „Silent Sinners“ wurde.

Der Anbau nach der Fertigstellung.
So soll der Anbau nach der Fertigstellung aussehen. © Berke

An diese Tradition knüpft auch der jetzt begonnen Umbau des Komplexes an. An der Rittershausstraße ist ein Neubau mit Sandsteinfassade entstanden, der die Fläche für den Rewe-Markt und die damit verbundene Bäckerei erweitert. Die bekommt sogar eine Außenterrasse unmittelbar zu Füßen der Möllerbrücke. Ins Obergeschoss zieht ein bekanntes Kampfsport-Studio ein. Und im Keller soll ein neuer Club, dann ebenfalls mit Außenterrasse, für neues Leben sorgen. Sowohl Clemens Berke als auch seine Tochter Aurelia begleiten die Bauarbeiten intensiv. „Für uns ist dieses Haus ein Herzensobjekt“, sind sie sich einig.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 29. September 2024.