Das sind die letzten aktiven Bergleute von Dortmund

© Oliver Volmerich

Das sind die letzten aktiven Bergleute von Dortmund

rnAbschied vom Bergbau

Ganz ist der Bergbau in Dortmund noch nicht abgehakt: Ein Kreis von ehrenamtlichen Bergleuten betreibt ein Besucherbergwerk in Syburg und pflegt Erinnerungen an die Kohlezeit.

Dortmund

, 11.12.2018, 15:10 Uhr / Lesedauer: 3 min

Schicht im Schacht. Mit dem Aus der Kohleförderung auf der Zeche Prosper in Bottrop ist der Steinkohlebergbau Geschichte, das letzte Bergwerk im Ruhrgebiet geschlossen. Wobei: Ganz stimmt das nicht. Denn ein Bergwerk bleibt in Betrieb.

Allerdings nicht, um Kohle zu fördern. Das Bergwerk „Graf Wittekind“ in Syburg ist ein Besucherbergwerk, das anschaulich dokumentiert, wie in früheren Jahrhunderten im Ruhrgebiet Kohle gefördert wurde. „So lange das Bergwerk Graf Wittekind noch in Betrieb ist, so lange ist der Bergbau in Dortmund nicht zu Ende“, stellte Oberbürgermeister Ullrich Sierau jüngst launig fest.

Und das Bergwerk Graf Wittekind hat durchaus noch Zukunft. „Wir haben gerade unseren neuen Betriebsplan für die nächsten fünf Jahre bekommen“, erzählt Heinz-Ludwig Bücking, Vorsitzender des Arbeitskreises Dortmund im Förderverein Bergbauhistorischer Stätten. „Der ist im Prinzip genauso wie der von Prosper, wobei unser in einen Aktenorder passt und der von Prosper wahrscheinlich ein paar Meter umfasst“, stellt Bücking schmunzelnd fest.

Ein ehrenamtlich aufgebautes Museum

Seit 1986 restauriert der Arbeitskreis, eine von 13 örtlichen Gruppen im Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier e.V., die Stollen am Nordwesthang des Sybergs als Teil eines Bergbau-Wanderwegs. Seit 1997 ist die zuletzt hier betriebene Zeche Graf Wittekind ein Besucherbergwerk, in dem der Arbeitskreis regelmäßig Erlebnisführungen anbietet – und den Betrieb aufrechterhält.

Denn die Arbeit der Vereinsmitglieder erschöpft sich nicht darin, Besuchern die Arbeit in den engen Stollen vorzuführen. Der Ausbau unter Tage geht weiter. In den Hängen an der Hohensyburg, an denen schon im 16. Jahrhundert Kohle abgebaut wurde, gibt es immer noch Neues zu entdecken, stellt Bücking fest. Es gilt, den Verlauf der Stollen unterhalb der Hohensyburg weiter zu erforschen und sie weitgehend wieder zugänglich zu machen.

Dazu werden sie fachmännisch ausgebaut, mit Holz, mit Stahlstreben oder auch mit Mauerwerk. Unter schwierigsten Bedingungen muss das Bergematerial aus den Stollen heraus und das Ausbau-Material hereingeschafft werden. Und natürlich werden die Grubenbaue auch vermessen und dokumentiert.

Hans Bandermann, Reinhard Pipper, Uwe Peise und HeinzLudwig Bücking vom Arbeitskreis beim Einsatz am Besucherbergwerk in Syburg.

Hans Bandermann, Reinhard Pipper, Uwe Peise und HeinzLudwig Bücking vom Arbeitskreis beim Einsatz am Besucherbergwerk in Syburg. © Gregor Beushausen

Knapp 30 Mann bilden die Stammbelegschaft des Syburger Bergwerks. Wobei nur die wenigsten gelernte Bergleute sind. Die Liste der Aktiven reicht vom Schüler bis zum Busfahrer. Aber vielleicht finden sich ja noch ein paar ehemalige Bergleute, die mitarbeiten wollen, hofft der Arbeitskreis-Vorsitzende. „Es gibt ja viele, die die Kumpelatmosphäre vermissen“, sagt Bücking, der selbst Leiter einer Gießerei war. „Bei uns kriegen sie die.“

In der Tat spielt das Wir-Gefühl für die Aktiven eine große Rolle. „Untertage ist jeder Hobby-Bergmann gleich wichtig“, sagt Bücking. „Alle sind hier nur Kumpel. Und wenn die Besucher nach der Befahrung verdreckt und verschwitzt aus dem Stollenmundloch kommen und ihre Augen strahlen, haben wir alles richtig gemacht.“

410 Besucher unter Tage

Mehr als 3600 Stunden haben die Helfer des Arbeitskreises im vergangenen Jahr auf Graf Wittekind „verfahren“, bilanziert Bücking. 410 Besucher wurden 2017 durch die Welt unter Tage geführt. Mit diesen Aktivitäten ist der Arbeitskreis inzwischen auch international bekannt. Die Mitglieder wirkten mit bei einer Dokumentation des Kultursenders Arte zum Ende des Bergbaus.

Aber die Arbeit im und am Besucherbergwerk Graf Wittekind ist längst nicht die einzige Aktivität des Arbeitskreises. Viel Mühe kostet auch die Pflege der rund 30 Informationstafeln, mit denen an zwei Dutzend verschiedenen Orten auf Spuren der Bergbaugeschichte aufmerksam gemacht wird. Zwischen 1987 und 2002 war das Netz der Informationstafeln unter der Federführung des Arbeitskreis-Mitbegründers und langjährigen Vorsitzenden Tilo Cramm aufgebaut worden. Jetzt kümmern sich Paten um die Pflege der Schilder etwa in der Bittermark, im Botanischen Garten Rombergpark und natürlich am Syburger Bergbauweg, aber auch in Mengede, Schüren oder Asseln.

Mehr als 30 Infotafeln zum Bergbau pflegt der Arbeitskreis in Dortmund - wie hier am „Roten Bach“ im Rombergpark.

Mehr als 30 Infotafeln zum Bergbau pflegt der Arbeitskreis in Dortmund - wie hier am „Roten Bach“ im Rombergpark. © Dieter Menne

Doch die Paten beklagen zunehmenden Vandalismus, durch den die Infotafeln beschädigt oder beschmiert werden. Oft müssen einzelne Schilder stundenlang gereinigt und poliert werden, um wieder lesbar gemacht zu werden. „An einigen Problemstellen werden wir die Tafeln wohl entfernen müssen“, kündigt Bücking an. Als Alternative ist ein virtueller Rundgang zu den Tafel-Standorten auf der Internet-Seite des Arbeitskreies in Arbeit.

Aktuell setzen sich die ehrenamtlichen Bergleute außerdem für den Erhalt und die Restaurierung des 1991 vom Arbeitskreis initiierten Pferdegöpels im Westfalenpark ein, der an die Bergbaugeschichte in diesem Bereich erinnert. Regelmäßig gibt der Arbeitskreis auch Bücher über frühere Zechen heraus. Das letzte Buch von Norbert Meier dokumentiert die Geschichte der Zechengruppe Robert Müser.

1991 initiierte der Arbeitskreis de Bau des Pferdegöpels im Westfalenpark. Der soll nun bald saniert werden.

1991 initiierte der Arbeitskreis de Bau des Pferdegöpels im Westfalenpark. Der soll nun bald saniert werden. © Oliver Schaper

Der verdiente Lohn für all diese Aktivitäten: Schon 2007 bekam der Arbeitskreis den Bundesdenkmalschutz-Preis in Form der Silbernen Halbkugel. Und im April dieses Jahres wurde er beim Geschichtswettbewerb des Forums Geschichtskultur an Ruhr und Emscher unter dem Titel „Hau rein! Bergbau im Ruhrgebiet“ mit einem ersten Preis ausgezeichnet.

Auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau adelte beim Knappentag zum Ende des Bergbaus auf der Zeche Zollern am vergangenen Wochenende die Mitglieder des Arbeitskreises. „Ihre Arbeit ist für Dortmund unendlich wertvoll“, stellte er fest. „Sie sorgen dafür, dass der Bergbau in Dortmund lebendig bleibt.“

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