
© Thomas Thiel
„Da stehst du vor deiner Tür und denkst: Bist du jetzt pleite?“
Brand-Drama in Wickede
Eine fünfköpfige Familie hat durch einen Brand in Wickede ihr Zuhause verloren. Am Tag nach dem Feuer ist die ganze Hausgemeinschaft noch gezeichnet von den dramatischen Szenen am Freitagabend.
Am Tag danach sieht auf den ersten Blick alles normal aus in der Wohnsiedlung rund um die Gösslingstraße in Wickede: Die Rasenflächen vor den großen Mehrfamilienhäuser sehen gepflegt aus, die Sommersonne scheint durch die Zweige der großen Trauerweide. Bis der Blick auf das große Haus an der Ecke zur Enekingstraße fällt.
Vor dem vierstöckigen Gebäude liegen die verkohlten Reste einer Wohnung im Gras: ein ausgebrannter Fernseher, ein zerfetzter Bürostuhl, ein paar Holzbeine, die vielleicht einmal zum Esstisch gehörten.

Auf dem Rasen vor dem Haus verstreut liegen die Überreste des Mobiliars aus der Brandwohnung. © Thomas Thiel
Am Abend zuvor, um 19.37 Uhr, ging ein Brandalarm bei der Dortmunder Feuerwehr ein. Als die ersten Einsatzkräfte vor Ort eintrafen, riefen sie sofort Verstärkung: Aus den Fenstern einer Wohnung im obersten Stock schlugen Flammen, dichter Rauch war überall.
„Da war der Rauch schon so schlimm, dass der Flur schwarz war“
Ein paar Stockwerke darunter bekam Christa Zülck erst einmal nichts von dem Inferno über ihr mit: „Ich lag auf dem Bett und habe Fernsehen geschaut“, erzählt die 73-Jährige, „da hat mich meine Nachbarin heraus geklingelt.“ Kurze Zeit später stand Zülck vor ihrem Haus - nur in Nachthemd und Morgenmantel.
Ihre Nachbarin Ilse Schmidt wurde von einem Feuerwehrmann aus ihrer Wohnung geholt: „Da war der Rauch schon so schlimm, dass der Flur schwarz war“, erzählt sie.

Flammen und dichter Qualm drangen am Freitagabend aus einer Wohnung in einem Mehrfamlienhaus an der Enekingstraße in Wickede. © Feuerwehr Dortmund
Am Tag danach sind die Spuren des Brandes im Flur des Hauses omnipräsent: Der Geruch des Rauches kriecht einem sofort in die Nase und in die Klamotten; das Löschwasser der Feuerwehr hat den Ruß bis ins Erdgeschoss gespült, die Wand herunter in vielen kleinen schwarzen Rinnsalen.
Im obersten Stock sind die Wände im Flur durchgängig schwarz. Hier steht Robert Meier und versucht, ein wenig Ordnung in die Verwüstung um ihn herum zu bringen. „Das sieht hier aus wie ausgebombt.“

Am Tag nach dem Feuer: Die Brandwohnung im obersten Stock des achtstöckigen Hauses ist wohl vollkommen zerstört. Spuren des großen Brandes findet man aber sogar im Erdgeschoss. © Thomas Thiel
Meier - eigentlich heißt er anders, er will aber seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung und im Internet lesen - lebt in der Wohnung unmittelbar neben der Brandwohnung. Zum Zeitpunkt des Brandes war er nicht Zuhause, sondern kam kurze Zeit danach von einer Fahrradtour zurück.
Zwei Stunden beobachtete er den Feuerwehreinsatz und hoffte, dass sich die Flammen nicht auf seine Wohnung ausbreiten. „Da stehst du vor deiner Tür und denkst: Bist du jetzt pleite?“
Mutter rief unter Tränen nach ihrem vermissten Kind
Mit Meier bangte auch der Großteil der Hausgemeinschaft um ihr Zuhause: Die Feuerwehr hatte das Haus geräumt, später wurden die Bewohner in einem eigens herbeigeschafften Versorgungsbus verpflegt.
Dort vor dem Gebäude spielte sich auch die dramatischste Szene des Abends ab. Die Bewohnerin der Brandwohnung vermisste eines ihrer drei Kinder und rief unter Tränen immer wieder nach ihm, berichtet Ilse Schmidt.
Erst eine gute Viertelstunde später kam die erlösende Nachricht: Das Kind war gar nicht in der in Flammen stehenden Wohnung gewesen, sondern sicher bei Familienangehörigen, die schräg gegenüber leben.

Zwei Fenster der völlig ausgebrannten Wohnung © Thomas Thiel
Am Samstagnachmittag ist die fünfköpfige Familie nicht im Haus, die Polizei hat ihre völlig ausgebrannte Wohnung versiegelt. Am Montag werden sich die Brandermittler auf die Suche nach der noch unbekannten Brandursache machen, heißt es auf Nachfrage von der Polizei. Man wisse aktuell nur, dass der Brand im Kinderzimmer ausgebrochen sei.
Nachbar Meier ist hingegen mit einem blauen Auge davon gekommen: Seine Wohnung ist heile geblieben, bis auf den beißenden Rauchgeruch und die Wohnungstür, die die Feuerwehr aufgebrochen hat. Meier ist erleichtert: „Da steckt ein ganzes Leben drin.“
1984 geboren, schreibe ich mich seit 2009 durch die verschiedenen Redaktionen von Lensing Media. Seit 2013 bin ich in der Lokalredaktion Dortmund, was meiner Vorliebe zu Schwarzgelb entgegenkommt. Daneben pflege ich meine Schwächen für Stadtgeschichte (einmal Historiker, immer Historiker), schöne Texte und Tresengespräche.
