Wolfgang Scharf, Geschäftsführer der Creditreform Dortmund, kennt die Wirtschaftsdaten der Dortmunder Unternehmen. Er kann einschätzen, wie groß das Pleiterisiko in Dortmund im Vergleich zu anderen Städten im Ruhrgebiet ist.

Wolfgang Scharf, Geschäftsführer der Creditreform Dortmund, kennt die Wirtschaftsdaten der Dortmunder Unternehmen. Er kann einschätzen, wie groß das Pleiterisiko in Dortmund im Vergleich zu anderen Städten im Ruhrgebiet ist. © dpa/Creditreform

Erst Corona, jetzt Krieg: So groß ist das Pleiterisiko in Dortmund

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Eine Analyse zeigt das Pleiterisiko von Firmen in Dortmund und im Ruhrgebiet. Die Ergebnisse für das Corona-Jahr 2021 sind durchaus überraschend. Experten wagen eine Prognose für das Jahr 2022.

Dortmund

, 08.06.2022, 07:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Phoenix-See verfügt über die Wirtschaftsdaten der Dortmunder Unternehmen und kann so - beispielsweise gegenüber Banken - deren Bonität einschätzen.

Mehrere Creditreform-Geschäftsstellen haben jetzt das „Pleiterisiko für Unternehmen im Ruhrgebiet in 2021“ vorgestellt. Erfreulich sind die Ergebnisse für Dortmund. Wolfgang Scharf, Geschäftsführer der Creditreform Dortmund, sagt dazu: „In Dortmund hat sich das Pleiterisiko erneut verringert. Im Vergleich zu anderen Städten und Kreisen im Ruhrgebiet steht Dortmund verhältnismäßig gut da.“

Datengrundlage für die Analyse ist die Creditreform-Wirtschaftsdatenbank. Es wurde nach massiven Zahlungsverzügen von mehr als 90 Tagen und Insolvenzverfahren geguckt.

Positive Entwicklung trotz Corona-Pandemie

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, so wird festgestellt, verlief zwischen 2018 und 2021 – und trotz der Corona-Pandemie – verhältnismäßig positiv. „Diese gute volkswirtschaftliche Entwicklung spiegelt sich auch im Ausfallrisiko der Unternehmen wider“, erläutert Wolfgang Scharf.

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So beläuft sich der Risikoindikator für das Jahr 2021 im bundesdeutschen Schnitt auf 1,08 Prozent – und ist damit im Vergleich zu den 1,41 Prozent im Jahr 2018 deutlich gesunken. Das heißt, nur 1,08 Prozent der Unternehmen in Deutschland kam 2021 in Zahlungsverzug oder ging in ein Insolvenzverfahren.

Für NRW beziffert Creditreform das Ausfallrisiko mit 1,19 Prozent. Im Jahr 2020 waren es 1,26 Prozent, 2019 1,57 Prozent und im Jahr 2018 sogar 1,68 Prozent. „Betrachtet man das Ruhrgebiet, ist die Entwicklung sehr ähnlich. Hier fällt die Kurve von 2,06 Prozent im Jahr 2018 auf 1,50 Prozent im Jahr 2020“, sagt Wolfgang Scharf.

Pleiterisiko: Dortmund rangiert im Mittelfeld

Die große Insolvenzwelle, die man seitens Creditreform zu Beginn der Pandemie vorausgesagt hatte, ist also ausgeblieben. „Die negativen Kassenstände sind woanders entstanden“, sagt Hartmut Irmer, Leiter Vertrieb, mit Verweis auf den Staatshaushalt. Kurzarbeitergeld, Überbrückungsgelder und Soforthilfen hätten dazu geführt, dass die Unternehmen „gut durch die Pandemie“ gekommen seien.

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Vor allem in Dortmund sind die befürchteten, anhaltenden Insolvenzen ausgeblieben. „Der Risikoindikator für die erfassten 12.992 Unternehmen in Dortmund liegt aktuell bei 1,35 Prozent – und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr spürbar verbessert“, stellt Wolfgang Scharf fest. Denn im Jahr 2020 waren es noch 1,79 Prozent.

Mit Essen (1,29) und Bochum (1,65) rangiert Dortmund aktuell im Mittelfeld. Ein geringes Ausfallrisiko gab es 2021 im Kreis Unna mit 1,11 Prozent. Ein besonders hohes Pleiterisiko weisen Unternehmen in Herne (2,01 Prozent) und Duisburg (2,08 Prozent) auf.

Energiekosten können sich fatal auswirken

Dass die heimischen Unternehmen so überaus gut durch die Pandemie gekommen sind, begründet Hartmut Irmer damit, dass Dortmund als Dienstleistungsstandort deutlich weniger von Konsumenten-Umsätzen abhängig sei als andere Städte und Kreise. Und gerade die vielen Firmen der IT-Branche, die es in Dortmund gebe, hätten zu den Gewinnern der Pandemie gezählt.

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„Für 2022 gehen wir allerdings von einem Anstieg der Firmenpleiten auf dann 2,35 Prozent aus“, wirft Scharf einen Blick in die Zukunft. Hartmut Irmer begründet diese Skepsis mit der Energiekostenentwicklung, die immens auf die Unternehmen einwirke.

Während sich generell feststellen lasse, dass das Ausfallrisiko mit steigendem Jahresumsatz der Unternehmen falle und man bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als fünf Millionen Euro von sehr sicheren Geschäften sprechen könne, so könne die Lage für einen kleinen Döner-Imbiss schnell fatal werden. „Wenn sich da die Energiekosten von 1000 auf 2000 Euro im Monat verdoppeln, fressen sie derzeit etwa 70 Prozent des Gewinns im Monat“, sagt Hartmut Irmer.

Handwerkskammer-Präsident fordert Entlastungen

Aus dem Handwerk wird das Stöhnen über die Energiekosten bereits immer lauter. „Die angespannte Lage auf dem Energiemarkt belastet das Handwerk und wirkt wie ein Dämpfer für die Geschäftstätigkeit der Betriebe, die sich nach den Corona-Einschränkungen langsam wieder erholt hatten“, sagt Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund.

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund, sorgt sich wegen steigender Energiekosten um die Unternehmen. „Die angespannte Lage auf dem Energiemarkt belastet das Handwerk und wirkt wie ein Dämpfer für die Geschäftstätigkeit der Betriebe“, sagt er.

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer, sorgt sich wegen steigender Energiekosten um die Unternehmen. „Die angespannte Lage auf dem Energiemarkt belastet das Handwerk und wirkt wie ein Dämpfer für die Geschäftstätigkeit der Betriebe“, sagt er. © Schaper

Angesichts der Firmenpleiten, die Creditreform in der Folge des Krieges in der Ukraine befürchtet, wundert es nicht, dass erneut nach staatlichen Hilfen gerufen wird. Berthold Schröder erklärt: „Steigende Energie- und Materialpreise in Kombination mit Lieferengpässen sorgen dafür, dass viele Betriebe ihre Preise anpassen mussten, weil sie sonst ihre Kosten nicht mehr decken können. Vor diesem Hintergrund werden die Erhöhung der Energieeffizienz in den Betrieben und die Gewährung von Entlastungen bei den Energiekosten immer wichtiger.“