Maskenpflicht im Unterricht

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Mutter aus Dortmund verteidigt Maskenpflicht: „Beatmungsschlauch ist schlimmer“

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Viele Dortmunder können die Maskenpflicht an Schulen wegen des Coronavirus nicht nachvollziehen. Sie sind dagegen. Jetzt meldet sich eine Mutter, die dafür ist. Aus gutem Grund.

Dortmund

, 13.08.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das neue Schuljahr ist gestartet, die Schüler an den weiterführenden Schulen und Berufskollegs müssen Masken tragen. Während des Unterrichts. Diese Ankündigung von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer hat auch in Dortmund für viele Proteste gesorgt. Anja Welling hingegen sagt: „Ich bin froh über diese Regelung.“

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Ihren richtigen Namen möchte die 53-jährige Dortmunderin nicht nennen. „Ich habe Sorgen, dass sich meine Tochter dann in der Schule vor denjenigen rechtfertigen muss, die keine Masken tragen möchten.“

Kein Verständnis für den Unmut der Eltern

Seit Beginn der Pandemie haben sich die Dortmunderin und ihre Familie so weit wie möglich isoliert. Sind nicht wie viele andere in den Urlaub gefahren, sind nicht ins Restaurant gegangen. Selbst das Einkaufen ist eine Hürde.

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Der Grund: Anja Welling gehört zur Risikogruppe, denn sie hat Asthma und Bluthochdruck. Und sie sagt: „Eine Maske zu tragen ist für die Schüler vielleicht unbequem, ein Beatmungsschlauch ist aber weit schlimmer.“

Die Tochter von Anja Welling besucht das Max-Planck-Gymnasium in Dortmund. Welling kann nicht verstehen, dass sich so viele Eltern jetzt schon gegen die Maskenpflicht im Unterricht stellen. „Das sind doch diejenigen, die dann am lautesten schreien, wenn die Schule wegen Corona wieder geschlossen werden muss.“

„Für einen Start aller Kinder ist es eigentlich zu früh.“

Die Maskenpflicht, glaubt die Mutter, ist die Voraussetzung dafür, dass Schule unter diesen Umständen überhaupt klappen kann. Sie glaubt allerdings auch, dass es zu früh für einen Start aller Schüler ist.

„Bisher waren die Lehrer an unserer Schule sehr engagiert, haben die Schüler auch im Home-Office gut begleitet.“ Welling fände es besser, wenn nicht alle Schüler gleichzeitig zurückkehren würden, sondern ein Teil weiter auf Distanz unterrichtet würde. Das würde für alle Kinder auch mehr Platz bedeuten.

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Zumal auch eine Einteilung in feste Kurse und Klassen ihrer Meinung nach nichts bringt. Anja Welling: „Das Problem beginnt ja nicht im Schulgebäude, sondern vorher. Eine feste Sitzordnung bringt doch nichts, wenn die Kinder schon auf dem Weg zur Schule mit vielen anderen Menschen gemeinsam in Bussen sitzen.“

„Ich bin doch mit meinem Problem nicht allein.“

Die 53-Jährige sagt: „Ich bin doch mit meinem Problem nicht allein.“ Auch Schüler gehörten selbst zur Risikogruppe oder hätten Eltern mit Diabetes, MS, Herz-Kreislauf-Beschwerden und anderen Erkrankungen. „Wenn ich dann das Gemecker über die Maskenpflicht höre, brodelt es in mir. Selbst bei gesunden Menschen kann die Krankheit einen schweren Verlauf nehmen.“

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Videotalk: NRW-Schüler müssen im Unterricht Masken tragen

Das Argument, die Kinder könnten sich im Unterricht nicht konzentrieren, lässt die Mutter nicht gelten. „Als ob das jemals unter den Kindern ein Thema gewesen wäre. Und wie soll sich dann meine Tochter konzentrieren, wenn sie ständig besorgt ist, dass sie mich durch ihren Schulbesuch gefährden kann?“

Kann das Kind zu Hause bleiben?

Auf der Homepage des Schulministeriums gibt es Vorgaben für solche Fälle - zum Beispiel für vorerkrankte Schüler. „Die Eltern entscheiden, ob für ihr Kind eine gesundheitliche Gefährdung durch den Schulbesuch entstehen könnte. Die Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt wird empfohlen. In diesem Fall benachrichtigen die Eltern unverzüglich die Schule und teilen dies schriftlich mit.“

Diesen Weg hatte Maren Middendorf bereits vor dem Schließen der Schulen beschritten. Sie hatte sich nämlich genau wie Anja Welling Sorgen gemacht. Ihre Tochter Mia hat Diabetes. Die Erleichterung war groß, als die Familie von der Möglichkeit erfuhr, das Kind vom Unterricht zu befreien.

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Mittlerweile kann die vierzehnjährige Mia wieder zur Schule gehen: „Sie ist gut eingestellt. Ihre Ärztin befürwortet den Schulbesuch. Aber ich kann die Mutter verstehen, die sich Sorgen macht.“

Wenn schon alle Kinder wieder zur Schule müssten, sei die Maskenpflicht das Mindeste, um Riskogruppen zu schützen. „Denn Abstand halten wird nicht klappen.“ Das Tragen einer Maske sei für die Kinder jetzt zwar anstrengend, aber gerade eben unvermeidbar. „Es gibt Berufsgruppen, die den ganzen Tag eine Maske tragen müssen.“

Auch zum „Schutz vorerkrankter Angehöriger, die mit Schülerinnen und Schülern in häuslicher Gemeinschaft leben“ gibt es eine Regelung auf der Homepage des Schulministeriums.

Den Kindern soziale Verantwortung mitgeben

Darin heißt es: „Die Nichtteilnahme von Schülerinnen und Schülern am Präsenzunterricht kann zum Schutz ihrer Angehörigen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und nur vorübergehend in Betracht kommen. Dies setzt voraus, dass ein ärztliches Attest des betreffenden Angehörigen vorgelegt wird, aus dem sich die Corona-relevante Vorerkrankung ergibt.“

Am liebsten würde Anja Welling ihre Tochter vom Unterricht befreien lassen - gleichzeitig wünscht sie aber, dass ihr Kind wieder am normalen Alltag teilhaben kann. „Gerade jetzt, wo es in die Oberstufe geht, ist es für sie wichtig, nichts zu verpassen. Aber dann eben mit Maske.“

Und sie sagt: „Eltern, die sich grundsätzlich gegen eine Maskenpflicht im Unterricht stellen, sollten überlegen, was sie ihren Kindern an sozialer Verantwortung mitgeben. Wir können dieses Problem nur gemeinschaftlich lösen.“