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Coronavirus bringt Dortmunder Fahrschüler um den Führerschein
Fahrschulen müssen schließen
Laut NRW-Erlass zählen Fahrschulen zu Bildungseinrichtungen - damit müssen auch sie ihren Betrieb bis zum 19. April einstellen. Das sorgt für Ärger bei allen Beteiligten.
Seit 16. März sind alle Schulen, Kitas und Hochschulen geschlossen. Das Land NRW legte per Erlass am Sonntagabend (15.3.) fest, dass man Angebote von öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen nicht mehr wahrnehmen dürfe. Bemerkenswert: Auch Fahrschulen sind mit inbegriffen.
„Wir dürfen keinen Unterricht mehr geben - weder Theorie- noch Praxisstunden“, erklärt Mehmet Anik, Inhaber der Fahrschule Anik, gegenüber unserer Redaktion. Dass er seine Fahrschule schließen musste, trifft ihn schwer. „Die Schließung ist schlimm wegen der ganzen Fixkosten“, sagt er.
Während der Corona-Pause laufen die Fixkosten für die Raummiete und seine fünf Leasingfahrzeuge sowie das Gehalt von drei hauptberuflichen Mitarbeitern regulär weiter. „Wir haben bereits Kurzarbeit angemeldet“, sagt Anik.
Mehmet Anik glaubt nicht, dass seine Fahrschüler nach der Auszeit der Fahrschule mehr Fahrstunden brauchen, um die praktische Prüfung zu bestehen. „Was gelernt ist, vergisst man nicht so schnell“, glaubt er. Den Fahrschülern werden praktische Fahrstunden, die sie durch das Coronavirus zusätzlich benötigen, finanziell nicht erstattet.
Theorieprüfung nach einem Jahr ungültig
Dies ist auch bei der Fahrschule Szymanski so geregelt. Inhaber Andreas Szymanski trifft das Virus ähnlich hart, denn er hat mit seiner Fahrschule ebenfalls hohe Fixkosten.
Während den Mitarbeitern der Fahrschule die finanziellen Einnahmen verloren gehen, haben Fahrschüler mit anderen Sorgen zu kämpfen: Eine bestandene theoretische Prüfung verfällt nach einem Jahr. Auch Sonderfahrten der Praxisstunden werden nach zwei Jahren ungültig. Somit kann das Virus so manchem Schüler den Führerschein kosten.
Dieses Problem hat zum Beispiel Suzi Daria, Fahrschülerin der Fahrschule Szymanski. Sie hat ihre Theorieprüfung vor knapp einem Jahr bestanden. Da sie danach eine Ausbildung angefangen hat und neu nach Dortmund gezogen ist, haben sich die Praxisstunden etwas in die Länge gezogen.
Ihr angesetzter Termin für die praktische Prüfung am 12. April entfällt nun - und damit auch die Gültigkeit ihrer Theorieprüfung. „Das ist sehr schade“, legt sie unserer Redaktion dar. „Ich werde versuchen, das mit dem Verkehrsamt zu klären. Ansonsten muss ich die Theorieprüfung leider neu machen“, bekennt sie verständnisvoll.
Friedel Thiele, Vorsitzender des Fahrlehrer-Verbands Westfalen, schildert unserer Redaktion den Umgang mit verfallenen Theorieprüfungen. Das Straßenverkehrsamt müsste jede einzelne Prüfung, deren Gültigkeit durch das Virus verfallen würde, auswerten und eine individuelle Regelung festlegen.
Thiele hofft auf großzügige Regelung für den Bürger
„Ich hoffe, das Amt reagiert großzügig auf verfallene Prüfungen, denn eigentlich darf es nicht zulasten des Bürgers gehen“, erläutert Friedel Thiele auf Nachfrage. Man müsse eine bürgerfreundliche Regelung treffen.
Online-Theoriestunden seien für Fahrschulen keine Option. Thiele erklärt, die Fahrschulen könnten Online-Programme als Hilfe für die Schüler anbieten. Das Land habe sich aber dagegen entschieden, diese als Theoriestunden anrechnen zu lassen.
Thiele hält das für richtig: „Pädagogisch sinnvoller Unterricht kann nur mit der Präsenz der Schüler gewährleistet werden“. Doch neben den entfallenden Theorie- und Praxisstunden erkennt der Vorsitzende noch ein Problem: „Wenn die Fahrschulen wieder öffnen, wird der Run auf Fahrstunden und Prüfungen extrem groß sein.“ Dies wird zu Überlastungen führen, prognostiziert er.
„Ich mache mir große Sorgen um den Fortbestand vieler Fahrschulen“, sagt Thiele. Die Gesundheit der Bürger würde dennoch gegenüber des Unterrichts vorgehen. „Ich hätte mir trotzdem gewünscht, wenn man Praxisstunden unter Hygienevorschriften hätte stattfinden lassen.“