
© Sprechchor Dortmund
Corona verhindert Aufführung: Schock für Dortmunder Sprechchor
Kultur während Corona
In Pandemie-Zeiten hat es die Kultur besonders schwer. Das musste eine Dortmunder Gruppe jetzt schmerzlich erfahren. Kurz vor der Premiere ihrer Freiluft-Aufführung musste sie alles absagen.
Seit Monaten hatten Mitglieder des Dortmunder Sprechchors eine Freiluft-Performance einstudiert, vorbereitet und geprobt. Die Enttäuschung war groß, als wenige Tage vor der Aufführung das Dortmunder Ordnungsamt alles abblies.
Die neue Inzidenzstufe und die damit verbundene Corona-Schutzverordnung erlaubten es nicht, ohne Hygienekonzept mit Besucher-Nachverfolgung eine Kulturveranstaltung anzubieten. „Das war ein großer Schock“, sagt Katrin Osbelt, Initiatorin des Projekts.
Aufführung sollte komplett an der frischen Luft stattfinden
Das sah vor einer wenigen Wochen noch ganz anders aus. Der ursprüngliche Plan, den UmweltKulturPark Dortmund an der Ostenbergstraße und einen angrenzenden Waldweg am Wochenende (14./15.8.) zur Bühne zu machen, scheint eigentlich Corona-konformer als vieles, was noch ohne Hygienekonzept erlaubt ist.

Die Mitglieder des Dortmunder Sprechchors nutzen Wald und Wiese für ihre Präsentation. © Sprechchor Dortmund
Besucher sollten eingeladen werden, sich bei einem Spaziergang an der frischen Luft Sprechkunst, Literatur und Natur zu erwandern. „Wir hätten die Akteurinnen und Akteure mit ausreichend Abstand zu den Flaneuren platziert. Es wird uns aber nicht gelingen, jeden Spaziergänger zu registrieren und die Aufenthaltsdauer am Rand eines 850 Meter langen Weges zu dokumentieren. Deshalb sagen wir die Veranstaltung schweren Herzens ab und verschieben die Performance auf unbestimmte Zeit“, sagt Katrin Osbelt.
„Sobald das Ordnungsamt grünes Licht gibt, holen wir unser Sommer-Theater nach“, ergänzt Heike Lorenz, die für den Sprechchor die Gespräche mit den Ämtern geführt hat.
Der Sprechchor Dortmund hat zehn Jahre lang das Programm am Schauspiel Dortmund mitgeprägt. „Über die vielen Jahre ist eine wunderbare Gemeinschaft gewachsen, die mit Professionalität und Liebe zum Theater an über 25 Inszenierungen mitgewirkt hat“, sagt Katrin Osbelt, Mitglied der ersten Stunde.

Proben wie hier auf der Wiese im UmweltKulturPark sind weiterhin erlaubt. © Sprechchor Dortmund
Mit der COVID-19-Pandemie fand der enge Kontakt zum Schauspielhaus ein jähes Ende. „Rund 80 Menschen im Alter von 22 bis 97 zählt der Chor“, sagt Regine Anacker, die ebenfalls von Anfang an dabei ist. „Bis vor anderthalb Jahren haben wir auf den Probebühnen des Theaters stundenlang geprobt – das war dann von einem Tag auf den anderen vorbei. Das Projekt ‚Die Lücke im Ablauf‘ hat allen einen unbeschreiblichen Motivationsschub gegeben.“
Das Projekt wird über das Kulturbüro Dortmund mit Mitteln aus „Neustart Kultur“ gefördert.
Der Sprechchor musste sich neu erfinden
Der Sprechchor Dortmund hat sich seit dem ersten Lockdown 2020 neu erfunden: Filmprojekte in Eigenregie prägten das erste Corona-Jahr, die Produktion „Die Lücke im Ablauf“ beschäftigte rund 50 Chormitglieder im zweiten Corona-Sommer. Sehr tröstlich, für alle Mitwirkenden, die Monate lang in einem Kleingarten, im Wald und auf Wiesen – und oft im Regen – geprobt haben: Entstanden ist nicht nur die Dramaturgie für die Freiluft-Performance, sondern auch ein Film und eine neue Chor-Website www.sprechchor-dortmund.de.
Der Sprechchor bündelt viele Talente: Regine Anacker und Katrin Osbelt haben Regie geführt, Texte zusammengestellt und geschrieben, Choreuten haben selbst kleine Szenen entwickelt, Kostümvorschläge erarbeitet oder bei der Organisation geholfen. Support erhielt der Chor zudem von Schauspieler Ekkehard Freye und Dramaturgin Ilona Seippel-Schipper.
Fazit: Die Natur ist eine tolle Bühne, aber die Sehnsucht, dass sich der Vorhang eines Theaters auch für den Sprechchor Dortmund wieder öffnet, ist groß.
Das Projekt wird über das Kulturbüro Dortmund im Programm Kultursommer 2021 durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit Mitteln aus „Neustart Kultur“ gefördert.
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
