Kürsat Chico Yildirim ist als Dortmunds Lottokönig über die Grenzen der Stadt berühmt geworden. 2022 knackte der heute 43-Jährige den Jackpot in Höhe von zehn Millionen Euro und erzählt seitdem seine Geschichte. Ausgerechnet Chico warnt seine Fans nun davor, Lotto zu spielen.
Vor Kurzem veröffentlichte der Multimillionär ein entsprechendes Statement auf Instagram. „Ich kann in letzter Zeit meinen Augen nicht glauben“, sagt Chico in dem Reel, das mehr als 200.000 Views zählt (Stand: 23. Juli 2024). Offenbar bewegt sein Glück als Lottospieler und der Luxus, den er sich dank seiner Gewinne leisten kann, andere dazu, ihm nachzueifern. Sogar den Imam einer Moschee in Dortmund habe er dabei „erwischt“, wie er Lotto spielte.
„Macht nicht denselben Fehler wie ich früher“, warnt Chico seine Fans. Nämlich, alles Geld fürs Lottospiel auszugeben. Denn die Chance, den Jackpot zu knacken, liege bei 1:140 Millionen. „Das, was mir passiert ist, ist ein Wunder.“
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Eine pointierte Zusammenfassung seiner Geschichte. Chico stammt aus einem kleinen Dorf in Anatolien. Im Alter von acht Jahren kam er mit seiner Familie nach Deutschland und arbeitete vor seinem Gewinn im Lotto als Krankführer. Und Schulden hatte er. Um Kokain, Alkohol und Glücksspiel zu finanzieren, lieh er sich Geld, ließ anschreiben, stahl. Sein eigener Vater zeigte ihn an, um den Sohn aus der Abwärtsspirale der Sucht zu befreien. Zwei Mal saß er ein, in Bochum und Dortmund, wegen Betrugs und Raubes.
Sein erster und bisher höchster Lottogewinn im Jahr 2022 kam einer Zäsur gleich. Vom Glücksspiel ließ er dennoch nicht die Finger. Etwa 3.500 Euro gebe er monatlich dafür aus, erzählte Chico im April 2024 in der Sat.1-Reality-Doku „Über Geld spricht man doch!“. Auch für den Glücksspiel-Anbieter „Lotto24“ war Chico bereits das Werbegesicht.
„Komme meiner Verantwortung nach“
Woher nun dieser plötzliche Sinneswandel? Diese Frage konnte Chico unserer Redaktion zwar nicht beantworten, dafür aber sein Manager, Patrick Schillgalies.
Einen konkreten Anlass, ausgerechnet jetzt vor exzessivem Glücksspiel zu warnen, habe es nicht gegeben. Vielmehr sei es seinem Klienten in jüngster Zeit aufgefallen, dass Menschen voll Stolz von ihren ungewöhnlich hohen Einsätzen beim Lotto erzählen. Für Chico sei das ein Warnsignal gewesen. „Er sagte: ‚Bevor es mehr werden und das eine Bewegung lostritt, komme ich meiner Verantwortung nach.‘“, berichtet Manager Schillgalies.

Chico habe die Pflichten erkannt, die für ihn als Person des öffentlichen Lebens gelten. „Er hat eine Vorbildfunktion und die will er erfüllen“, sagt Schillgalies. „Er sagte: ‚Wenn ich in den Spiegel gucke, will ich nicht der Chico sein, der daran Schuld ist, dass jemand 200 Euro weniger hat, um sich etwas zu essen zu kaufen, weil er das Geld vorher ins Lottospiel gesteckt hat.‘“
So sei es ihm selbst einst ergangen, erklärt Chico in seinem Statement auf Instagram: „Ich habe alles, was ich in meine Hände gekriegt habe, fürs Lotto eingesetzt.“ Dass er damals so exzessiv gespielt habe, sei ein Zeichen seiner zahlreichen Probleme gewesen.
Chico geht in seinem Reel offen damit um, dass er einst spielsüchtig war oder zumindest erste Symptome dafür zeigte. 4,6 Millionen Menschen in Deutschland geht es wie ihm damals. Zu diesem Ergebnis kam 2023 der Glücksspielatlas, den das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg, die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm und der Bereich Glücksspielforschung an der Universität Bremen jährlich herausgeben.
Die Daten basieren unter anderem auf einer Umfrage aus 2021. Zu den Betroffenen zählen demnach vor allem Männer, junge Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund und Mitglieder von Sportvereinen sowie deren Fans. Die Möglichkeit zu gewinnen, die versetzt sie in einen Rausch. Aufzuhören, das fällt schwer.

Anders als eine Alkoholabhängigkeit könnten Betroffene eine Glücksspielsucht nicht verbergen, erklärt Verena Küpperbusch. Sie ist Leiterin der Landesfachstelle Glücksspielsucht der Suchtkooperation NRW. „Man riecht es, wenn jemand zu viel getrunken hat. Und man sieht es daran, wie die Person sich bewegt – sie fängt an zu torkeln. Beim Glücksspiel ist das anders. Das ist eine unsichtbare Sucht.“ Angehörige würden deshalb oft erst zu spät den Ernst der Abhängigkeit erkennen.
Die Folge: Betroffene kämpfen nicht nur mit finanzieller Not, sie leiden auch an sozialer Ausgrenzung, die sie zum Teil selbst verursachen. „Diese Menschen ziehen sich häufig zurück, denn das Glücksspiel ist jetzt ihr Lebensinhalt“, sagt Küpperbusch. Symptome einer Spielsucht seien deshalb oft Depressionen, manche Betroffenen sähen den einzigen Ausweg im Suizid.
Spielsucht ist ein Makel
Das Problem: Wie Alkohol und Cannabis sei Glücksspiel legal – und gesellschaftlich geduldet. „Mein Eindruck ist, dass viele Menschen dem Glücksspiel immer positiver begegnen, gerade bei Sportwetten. Das ist dann schon okay, wenn jemand das mal macht.“ Bis aus ein paar harmlosen Wetten hier und da eine ernsthafte Erkrankung wird. Die sei dann ein Makel, erklärt Küpperbusch.
Davor warnt Chico in seinem Reel auf Instagram. Er selbst spiele mittlerweile nur noch ein Mal pro Woche Lotto, obwohl an zwei Tagen die Gewinnzahlen gezogen würden. Der Dortmunder rät seinen Fans: „Wenn ihr ein bisschen Geld über habt, könnt ihr mit Freunden spielen, mit der Familie, mit euren Arbeitskollegen – aber im Rahmen.“ Er habe erkannt, dass der Einsatz in den meisten Fällen nicht im Verhältnis zum Gewinn stehe. „Wenn das Glück dich treffen soll, dann tut es das auch mit zehn Euro Einsatz. Wenn nicht, dann gewinnst du auch nichts, wenn du eine Million Euro setzt.“