Die Wohnmobil-Dinner auf Phoenix-West hat die Stadt Dortmund knallhart ausgebremst. Die Begründung ist kompliziert bis kurios. Das Restaurant „Das Hoesch“ hat einen Anwalt eingeschaltet.
Restaurants haben geschlossen, also geht es aktuell nur über die Lieferdienste. Oder man holt sich die bestellten Speisen an einem Restaurant seiner Wahl ab. So in etwa funktioniert auch das Wohnmobil-Dinner.
Das Hoesch auf Phoenix-West war damit Vorreiter in Dortmund. Hier konnte man mit seinem Wohnmobil vorfahren, ein Menü bestellen und bekam das Essen an sein Fahrzeug geliefert. Ohne, dass ein Mitarbeiter des Restaurants das Wohnmobil betrat. Gegessen wurde dann im eigenen oder gemieteten Wohnmobil.
Wurde, denn die Stadt Dortmund hat diese Art von Gastronomie jetzt verboten.
Die Stadt Dortmund bezieht sich auf das Grundgesetz
Interessant ist dabei, dass sich die Stadt in ihrer Begründung unter anderem auf das Grundgesetz bezieht – und zwar auf den Artikel 13, in dem steht, dass eine Wohnung unverletzlich sei.
Was aber genau eine Wohnung ist, steht dort nicht. Ob Wände drumherum sind oder Bäume. Ob Räder drunter sind oder der Erdboden.
Wäre das Wohnmobil in dem Sinne eine Wohnung, könnte die Stadt die Wohnmobil-Dinner nicht verbieten. Oder anders: Dann müsste man wohl auch alle anderen Lieferdienste infrage stellen.
Keine Wohnung, sondern gastronomischer Bereich
Für die Stadt Dortmund ist ein Wohnmobil also in diesem Fall keine Wohnung – und damit ist es, wenn man den Artikel des Grundgesetzes bedenkt, verletzlich.
Das Wohnmobil sieht die Stadt vielmehr als eine Erweiterung des gastronomischen Bereiches, so sagt sie zumindest. Der 50-Meter-Radius um einen gastronomischen Betrieb herum, in dem derzeit keine Speisen verzehrt werden dürfen, sei hierbei nicht entscheidend.
Selbst wenn das Wohnmobil weiter weg stünde, sei der Verzehr der Speisen an Ort und Stelle nicht erlaubt, heißt es in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt.
Entfernung spielt angeblich keine Rolle, oder doch?
„Ein räumlicher Zusammenhang ist unter anderem auch dann gegeben, wenn die Getränke oder Speisen mit dem Wissen und Wollen abgegeben worden sind, auf unmittelbar an das Betriebsgrundstück angrenzenden Nachbargrundstücken verzehrt zu werden“, heißt es dazu von der Stadt.
Bedeutet das also auch, dass wer mit seinem privaten Pkw zu McDonald’s fährt, im McDrive bestellt und dort sein Essen erhält, das Essen auch nicht im Auto verspeisen darf? Oder zumindest nicht im näheren Umfeld?
Konstruiert die Stadt im Falle eines Wohnmobil-Dinners einen räumlichen Zusammenhang zwischen Restaurant und Wohnmobil? Und was ist dann noch zulässig?
Das Hoesch hat alles abgesagt und einen Anwalt eingeschaltet
Das wissen auch die Betreiber des Hoesch nicht so genau. „Wir haben mit der Stadt Dortmund immer gut zusammengearbeitet“, sagt Ben Blume, Geschäftsführer von Das Hoesch. Und es ginge auch gar nicht darum, Regeln infrage zu stellen. „Mir geht es nur darum, diese Regeln zu verstehen“, sagt Blume.
Das Hoesch hat jetzt erst einmal alle Termine für das Wohnmobil-Dinner abgesagt. „Wir werden einen Anwalt einschalten und die Begründung des Verbots überprüfen“, sagt Ben Blume.
Stadt justierte die Angaben an die Restaurants noch einmal nach
Die Stadt Dortmund justierte ihre Stellungnahmen, die sie an die Gastronomen geschickt hatte, am Mittwoch (3.2.) noch einmal nach:
„Eine Gaststätte betreibt, wer Getränke und/oder Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Der Betrieb von Gaststätten ist durch § 14 der CoronaSchVO derzeit untersagt.
Dabei spiele es keine Rolle, ob die Verabreichung der Speisen/Getränke klassisch am Tisch stattfindet oder zum Beispiel in Wohnmobilen.
„In dem jetzt vorliegenden Fall (Das Hoesch) verabreicht die Betreiberin einer coronabedingt derzeit geschlossenen Gaststätte auf dem zu ihrem Betrieb gehörenden Parkplatzgelände Speisen/Getränke, die in von den Kunden mitgebrachten oder eigens zu diesem Zweck angemieteten Wohnmobilen serviert werden. Es handelt sich um ein Angebot zum Verzehr an Ort und Stelle, also einen Gaststättenbetrieb, der derzeit unzulässig ist“, sagt Maximilian Löchter, Pressesprecher der Stadt Dortmund.
Laut Stadt würde der Vergleich mit McDonald’s hinken, da hier Speisen und Getränke zulässigerweise zum Mitnehmen abgegeben würden. Der Verzehr finde eben nicht an Ort und Stelle statt, so die Stadt.
Beschämende Reaktion
Kommentar: Die Stadt will kein Wohnmobildinner
Es ist wirklich beschämend. Da funktioniert das Angebot „Wohnmobil-Dinner“ in vielen Städten und Kreisen in ganz Deutschland. In Dortmund aber nicht. Und warum? Weil die Verwaltung etwas dagegen hat. Hier wird nicht nach einem Ausweg gesucht, den Gastronomen zu helfen. Nein, es wird jeder nur erdenkliche Weg gesucht, ihnen in dieser Zeit auch noch das Leben schwer zu machen. Ganz nach dem Motto: „Wenn ich lange genug suche, finde ich schon was.“ Wohnmobile sind völlig autark. Sie haben ihre eigene Toilette, ihren eigenen Strom. Corona-konformer geht es nicht. Aber was macht die Stadt? Sie kramt eine krumme Begründung heraus, um die kreative Idee zu untersagen. Das Hoesch wird einen Anwalt einschalten. Gut so. Es ist wirklich beschämend. Jörg Bauerfeld, Redakteur, berichtet hauptsächlich in Wort, Bild und Ton aus dem Dortmunder Süden.
