
© Uwe von Schirp
„ASpeiselokal im Burghof“: Inhaberin stemmt sich mit Mut und Leidenschaft gegen die Corona-Krise
Coronavirus
Anna Scheele ist Inhaberin von „ASpeiselokal im Burghof“ in Dortmund-Mengede. Die passionierte Köchin will keine Däumchen drehen. Mit Mut stemmt sie sich gegen die Resignation.
Der Mengeder Burghof ist altehrwürdig. Und großräumig. Dabei aber doch so schmal, dass Inhaberin Anna Scheele schon die ersten Auflagen für Restaurants in der Corona-Krise nicht erfüllen konnte. Drei Tische hätte sie aufgrund der Abstandsvorgaben bewirten dürfen – zu wenig, um „ASpeiselokal“ rentabel weiterzuführen. Die Konsequenz: eine vorübergehende Schließung. Doch Anna Scheele stemmt sich mit Mut und Ideen gegen die Krise.
Dienstagmorgen (24.3.), 10 Uhr: Die 37-jährige tritt in ihre Küche. Im großen Topf haben über Nacht gelbe Erbsen geweicht. Anna Scheele schnibbelt Gemüse, schält Kartoffeln. Sie putzt Salat und schneidet Schnitzel aus einem Schweinerücken. Business as usual, unter neuen Vorzeichen. Es ist Tag zwei auf dem Weg aus der Resignation. „ASpeiselokal im Burghof“ verkauft außer Haus.
Speisen gehen ab 12 Uhr durchs Burghof-Fenster
Es sind nicht die ersten Arbeitshandlungen an diesem Morgen: „Als ich noch zuhause war, rief schon eine Kundin an und hat für Mittwoch bis Sonntag vorbestellt“, erzählt die Meisterköchin. Das Tagesgericht hole sie jeden Mittag um 12 Uhr ab. Zu dieser Stunde öffnet Familie Scheele ein Fenster im vorderen Speiseraum. Jeden Tag bis 18 Uhr – sieben Tage die Woche.

Pascal, Joel und Anna Scheele sind ein Team: Zwischen Außer-Haus-Verkauf und Lernen im Speiseraum bleibt mehr Zeit für das Familienleben als sonst. © Uwe von Schirp
„Ohne die Kinder würde es nicht gehen“, erzählt die Inhaberin. Joel bringt die eingepackten Gerichte an den provisorischen Schalter. Pascal kassiert. „Meine Mitarbeiter sind ja in Kurzarbeit“, sagt Anna Scheele. Und sie steht da, wo sie sich am wohlsten fühlt: an Herd und Anrichte. „Ich koche so gerne“, sagt sie. „Das ist für mich Berufung.“
Die gebürtige Polin hat ihr Metier in ihrer Heimat gelernt. Vor 15 Jahren kam sie nach Deutschland. Im Februar vergangenen Jahres übernahm sie den Burghof. Die Küche des Hauses war kein Neuland: Anna Scheele hatte bereits beim Burghof-Vorpächter Thomas Jaworek gekocht.
Reduzierte Karte mit zehn Schnitzel-Gerichten
12 Uhr: Die Jäger- und die Pfeffersoße für die Schnitzel-Gerichte sind fertig. Die Köchin hatte noch Zeit, an einem Ecktisch im Speiseraum mit Joel für die Schule zu lernen. „Gleich muss ich noch neuen Jus ansetzen“, sagt sie – Basis für weitere Soßen. Zwei bis drei Tage müssen dafür Fleischreste in Wasser köcheln.

Passanten und Autofahrer erfahren an der Ecke Siegen-/Mengeder Straße von den aktuellen Tagesgerichten. © Uwe von Schirp
Anna Scheele hat ihre Karte deutlich reduziert. Zehn Schnitzel-Gerichte stehen trotzdem noch darauf. Aber auch: Mengeder Salat mit Pfannkuchenröllchen, Frischkäse und Lachs oder Bigos.
Mit ihren polnischen Spezialitäten machte sich die sympathische Frau in Mengede einen Namen. Auf die Sauerteigsuppe Zurek, die polnischen Reibekuchen (gefüllt mit Hähnchenbrust und Bratensoße) und die Rote-Beete-Suppe müssen die Gäste aber vorerst verzichten.

Anna Scheele hat sich gegen den ersten Frust gewehrt. Mit Mut und Ideen führt sie ihr Speiselokal weiter. © Uwe von Schirp
Ebenso auf Lachs, Medaillons oder gar Steak. „Das geht nicht zum Mitnehmen“, sagt die Fachfrau. „Schnitzel kann ich aber à la minute braten.“ In ihrer Stimme klingt die Passion für das Kochen mit. Bei Anna Scheele kommen nur frische Zutaten in Topf und Pfanne.
Vorbestellung vor Ort oder per Telefon
Vorbestellungen sind am Fenster des Burghofs in der Mengeder Siegenstraße oder telefonisch unter (0231) 226 56 43 möglich.
Jeden Tag kocht sie nun ein wechselndes Tagesgericht: Königsberger Klopse etwa, Fischfilet mit Senfsoße oder – am Sonntag – Schweinerouladen mit Rotkohl und Klößen. Auch für Stammgäste bietet sie in der Krise Neuigkeiten an.
14 Uhr: Ein Paar freut sich auf dem Spaziergang über das offene Fenster an der Siegenstraße. Berufstätige beenden ihre Mittagspause, halten auf Abstand ein Schwätzchen. Pascal notiert Vorbestellungen für den Frühabend.
„Seit Samstag sind meine Rückenschmerzen weg“, sagt die Gastronomin. Da fragte sie über ihre Facebook-Seite, ob Interesse an einem Außer-Haus-Verkauf bestehe. Am Sonntag schrieb sie die Tagesgerichte in einen weiteren Post. „Bis heute hatten wir 6000 Klicks“, sagt die Gastronomin glücklich. Sie stemmt sich gegen die Resignation: „Ich kann doch nicht zuhause sitzen und Däumchen drehen.“

Pascal (l.) und Joel helfen beim Außer-Haus-Verkauf mit: Abwechslung zwischen dem Lernen im heimischen „Klassenzimmer“. © Uwe von Schirp
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
