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Dortmunder Bibliothek schickt Bücher für 72 Stunden in Quarantäne
Coronavirus
Bücher in einer Dortmunder Bibliothek müssen nach ihrer Rückgabe in die Quarantäne. Eine gute oder doch übervorsichtige Maßnahme? Und warum werden die Bücher nicht einfach desinfiziert?
Sieben Wochen lang war die evangelische öffentliche Bücherei in Asseln wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Seit drei Wochen dürfen die ehrenamtlichen Mitarbeiter, wenn auch zu verkürzten Öffnungszeiten, wieder Bücher an ihre Kunden ausgeben – aber nicht direkt nach der Rückgabe.
Neben den mittlerweile obligatorischen Corona-Schutzmaßnahmen wie dem Tragen einer Mund-Nasen-Maske, begrenzten Besucherzahlen und dem Mindestabstand zwischen Personen, fällt eine interessante Regel auf.
„Die zurückgegebenen Medien kommen für 72 Stunden in Quarantäne, bevor sie wieder in die Regale geräumt werden“, teilt die Bücherei mit. „Wir richten uns dabei nach dem Verband Evangelischer Büchereien“, sagt Bibliothekarin Gudrun Göddertz.

Gudrun Göddertz mit ihrer Kollegin Renate Pothmann, die hinter einer Plexiglasscheibe sitzt © Tobias Larisch
Die abgegebenen Bücher kämen drei Tage lang in ein Regal, das für Besucher unzugänglich sei. Desinfiziert würden die Bücher aber nicht. „Desinfektionsmittel würde den Büchern auf Dauer schaden“, sagt Göddertz.
Persönlich habe die Bibliothekarin Bedenken ob der Notwendigkeit dieser Maßnahme, da sie im Supermarkt schließlich auch Dinge anfassen würde, die sie dann wieder zurücklege. Aber: „Um vor allem unsere älteren Besucher zu beruhigen und vor einer Corona-Infektion zu schützen, machen wir präventiv alles, was möglich ist“, sagt Göddertz.
In Eving werden die Bücher abgewaschen
Doch wie sieht das bei anderen Büchereien aus? In der Stadtteilbibliothek Eving werden zurückgegebene Bücher desinfiziert und leicht abgewaschen, kommen aber schon nach 24 Stunden wieder in das Regal zurück.
Um Kontakt mit den Besuchern zu vermeiden, würden die Bücher nur morgens zurückgestellt. „Wir richten uns dabei nach einer Vorgabe des Dortmunder Gesundheitsamtes“, sagt Leiterin Regina Hildebrandt.
Keine besonderen Schutzmaßnahmen ergreift dagegen Petra Dreesen, Besitzerin der Buchhandlung „dreesen-lesen“ in Brackel. „Bei uns werden die Bücher verkauft und kommen in der Regel nicht wieder zurück“, sagt Dreesen. „Neue Bücher werden mit Handschuhen ausgepackt und in das Regal geräumt.“
Allerdings kauft nicht jeder Kunde auch das Buch, das er aus dem Regal holt und durchblättert. In Quarantäne kämen die Exemplare aber trotzdem nicht. „Wir halten uns an andere Schutzmaßnahmen, um Infektionen zu vermeiden“, sagt Dreesen.

In Petra Dreesens Buchhandlung „dreesen-lesen“ werden die Bücher nach dem Durchblättern wieder in das Regal gestellt. © Petra Dreesen
Burkhard Büscher vom Institut für Virologie der Universität Duisburg-Essen sieht die Quarantäne für Bücher skeptisch. „Ich halte das für eine übervorsichtige Maßnahme“, sagt Büscher.
Er schließt sich der Evinger Bibliothekarin Göddertz mit ihrem Beispiel aus dem Supermarkt an. „Gegen eine Schmierinfektion müsste man alles sterilisieren“, sagt Büscher. „Normale Schutzmaßnahmen sind, nach dem aktuellen Forschungsstand, ausreichend.“
Hat im Mai 2020 in der für den Lokal-Journalismus aufregenden Corona-Zeit bei Lensing Media das Volontariat begonnen. Kommt aus Bochum und hatte nach drei Jahren Studium in Paderborn Heimweh nach dem Ruhrgebiet. Möchte seit dem 17. Lebensjahr Journalist werden.
