
© Stephan Schütze
Brieftauben sind nun immaterielles Kulturerbe in NRW
Taubenzüchter
Das Land NRW hat Brieftauben zum immateriellen Kulturerbe ernannt. Früher hatten die Tiere eine wichtige Aufgabe. Dortmunder Züchter freuen sich – denn die Taubenvereine sind am aussterben.
Bei einer Shoppingtour ist der Westenhellweg eigentlich immer voll. Ständig muss man sich durch die Menschenmenge quetschen – und aufpassen, dass man nicht aus Versehen auf Tauben tritt, denn die sind grundsätzlich immer im Weg. Tauben sind bei vielen einfach keine beliebten Tiere.
Umso überraschender, dass zumindest einige von den Tauben eine Auszeichnung bekommen: NRW hat das Brieftaubenwesen zum immateriellen Kulturerbe des Landes ernannt. Am Donnerstag hat der Präsident der Deutschen Brieftaubenzüchter, Richard Groß, die Auszeichnung entgegengenommen.
Dortmunder Taubenzüchter freuen sich über die Anerkennung von NRW: „Früher hatten Brieftauben einen großen Stellenwert, in Huckarde waren in fast jedem Haus Tauben“, sagt Helmut Winkelhahn, der Geschäftsführer der Brieftauben-Reisevereinigung West.
Früher ein beliebtes Hobby
Tatsächlich sind die Brieftauben samt derer, die sich um die Tauben kümmern, vor allem wegen der geschichtsreichen Vergangenheit ausgezeichnet worden: Im Ersten Weltkrieg wurden Brieftauben eingesetzt, um Nachrichten zu übermitteln. Unter Bergleuten im Ruhrgebiet war die Haltung und Zucht von Tauben ein beliebtes Hobby.
Bis zu 1000 Mitglieder habe es hier in den 50er- bis 60er-Jahren gegeben, erzählt Helmut Winkelhahn. Mittlerweile sei das Hobby ziemlich selten: Nur noch 260 Mitglieder seien aktiv.

Die Haltung von Tauben ist ziemlich zeitaufwendig. Aber die Zeit investiert Witta Winkelhahn gerne: Sie hat die Tiere in ihr Herz geschlossen. © Stephan Schütze
„Heutzutage ist das mit den Nachbarn ziemlich schwierig. Die fühlen sich von den Tauben gestört“, sagt Witta Winkelhahn, die Nichte des Geschäftsführers. Deswegen glaubt sie, dass der Verein in den nächsten Jahren aussterben wird, wenn sich nichts ändert.
Auch sie ist seit sechs Jahren Mitglied bei der Reisevereinigung West und hält selbst 56 Tauben bei sich zu Hause. „Und das sind noch wenige“, sagt die 28-Jährige.
„Wieder ein positiveres Bild bekommen“
Das Hobby sei außerdem ziemlich zeitaufwendig, schließlich müsse man sich jeden Tag um die Tauben kümmern. Und der Nachwuchs fehlt: „Jugendliche interessieren sich nicht mehr für Tauben“, sagt Helmut Winkelhahn.
Kein Wunder, dass Witta Winkelhahn mit ihren 28 Jahren die mit Abstand Jüngste in dem Verein ist. Auch sie hat sich als Jugendliche nicht wirklich für Tauben interessiert, ihre Leidenschaft sei erst später gekommen. Und zwar erst, als sie sich etwas mit den Tieren beschäftigt hat. Jetzt gibt sie ihren Tauben sogar Namen und ist mit ganzem Herzen bei der Sache.
Deswegen freut sie sich auch besonders über die Auszeichnung zum Kulturerbe. „Die Öffentlichkeit sollte wieder ein positiveres Bild von Tauben bekommen“, sagt Witta Winkelhahn.
Dafür müsse man sich auch mehr für den Schutz von Stadttauben – wie denen auf dem Westenhellweg - einsetzen, findet sie.