In dem Jahr, in dem ein verheerendes Feuer die berühmte Kathedrale Notre-Dame teilweise zerstörte, begann Leonard Pfeffer gerade in Dortmund eine Ausbildung zum Zimmermann. Dass er sein Können einige Jahre später beim Wiederaufbau in Paris unter Beweis stellen würde, daran dachte der gebürtige Dorstfelder damals aber nicht mal im Traum.
2018 machte Leonard Pfeffer sein Abitur, im Jahr darauf fing er seine Ausbildung an. Der gebürtige Dorstfelder besuchte dafür das Fritz-Henßler-Berufskolleg (FHBK) in der Innenstadt. Das bietet seit 2019 das Förderprogramm „Erasmus+“ an. Während oder in den ersten zwölf Monaten nach ihrer Ausbildung können junge Menschen mit Unterstützung berufliche Erfahrungen im Ausland sammeln.

„Der Andrang war damals nicht groß, da war es einfach, einen Platz zu bekommen“, erzählt Leonard Pfeffer in einem Telefongespräch. Der heute 24-Jährige ergriff nach seinem Abschluss am FHBK die Chance, die ihm geboten wurde – und ging im Januar 2022 zu der Zimmerei „Métiers du Bois“ in die Normandie.
Den Betrieb und das Land suchte sich der frisch ausgebildete Zimmermann selbst aus. Warum gerade Frankreich? „Das war eine Entscheidung aus dem Bauch raus“, sagt er. Französisch hatte der junge Mann zwar in der Schule, wirklich gut sprechen konnte er die Sprache damals aber nicht.
Neue Heimat in Caen gefunden
Doch der Dorstfelder fasste schnell Fuß in der neuen Heimat. „Hier ist zwar vieles anders, vieles aber auch gleich“, sagt er pragmatisch. Auch die sprachliche Barriere überwand er schnell.
Und so sind aus den ursprünglich geplanten sechs Monaten inzwischen fast drei Jahre geworden. Der 24-Jährige arbeitet noch immer in der Zimmerei in Caen. „Mir hat es dort so gut gefallen, dass ich gerne bleiben wollte“, erzählt er. „Mein Chef hat mir nach Erasmus+ auch direkt einen Arbeitsvertrag gegeben.“
So fügten sich die Dinge zu der einmaligen Chance, am Wiederaufbau der Pariser Kathedrale mitzuwirken. Hunderte Menschen arbeiten auf der Baustelle des Pariser Wahrzeichens, darunter Steinmetze, Restauratoren, Elektriker, Brandschutztechniker - und Zimmermänner wie Leonard Pfeffer.

„Anfang 2023 haben wir angefangen, am neuen Dachstuhl zu arbeiten“, sagt der Dorstfelder. Zunächst wurde in Caen vorproduziert, im Juli ging es dann für den jungen Zimmermann zum ersten Mal nach Notre-Dame. Die vorgefertigten Teile der Dachkonstruktion wurde mit dem Lkw von Caen nach Paris transportiert. Dort bauten Leonard Pfeffer und seine Kollegen alles soweit zusammen, das letzte Stück bis nach Notre-Dame legte die Konstruktion dann mit dem Frachtschiff auf der Seine zurück.
„Das war sehr, sehr besonders und wirklich eine Ehre“, versucht er die passenden Worte für diese Erfahrung zu finden. 2023 war er einige Monate lang von montags bis donnerstags auf der Großbaustelle, in diesem Jahr „immer mal wieder“, sagt er. „Unser Chef wollte jedem in der Firma die Chance geben, dort zu arbeiten.“
Völlig neue Dimensionen
Das Besondere an der Baustelle ist aus Sicht des gebürtigen Dorstfelders vor allem die Größe: „Die Arbeit an sich war im Grunde dieselbe wie an anderen Baustellen auch, aber die Dimensionen sind völlig anders.“
Allein die Anzahl der Menschen vor Ort und die Organisation dahinter hat den 24-Jährigen beeindruckt, vor allem aber die Ausmaße der Dachkonstruktion. Bei der Restauration von Kirchen hatte der junge Zimmermann bereits Erfahrungen gesammelt – die Zimmerei in Caen ist darauf spezialisiert. „Aber den kompletten Dachstuhl einer Kathedrale neu zu bauen, das ist einmalig“, sagt er.

In Paris ist der 24-Jährige nun nicht mehr tätig, wird auch als Tourist nach der Wiederöffnung der Kathedrale am 7. und 8. Dezember nicht wiederkehren: „Ich habe das erstmal genug gesehen und würde mich auch ungern in den großen Besucherandrang mischen.“
In Frankreich aber bleibt Leonard Pfeffer noch, mindestens bis August kommenden Jahres. Denn in der Zimmerei in Caen macht er seit August 2023 eine zweijährige Weiterbildung. Wie es danach weitergeht, ist offen. „Im Moment gefällt es mir hier gut, aber ich bin für die Zukunft nicht festgelegt.“ Auch eine Rückkehr in die alte Heimat schließt der 24-Jährige nicht aus: „Ich habe zwar kein Heimweh, aber manchmal fehlt mir Dortmund schon.“