Das Pumpwerk Evinger Bach am Fredenbaumpark gehört zu den Anlagen, die in der Region für trockene Füße sorgen, erläutert Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft.

Das Pumpwerk Evinger Bach am Fredenbaumpark gehört zu den Anlagen, die in der Region für trockene Füße sorgen, erläutert Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. © Schaper/Archiv/Montage RN

Blackout-Szenario: Drohen in Dortmund Überflutungen, falls der Strom ausfällt, Herr Abawi?

rnEnergiekrise

Pumpwerke sorgen für die Entwässerung abgesackter Gebiete in Dortmund. Sie laufen mit elektrischer Energie. Doch was würde passieren, falls die Anlagen wegen eines Blackouts länger ausfallen?

Dortmund

, 13.10.2022, 08:45 Uhr / Lesedauer: 3 min

Durch den untertägigen Kohleabbau sind große Teile des Ruhrgebiets abgesackt -teilweise um bis zu 30 Meter. Etwa 38 Prozent der Emscher-Region müssen daher künstlich entwässert werden, damit keine Überflutungen drohen. Bäche müssen beispielsweise über die Senkungsgebiete angehoben werden. Die Arbeit erledigen Pumpen der Wasserwirtschaftsverbände - im Fall der Emscher-Region gehören diese der Emschergenossenschaft. Würden die Pumpen nicht laufen, würde sich das Ruhrgebiet mit der Zeit in eine Seenlandschaft verwandeln.

Wie beispielsweise der Essener Hauptbahnhof stünden dann auch Teile des Dortmunder Nordens und Westens komplett unter Wasser. Ein absolutes Horror-Szenario, das im Zuge der Energiekrise offenbar immer mehr Menschen Sorgen bereitet. Bei der Emschergenossenschaft häuften sich Anfragen aus der Bevölkerung, was mit den Pumpen im Falle eines länger anhaltenden Stromausfalls, also eines Blackouts, passiert, sagt Pressesprecher Ilias Abawi.

Wer das Revier vor dem Absaufen bewahrt

Eine Dortmunderin wandte sich mit der Frage nach der Gefahr eines Ausfalls von Grundwasserpumpen an Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal - schon im August 2021. Weil sie bis heute auf eine Antwort der Stadtverwaltung wartet, kontaktierte sie unsere Redaktion. Tatsächlich seien viele Grundwasserpumpen in städtischer Hand, sagt Ilias Abawi. Nur wenige betreibe die Emschergenossenschaft. Allerdings seien es vielmehr die Bach- und Abwasserpumpwerke der Wasserwirtschaftsunternehmen, die das Revier „vor dem Absaufen bewahren“, betont der Sprecher.

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500 Pumpwerke betreiben Emschergenossenschaft und Lippeverband gemeinsam in der Region. Diese befinden sich an den tiefsten Stellen der Städte, wo sich das Wasser in Mulden sammeln würde. Damit es das nicht tut, muss das Wasser hochgepumpt werden. „Das machen wir seit mehr als 100 Jahren“, sagt Ilias Abawi.

Wasserwirtschaft hat vorgesorgt

Der Sprecher stellt klar: Würden die Pumpen tatsächlich über einen langen Zeitraum nicht mehr laufen, „hätten wir hier Bilder wie in Klein-Venedig“. In betroffenen Quartieren benötige man dann ein Schlauchboot. Abawi sagt aber auch: „Wir stehen nicht vor einem Katastrophen-Szenario.“

Das liege an der Vorsorge der Wasserwirtschaft. „Wir sind auch für den undenkbarsten Fall vorbereitet“, beruhigt Abawi. Die Pumpen gehörten zur kritischen Infrastruktur, für die es Sicherheitsnetze gebe.

Eckpunkte des Sicherheitsnetzes

Die groben Eckpunkte des Sicherheitsnetzes erläutert der Sprecher auf Nachfrage unserer Redaktion. Zunächst werde der Strom bei besonders kritischen Pumpwerken aus zwei unterschiedlichen Quellen eingespeist. Falls eine Zufuhr gekappt werde, gebe es noch eine zweite.

Aber was passiert, wenn überhaupt kein Strom mehr fließt? „Wir unterhalten eine Reihe von Notstromaggregaten“, erläutert Abawi. Diese könnten innerhalb kurzer Zeit zu den ausgefallenen Pumpwerken transportiert werden. Mit den Notstromaggregaten könne man die Zeit überbrücken, bis die reguläre Stromversorgung wieder hergestellt sei.

Treibstoff für Notstromaggregate

Die Notstromaggregate benötigen für den Betrieb gleichwohl Diesel, müssten im Zweifel also nachbetankt werden. Die Frage in einem Blackout-Szenario sei, wie viel und wie lange Treibstoff beschafft werden könne, sagt Abawi.

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Die Emschergenossenschaft erzeuge an vielen Orten auch selbst Energie. Für die Energieerzeugung benötige man jedoch erst mal wieder Energie - die im Falle eines langen Blackouts nicht mehr vorhanden wäre. Abawi schlussfolgert: „Die Wasserwirtschaft muss energieautark werden.“ Daran arbeite man kontinuierlich.

Pumpwerke können Wasser stauen

Wie lange ein Blackout andauern müsste, damit Überflutungen sichtbar werden, kann Abawi nicht pauschal sagen. Das sei von unterschiedlichen Faktoren abhängig - insbesondere von den Niederschlägen in dem Blackout-Zeitraum, aber auch vom Wasser-Einstauvolumen des jeweiligen Pumpwerks.

Abawi: „Wenn es während des Blackouts trocken bleibt, würde überhaupt kein Wasser an die Oberfläche treten.“ Dafür würden die Vorrichtungen der Pumpwerke sorgen. Weitere Faktoren, die Einfluss haben: Die Beschaffenheit des jeweiligen Einzugsgebiets eines Pumpwerks sowie die Art des Wassers, das befördert wird.

Auch Cyberangriffe stellen eine Gefahr dar

Klar ist: Würde es während eines längeren Totalausfalls der Pumpen ununterbrochen und besonders stark regnen, „würden wir Probleme bekommen“, sagt Abawi. Nicht nur, dass dann Gebiete überflutet würden. Das bakterienbelastete Abwasser würde aus den Kanälen kommen und wie vor 120 Jahren für die Verbreitung von Krankheiten wie Typhus und Cholera sorgen. Abawi beruhigt indes: Minuten- oder auch stundenlange Ausfälle führten in der Regel nicht zur Überflutungen.

Nicht nur die Energiekrise könnte die Infrastruktur der Wasserwirtschaft vor Probleme stellen. Auch Cyberangriffe sind eine reale Gefahr. Die Emschergenossenschaft habe bereits Erfahrungen mit Cyberkriminalität gemacht, sagt Ilias Abawi. Die Angriffe habe man bisher aber jeweils gut abwehren können. „Darauf ruhen wir uns aber nicht aus, sondern bauen die Systeme immer weiter aus.“

Info

Wasserwirtschaftsverbänden gehören 35 Pumpwerke in Dortmund

In Dortmund betreiben Emschergenossenschaft und Lippeverband 35 Pumpwerke, die für die künstliche Entwässerung der sogenannten Polderflächen, also die abgesackten Gebiete, eingesetzt werden. Erst Anfang dieses Jahres hatten die zusammengehörenden Wasserwirtschaftsverbände mehrere Pumpwerke von der RAG übernommen. Hinzu kämen noch Pumpwerke, die man im Auftrag der Kommune betreibe, sagt Sprecher Ilias Abawi. Eines der bekanntesten Pumpwerke heißt Evinger Bach und befindet sich in exponierter Lage am Fredenbaumpark. Es sorgt nicht nur für trockene Füße, sondern war erst vor einem Monat einer der Besichtigungspunkte am Tag des offenen Denkmals.

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